Endress+Hauser hat sich für das Jahr 2017 viel vorgenommen. Die Gruppe will ein Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich erzielen und dabei die Umsatzrendite ebenso steigern wie die Eigenkapitalquote. Zudem sind Investitionen von rund 160 Millionen Euro geplant, trotz des nahezu stagnierenden Umsatzes im vergangenen Jahr.
Die Endress+Hauser-Gruppe stellte in Basel offiziell ihre Bilanz für das Jahr 2016 vor. „Wenn wir die gesamte Branche der Prozessautomatisierung als Maßstab nehmen, dann hat sich Endress+Hauser gut behauptet“, erklärte CEO Matthias Altendorf. Ganz zufrieden ist er mit dem Ergebnis jedoch nicht. „2016 hatten wir von Seiten der Währungen ordentlich Gegenwind,“ erklärte er. „Um 50 Mio. Euro haben die Wechselkurseffekte unseren Nettoumsatz im vergangenen Jahr nach unten gedrückt. Konsolidiert in Euro müssen wir leider einen Rückgang im Umsatz von 0,2 % auf 2,139 Mrd. Euroausweisen. Doch dahinter steht ein Wachstum in den Märkten. In lokalen Währungen ist unser Umsatz um 2,1 % gestiegen.“ Auch in Schweizer Franken, der eigentlichen Berichtswährung der Dachgesellschaft, stieg der Umsatz um 2,2 %. Der ZVEI schätzt das Wachstum in der Prozessautomatisierung bezogen auf den Auftragseingang in lokalen Währungen auf etwa 2 %.
Zwei Drittel der Endress+Hauser-Ländergesellschaften haben sich 2016 gut, viele sogar sehr gut entwickelt, sowohl im Umsatz als auch im Gewinn. Dazu gehören beispielsweise Indien oder auch Russland. „Uns hat einmal mehr geholfen, dass wir sehr breit aufgestellt sind. Wir sind weltweit präsent mit Vertrieb und Produktion, besitzen ein umfassendes Portfolio an Produkten, Lösungen und Dienstleistungen, stützen uns über viele Branchen ab und richten uns auf ganz unterschiedliche Kundensegmente aus. 2016 allerdings haben sich die Rückgänge in einzelnen, großen Märkten wie die USA und Deutschland in unserem Resultat niedergeschlagen. Damit können wir nicht zufrieden sein. Wir sind bei Nettoumsatz und Gewinn ganz klar hinter unseren eigenen Erwartungen zurückgeblieben“, resümierte Altendorf.
Azyklische Sektoren wie Lebensmittel, Life Sciences und Wasser/Abwasser entwickelten sich gut, ebenso – außerhalb von Deutschland – der Bereich Energie und Kraftwerke. Rückgänge verzeichnete Endress+Hauser in den zyklischen Branchen Öl und Gas, Chemie sowie Grundstoffe und Metalle. In Deutschland spürte Endress+Hauser neben dem schwächeren Export auch die Folgen einer internen Neuausrichtung. Das Unternehmen verzichtete dort zudem bewusst auf Geschäft außerhalb des strategischen Fokus. Dem Vertrieb in China gelang es hingegen, den Rückgang bei großen Projekten mit kleineren Aufträgen wettzumachen. Altendorf gibt sich zuversichtlich: „Bereits im dritten und vierten Quartal 2016 haben unsere Geschäfte angezogen. Am Ende haben wir einen soliden Gewinn erwirtschaftet, konnten die Beschäftigung stabil halten und waren in der Lage, weiter in beträchtlichem Umfang in Märkte, Produkte und Menschen zu investieren.“
Profitabilität trotz sinkender Margen
Die Veränderungen am Markt und im Geschäft machten sich in höherem Preisdruck und sinkenden Margen bemerkbar. Sondereffekte und einmalige Abschreibungen belasteten zusätzlich das Betriebsergebnis (EBIT), das um 14,2 % auf 215,5 Mio. Euro nachgab. Trotz höherer Kosten für die Fremdwährungsabsicherung ging das Ergebnis vor Steuern (EBT) weniger stark um 7,2 % auf 217,3 Mio. Euro zurück. Infolge einer etwas besseren Steuerquote sank das Ergebnis nach Steuern lediglich um 6,8 % auf 153,5 Mio. Euro.
Die Umsatzrendite (ROS) gab um 0,7 Punkte auf 10,2 % nach. „Das erfüllt nicht unsere Ansprüche, aber für unsere Branche ist das immer noch ein guter Wert“, betonte Chief Financial Officer Dr. Luc Schultheiss bei der Präsentation der Geschäftszahlen. Die Produktivität – definiert als Nettowertschöpfung im Verhältnis zum Personalaufwand – sank von 1,30 auf 1,26. Auch hier verfehle das Unternehmen den strategischen Zielwert, bewege sich aber weiter „auf gutem Niveau“, so der CFO. Die Eigenkapitalquote fiel aufgrund ungünstiger Zins- und Währungseffekte leicht um 0,8 Punkte auf 72,2 %.
