Nach den Worten von Prof. Holger Hanselka, Präsident des KIT, ist Wasserstoff ein unverzichtbares Instrument, um den CO2-Austoß massiv zu reduzieren und die Energiewende zu meistern. Er betont: „Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung beim Thema Wasserstoff, die von der Forschung an Grundlagen bis zu ganz konkreten Anwendungen reicht, leistet das KIT hier entscheidende Beiträge. In den Leitprojekten des Bundes bringen wir dieses Know-how ein und schaffen zusammen mit den beteiligten Akteuren aus Forschung, Politik und Gesellschaft neue Synergien, um so zügig zu Lösungen kommen.“
In den drei Leitprojekten geht es um Möglichkeiten, grünen Wasserstoff und seine Folgeprodukte direkt auf See zu produzieren, um neue Technologien und Lösungen im Bereich Wasserstofftransport sowie um die Serienfertigung von Elektrolyseanlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff mit regenerativ gewonnener elektrischer Energie.
H2Mare: Wasserstofferzeugung auf See
Offshore-Windparks, also Windräder auf See, stellen eine wichtige Ergänzung zu Windparks an Land dar und werden derzeit weltweit mit Hochdruck vorangetrieben. Durch die kontinuierlich guten Windbedingungen auf See und die hohe Zahl an Volllaststunden, ist der Energieertrag offshore deutlich höher als an Land. Das Leitprojekt H2Mare schafft die Grundlagen dafür, dass sich die Offshore-Windenergie ohne Netzanbindung direkt nutzen lässt, um beispielsweise über die Wasserelektrolyse grünen Wasserstoff herzustellen. Ziel ist es, die Kosten von grünem Wasserstoff zu senken und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.
Maritime Erzeugung transportierbarer Produkte
„Am KIT erforschen wir, wie wir aus dem auf einer Offshore-Plattform erzeugten grünen Wasserstoff direkt vor Ort einfach transportierbare Produkte, wie verflüssigtes Methan, flüssige Kohlenwasserstoffe, Methanol und Ammoniak, für die chemische Industrie oder für Kraftstoffe herstellen können“, erläutert Professor Roland Dittmeyer vom Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT) des KIT. „Um den dynamischen Betrieb direkt an Offshore-Windparks gekoppelter Power-to-X-Anlagen zu erproben, nutzen wir unseren Power-to-X-Anlagenkomplex im Energy Lab 2.0 am KIT.“
Die transportable, container-basierte Forschungsplattform e XPlore, die das KIT gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt hat, soll außerdem einen ersten realitätsnahen Versuchsbetrieb einer vollständigen Power-to-X-Prozesskette in maritimer Umgebung ermöglichen.
Das KIT ist mit dem IMVT, das mit „PtX-Wind“ auch eines der vier Verbundprojekte koordiniert, und dem Engler-Bunte-Institut (EBI) an H2Mare beteiligt.
TransHyDE: Transportlösungen für grünen Wasserstoff
Nur selten wird Wasserstoff dort genutzt, wo er hergestellt wird. Um den Bedarf in Deutschland zu decken, muss er größtenteils aus wind- und sonnenreichen Regionen transportiert oder importiert werden. Deshalb erforscht und entwickelt das Leitprojekt TransHyDE Transporttechnologien und Infrastrukturen für grünen Wasserstoff. „Flüssiger Wasserstoff weist bei größter Reinheit auch die höchste Energiedichte auf. Am KIT nutzen wir die Energie und die Kälte des flüssigen Wasserstoffs, indem wir sie mit elektrotechnischen Anwendungen vereinen, wie etwa im Energietransport mit Hochtemperatur-Supraleitern oder in den Antriebssträngen von Fahrzeugen“, erklärt Professorin Tabea Arndt vom Institut für Technische Physik (ITEP) des KIT.
Einsatz von Hochtemperatur-Supraleitern
Der Einsatz von Hochtemperatur-Supraleitern ermöglicht es, energieeffizient elektrische Energie und parallel chemische Energie zu transportieren. „Außerdem entwickeln wir Sicherheitsstrategien für Materialien und Handhabung über industrielle Anlagen hinaus“, so Arndt.
Das KIT ist mit dem Institut für Technische Physik (ITEP), das das Verbundprojekt „AppLHy!“ zum Flüssigwasserstofftransport innerhalb von TransHyDE koordiniert, sowie mit dem Institut für Angewandte Materialien – Werkstoffkunde (IAM-WK), dem Institut für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES) und dem Elektrotechnischen Institut (ETI) beteiligt.
H2Giga: Serienfertigung von Elektrolyseuren zur Wasserstofferzeugung
Die Produktion von Elektrolyseuren, also von Anlagen zur Wasserstofferzeugung mittels Strom, ist aufwändig und kostenintensiv. Das Leitprojekt H2Giga will ihre serienmäßige und kostengünstige Produktion ermöglichen, um Deutschlands Bedarf an grünem Wasserstoff zu decken. Innerhalb der Technologieplattform ist das KIT an zwei Verbundprojekten beteiligt.
Stacks für die Hochtemperatur-Elektrolyse
Im Verbund „HTEL-Stacks – Ready for Gigawatt“ wollen die Beteiligten Stacks, also Zellstapel, für die Hochtemperatur-Elektrolyse und dazugehörige Produktionsprozesse und -anlagen entwickeln.
„Die Elektrolyse bei hohen Temperaturen benötigt weniger kostenintensive elektrische Energie und der Mehrbedarf an thermischer Energie kann durch die in der Zelle entstehende Verlustwärme abgedeckt werden. Mit der Hochtemperaturelektrolyse können dann Wirkungsgrade von bis zu 100 % erreicht werden, aktuelle Systeme erreichen bereits über 80 %“, sagt Dr. André Weber vom Institut für Angewandte Materialien – Elektrochemische Technologien (IAM-ET) des KIT. „Wir am KIT analysieren vor allem über elektrochemische und elektronenmikroskopische Methoden die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer der Hochtemperatur-Zellen und Stackkomponenten.“ Die Sunfire GmbH koordiniert das Projekt.
Stacks für die Niedertemperatur-Elektrolyse
Der zweite Verbund „Stack Scale-up – Industrialisierung PEM Elektrolyse“ entwickelt neue Stack-Technologien und großserientaugliche Produktionsverfahren für die Niedertemperatur-Elektrolyse. Diese Elektrolyse über PEM-Zellen – das Kürzel PEM steht für Polymerelektrolytmembran – zeichnet sich durch niedrige Betriebstemperaturen und eine hohe Leistungsdichte aus.
„Am KIT charakterisieren und modellieren wir diese elektrochemisch und strömungstechnisch. Mithilfe modellbasierter Optimierungen wollen wir dann neue, leistungsfähigere Stack-Designs entwickeln“, so Weber. Der Verbund wird von Schaeffler Technologies AG & Co. KG koordiniert.
Neben dem IAM-ET sind seitens des KIT das Laboratorium für Elektronenmikroskopie (LEM) und das Institut für Strömungsmechanik (ISTM) an den Projekten beteiligt.