Wenn Industrie 4.0 zur Realität wird – so lautete das Motto des geplanten Gemeinschaftstsands von Profibus & Profinet International (PI) auf der SPS in Nürnberg. Zur Realität geworden ist nun erst einmal die Absage der SPS aufgrund der steigenden Corona-Infektionszahlen. Das Thema Industrie 4.0 und die Digitalisierung sind damit aber nicht vom Tisch. PI stellte die Neuigkeiten zu Profinet für die Prozessautomatisierung, Ethernet-APL, Omlox, IO-Link Safety, TSN, MTP, Profinet-Community-Stack, etc. nun den Pressevertretern im digitalen Raum vor.
Unter den Kommunikationsstandards mit Wachstumspotenzial setzte Karsten Schneider, Vorstandsvorsitzender von PI, den Fokus ganz klar auf Profinet und den neuen Kommunikationsstandart Ethernet-APL. Dabei lobte er insbesondere die schnelle Umsetzung des Prozesses unter allen beteiligten Partnern. Aktuell sei nun die Zertifizierung der Profinet-Geräte für das neue Ethernet-System für den Ex-Bereich zu bewältigen. „Mit der Verfügbarkeit von Ethernet-APL steht nun ein komplettes Paket für die Prozessautomatisierung zur Verfügung, bestehend aus Profinet, Ethernet-APL für den Ex-Bereich, FDI und dem PA-Profil 4.0 für Feldgeräte“, so Schneider. Als nächstes würde sich die Organisation nun dem Single Pair Ethernet widmen und und eine entsprechende Spzifikation für Profinet erarbeiten.
Ortungsstandard Omlox
Stolz präsentierte Schneider auch den aktuellen Stand der Umsetzung des neuen Ortungsstandards Omlox und erwähnte erste Referenzanwendungen. Omlox ist eine Ortungstechnologie zur Lokalisierung von Produktionsteilen, Werkzeugen oder mobilen Maschinen. Mithilfe der Technologie können Betriebsmittel umfassender und effizienter genutzt und Produktionsmaschinen besser ausgelastet werden und infolge dessen müssen insgesamt weniger neue Betriebsmittel angeschafft werden. Offene Schnittstellen garantieren dabei eine Technologie- und Herstellerunabhängigkeit und ermöglichen die Einbettung von bereits vorhandenen Ortungssystemen.
Der Omlox Standard beschreibt dabei zwei Elemente, eine leichtgewichtige und moderne Ortungsmiddleware „omlox hub“ und ein offenes Ultrawideband System „core zone“. Ein „omlox hub“ harmonisiert die Positionsdaten aus den verschiedenen Ortungstechnologien und stellt oft genutzte Ortungsdienste (wie ein Geofencing oder eine Abstandserkennung) bereit. In einer „core zone“ können UWB-Geräte verschiedener Hersteller geortet werden, was eine Gerätvielfalt und eine Mehrfachnutzung der Ortungsinfrastruktur ermöglicht. Über „complementary zones“ können alle weiteren Ortungstechnologien an einen Hub angebunden werden.
In den vergangenen Monaten wurden, auf Basis einer Anforderungssammlung des Arbeitskreises Use Cases, in den technischen Arbeitskreisen die Spezifikationsdokumente für „omlox hub“ und „core zone“ fertiggestellt. Wie in der PI-Technologiefamilie gelebte Praxis, konnten die Dokumente in Review- und Freigabeprozessen von allen Mitgliedern geprüft werden und stehen nun in einer finalen Version für alle Mitglieder zum Download bereit.
Aufnahme von MTP in das Technologie-Portfolio von PI
Besonders erfreut zeigt sich Schneider über den Auftrag, die Module-Type-Package (MTP)-Technologie in das PI-Portfolio aufzunehmen. Namur und ZVEI haben MTP ins Leben gerufen. Nun seien die Organisationen an PI herangetreten, die Technologie zur Automatisierung modularer Produktionsanlagen für die Praxis weiterzuentwickeln und international zu verbreiten. „Für PI ist die Kooperation mit anderen Organisationen und Verbänden keine neue Aufgabe. Bereits seit 10 Jahren demonstrieren wir mit FDI eindrücklich, dass über die Zusammenarbeit schneller erfolgreiche Technologien in den Markt gebracht werden können“, erklärte Schneider. Und so werden bei MTP die Namur und der ZVEI weiterhin eine wesentliche Rolle spielen und die Anforderungen an die Technologie aufstellen. PI wird diese aufgreifen und in Technologie- und Marketing-Arbeitsgruppen im Detail spezifizieren, in die nationale und internationale Normung führen und für deren Verbreitung am Markt sorgen. Darüber hinaus wird PI die Erfahrung bei Training und Zertifizierung einbringen und damit Angebote für MTP entwickeln. „Wir sehen MTP als ideale Ergänzung zu unserer Technologie“, freut sich Schneider. „PI befindet sich in einer Transformation von einer Feldbus-Organisation zu einem echten Enabler für Industrie 4.0 in der Produktion.“
Nächste Schritte der Profinet Security Integration
Zuletzt warf Schneider noch einen Blick uf die Sicherheit von Industrie 4.0-Anwendungen. Nach der Konzeptdefinition und dem Abgleich mit den Anwendern, in dem Profinet Security in drei abgestuften Security Klassen definiert und Security Class 1 bereits in der letzten Spezifikation und in Guidelines ausgearbeitet wurde, sind nun zwei weitere Schritte erfolgt:
Für die Umsetzung der Class 1 ist die Signierung der GSD wichtiger Bestandteil. Mit einer signierten GSD kann sichergestellt werden, dass die GSDML, die die technischen Eigenschaften eines Gerätes in einer XML-Datei beschreibt, weder versehentlich noch absichtlich verändert worden ist. Für Anwender von Profinet ist dies eine wichtige Unterstützung für den sicheren Betrieb ihrer Anlage. Hierfür muss eine entsprechende Infrastruktur innerhalb von PI und ggf. bei den Herstellern aufgebaut werden. Dieser Aufbau und der spätere Betrieb einer entsprechenden Security-Infrastruktur zur Signierung von GSDs wurde gestartet.
Ein zweiter Schritt ist nun die umfängliche Spezifikation der Security Class 2 und 3 als Teil der aktuell im PI-Review befindlichen Profinet-Spezifikation. Hier sind Integrität, Authentifizierung und Vertraulichkeit (Confidentiality) sowohl für azyklische, aber auch zyklische Profinet-Kommunikation möglich. In konstruktiven Gesprächen haben Experten von verschiedenen Firmen und Hochschulen aus den umfangreichen Möglichkeiten eine passende Security-Lösung für den OT-Bereich erarbeitet. Zusätzlich entstehen gerade für die Nicht-Experten, gut lesbare Guidelines und Whitepapers zur Anwendung der Profinet Security.
Daniela Held, Redakteurin