Die Covid-19-Krise hat den Fachkräftemangel in der Industrie noch einmal besonders spürbar gemacht. Langfristig wirksame Entlastung schaffen Plattformen für Connected Work. Wir zeigen, wo sie ansetzen.
Mit der zunehmenden Automatisierung gehen neben Erwartungen auch Ängste einher – etwa, dass Roboter eines Tages die Menschen ersetzen könnten. Tatsächlich gibt es aber heute kaum einen Produktionsprozess, der völlig ohne menschliches Eingreifen auskommt. Und die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt. Mehr als 50 % der Unternehmen sehen laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Fachkräftemangel die größte Hemmnis für ihre Geschäftsentwicklung. In Deutschland könnten schon 2025 2,9 Mio. Erwerbstätige fehlen, so eine Prognos-Studie.
Die Covid-19-Pandemie hat diese Defizite noch deutlicher gemacht: Durch infektionsbedingte Mitarbeiterausfälle hatten viele Zulieferer Mühe, ihre Kunden zu bedienen. Das hat die ohnehin schon fragilen Lieferketten weiter destabilisiert. Zudem bringen hohe Hygieneanforderungen und neue Vorschriften erhöhten Organisationsbedarf mit sich – wertvolle Zeit, die qualifizierten Mitarbeitern an anderer Stelle fehlt. Zugleich erhöht die Pandemie die Wahrscheinlichkeit, dass ältere Arbeitnehmer, die zur Risikogruppe zählen, früher als geplant in den Ruhestand gehen. All dies wirft die Frage auf, wie sich das personell auffangen lässt.
Ressourcen optimal nutzen
Ein praktikabler Lösungsweg im Kampf gegen den Fachkräftemangel besteht in der digitalen Vernetzung von Arbeitern in Produktion und Wartung. Durch den direkten Draht zu Kollegen und Vorgesetzten sowie den Zugang zu aktuellen Informationen aus Systemen und Anlagen erledigen sie ihre Arbeit insgesamt schneller, in der nötigen Qualität und sicherer. Connected-Work-Technologien stellen so den Menschen in den Mittelpunkt und bringen ihn zugleich mit den Fortschritten der Digitalisierung in Einklang. Sie machen aus dem Arbeiter 1.0 also sozusagen den Arbeiter 2.0.
Effizientes Training-on-the-Job
Im Vordergrund steht dabei die Unterstützung der täglichen Aufgaben. Das geschieht vor allem durch digitalisierte Standard Operating Procedures (SOPs). Eine zentral gemanagte Plattform wie Parsable stellt dann jedem Mitarbeiter Verfahrensanweisungen am Arbeitsplatz bereit, sei es auf Smartphone, Tablet, Datenbrille oder anderen Augmented Reality Devices. Abstrakte Listen, die sich bisher in dicken Wälzern aus Papier verstecken, verwandeln sich in digitale Prozesse. Die Mitarbeiter erhalten interaktive Schritt-für-Schritt-Anleitungen und Checklisten, nach Bedarf angereichert mit Foto- oder Videotutorials.
Der Vorteil liegt auf der Hand: Neue Arbeitskräfte arbeiten sich schneller ein, ohne die Zeit eines erfahrenen Mitarbeiters überzustrapazieren. Wann immer sie sich unsicher fühlen, wird ihre Arbeit durch ein Tutorial oder per Chat von einem Kollegen angeleitet. So stellen Unternehmen sicher, dass selbst Neueinsteiger ihre Aufgaben von Beginn an jedes Mal korrekt erledigen. Connected-Worker-Apps können also das Training-on-the-Job großteils übernehmen.
Probleme umgehen und rascher bearbeiten
Auch erfahrene Arbeitnehmer profitieren von Connected Work. Die mobilen Apps unterstützen sie dabei, Prozesse genau einzuhalten, etwa in der Wartung oder beim Lock out/Tag out. Das verhindert, dass sie versehentlich einen Arbeitsschritt überspringen. Bei Problemen oder Fragen haben sie die Möglichkeit, per SMS oder Instant-Messaging direkt aus der Anwendung heraus mit Kollegen und Experten zu beratschlagen. So lassen sich Fehler frühzeitig vermeiden, die sonst vielleicht zu einem mangelhaften Endprodukt oder Ausfallzeiten führen würden.
Gerade bei der Problembekämpfung kommen weitere Vorteile von Connected-Work-Plattformen zum Tragen. Denn sie digitalisieren nicht nur SOPs, sondern sorgen zugleich für mehr Transparenz, indem sie Bediener- und Systemeingaben während der Arbeitsausführung erfassen, messen und analysieren. So lassen sich Trends und drohende Störungen in der Produktion frühzeitig erkennen und verhindern. All dies hilft, die Arbeitszeit der Mitarbeiter so wertschöpfend wie möglich zu nutzen – und so den Fachkräftemangel abzufedern.
Mobile Anwendungen unterstützen Arbeitsschutz
Neben alledem unterstützen die mobilen Anwendungen auch den Arbeitsschutz. So können über die Plattform beispielsweise Anweisungen zu Hygiene- und Schutzmaßnahmen tagesaktuell angepasst und direkt weitergegeben werden. Durch das Anfordern regelmäßiger Bestätigungen lässt sich die Einhaltung behördlicher und unternehmensinterner Regeln sicherstellen und dokumentieren – sei es das Tracking von Krankheitssymptomen, die Erinnerung an das Händewaschen oder das Tragen persönlicher Schutzausrüstung.
Auch die Einschränkung des persönlichen Kontakts wird einfacher. Denn ob Änderungen im Produktionsplan oder Probleme mit Anlagen: Alle Betriebsdaten werden in Echtzeit digital erfasst und mit einem Zeitstempel versehen, sodass Interaktionen wie Schichtübergaben, falls nötig, nahezu kontaktlos ablaufen. Schicht A kann das Betriebsgelände verlassen und Schicht B genau dort weitermachen, wo Schicht A aufgehört hat. Dabei sind alle nötigen Übergabeinformationen sofort und von überall zugänglich. So tragen Connected-Worker-Anwendungen zum einen dazu bei, das bestehende Personal, nicht nur während der Pandemie, gesund zu halten. Zum anderen senken sie den zusätzlichen Organisations- und Personalaufwand, den die sich ständig ändernde „Corona-Situation“ mit sich bringt.
Mit Industrie 4.0 kommt der Arbeiter 2.0
Der Fachkräftemangel war bereits zu Beginn des Jahres 2020 ein wachsendes Problem für die Industrie. Covid-19 hat dies nicht geändert, im Gegenteil. Eine Lösung könnte darin bestehen, Arbeiter in Produktion und Wartung mit moderner Technologie auszustatten und zu vernetzen. Zum einen lassen sich dadurch Produktivität, Sicherheit, Effizienz und Ausführungsqualität steigern. Zum anderen erhöht eine solche State-of-the-Art-Ausstattung des Arbeitsplatzes auch die Arbeitgeberattraktivität – ganz besonders für die Generationen Y und Z. Wer im privaten Alltag die neuesten Technologien und soziale Medien nutzt, fühlt sich durch „steinzeitliches“ Werkzeug im Job wenig motiviert. Unternehmen, die auf vernetztes Arbeiten setzen, haben also alle Trümpfe in der Hand, den Fachkräftemangel von mehreren Seiten her einzudämmen.
Autor: Carsten Hunfeld, Head of D/A/CH, Parsable