Geschäftsentwicklung innerhalb der Arbeitsgebiete
Vergleicht man die Arbeitsgebiete innerhalb der Endress+Hauser-Gruppe, dann hat sich die Flüssigkeitsanalyse sehr stark entwickelt. „Dieser Erfolg bestätigt unsere strategische Entscheidung, die Prozessanalyse zu stärken und den Markt für Laboranalyse zu erschließen, erklärte Altendorf. Zu der Strategie das Labor noch näher ans Feld zu bringen, passt auch die Übernahmen der Sensaction AG zum l. Januar 2017. Das kleine Unternehmen mit Sitz im bayrischen Coburg ist spezialisiert auf Konzentrationsmessungen in Flüssigkeiten. Dazu nutzt das Unternehmen akustische Oberflächenwellen, eine sehr innovative Technologie. Sensaction arbeitet nun unter dem Dach des Kompetenzzentrums für Durchflussmesstechnik in Reinach und ergänzt dort das Angebot an Qualitätsmessungen.
Im März des vergangenen Jahres wurde schließlich auch die Analytik Jena AG vollständig übernommen. Im zweiten Quartal hat Analytik Jena dann den nicht zu Endress+Hauser passenden Bereich Optics mit dem Produktionsstandort im thüringischen Eisfeld verkauft. Analytik Jena kann sich nun voll auf das Kerngeschäft mit analytischen Instrumenten und bioanalytischen Systemen konzentrieren. Viel Hoffnung macht hier die moderne Produktpalette, insbesondere der Erfolg mit der ICP-MS-Technologie. Diese Abkürzung steht für leistungsfähige Massenspektrometer mit induktiv gekoppeltem Plasma, welche die Analyse von kleinsten Mengen unterschiedlicher Substanzen ermöglichen.
„Überdurchschnittlich gewachsen sind wir im vergangenen Jahr wiederum mit Dienstleistungen, erklärte Altendorf weiter. „Mehr und mehr Kunden erkennen, dass wir ihnen über die reine Messtechnik hinaus für ihre Arbeit wertvolle Unterstützung bieten können.“
Aktivitäten im Hinblick auf die Industrie 4.0 gebündelt
Auch die Digitalisierung ist ein großes Thema. Im vergangenen Jahr hat Endress+Hauser die Aktivitäten im Hinblick auf die Industrie 4.0 und das industrielle Internet der Dinge – kurz IIoT – bei Endress+Hauser Process Solutions gebündelt, dem Kompetenzzentrum für die Prozessautomatisierung. Endress+Hauser hat dazu eine eigene Tochtergesellschaft im deutschen Freiburg im Breisgau gegründet.Das Kernteam soll ungestört vom Alltagsgeschäft an Produkten, Lösungen und Dienstleistungen für das IIoT arbeiten können. Eine weitere neue Gruppenfirma hat ihren Sitz in Berlin. Dort erkundet das Team der Endress+Hauser Digital Labs neue vertriebliche Wege und Nähe zum Kunden in einer digitalisierten Welt.
Weltweite Investitionen
Weltweit investierte Endress+Hauser im vergangenen Jahr 148,8 Mio. Euro in neue Gebäude und Anlagen. Abgeschlossen wurde der Ausbau des Kompetenzzentrums für Durchflussmesstechnik im schweizerischen Reinach, mit 49,5 Mio. Schweizer Franken das größte Vorhaben. In den nächsten Jahren wird der Standort für Füllstand- und Druckmesstechnik im süddeutschen Maulburg Zug um Zug erweitert. 40,5 Mio. Euro sind dafür veranschlagt.
„Wir investieren weiter in die Menschen“, sagte Matthias Altendorf. Die Zahl der Beschäftigten hielt das Familienunternehmen stabil. Allen Auszubildenden wurden Stellen angeboten. 13.003 Menschen arbeiteten Ende 2016 für Endress+Hauser.
Gut ins laufende Jahr gestartet
Für das laufende Jahr hat sich Endress+Hauser ein einstelliges Plus im Nettoumsatz vorgenommen, dazu will das Unternehmen die Rentabilität verbessern. 161 Mio. Euro sollen in neue Gebäude und Anlagen fließen, weltweit bis zu 150 Stellen neu entstehen. „Derzeit liegen wir im Auftragseingang über Budget“, berichtete Matthias Altendorf. Der CEO ist trotz gewachsener politischer Unsicherheit zuversichtlich, dass die Firmengruppe 2017 wieder nachhaltig wachsen kann. Hinzu kommt noch ein Wechsel im Verwaltungsrat der Endress+Hauser-Gruppe. Fernando Fuenzalida wird Ende Mai nach sechs Jahren aus dem Gremium ausscheiden. Zu seinem Nachfolger hat die Generalversammlung der Endress+Hauser AG den Finanzfachmann Mathis Büttiker bestimmt.
Autorin Daniela Held
Redakteurin
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