Gemäß Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) müssen Druckbehälter, Rohrleitungen und andere drucktragende Anlagenbauteile wiederkehrend geprüft werden – unter anderem auf Dichtigkeit, Rissbildung und/oder möglichen Korrosionsfortschritt. Gängige Praxis ist die innere Prüfung mit Innenbesichtigung. Diese Art der Kontrolle kann aber durchaus zeit- und kostenintensiv sein, da die Behälter entleert und gereinigt werden müssen. Nicht zu unterschätzen sind die dabei erforderlichen Maßnahmen zum Arbeits- und Umweltschutz und auch die Kosten für den Produktionsausfall durch den Anlagenstillstand.
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Im laufenden Betrieb prüfen
Die Schallemissionsprüfung (SEP, englisch: Acoustic Emission Testing, AET oder AT) kann die Innenbesichtigung im Rahmen der inneren Prüfung eines Druckgeräts ersetzen und darüber hinaus als Überwachungstool – auch im Sinne des Arbeitsschutzes – bei einer Festigkeitsprüfung eingesetzt werden. Sind bestimmte Voraussetzungen erfüllt, ist es möglich, das Prüfobjekt im laufenden Betrieb beziehungsweise auch mittels Permanent-Monitoring zu prüfen. Gemäß der Betriebsweise, dem Ausschluss von einigen Schadensmechanismen und den Bedingungen vor Ort, kann das Entleeren und Reinigen der Druckbehälter und damit auch der entsprechende Aufwand an Zeit und Kosten entfallen. Voraussetzung für die Durchführung einer SEP ist aber die Druckaufbringung während der Messung. Bei der Unterstützung der Innenbesichtigung sollte der Prüfdruck PTSEP so eingestellt werden, dass er mindestens das 1,1-fache des maximal im laufenden Betrieb auftretenden Betriebsdrucks POP beträgt.
Schallwellen nutzen
Die SEP ist ein zerstörungsfreies Prüfverfahren (ZfP) zur integralen Detektion und Ortung von Leckagen und Fehlern. Das Aufbringen des Prüfdrucks löst strukturelle Änderungen im Gefüge des metallischen Werkstoffs aus, so zum Beispiel lokale plastische Verformungen oder das Wachstum von Rissen. Schallemission entsteht durch einen mechanischen Bewegungssprung im Gefüge, der seine Umgebung anstößt. Diese gibt elastisch nach und federt zurück, was eine transiente elastische Schallwelle verursacht, die sich von ihrer Quelle ausgehend fortpflanzt. Piezoelektrische Sensoren, die meist als Resonanzaufnehmer arbeiten, nehmen die Schallwellen auf. Die Signale werden aufgezeichnet und verarbeitet, um die Schallemissionsquellen (SE-Quellen) zu detektieren und zu orten. Mit wenigen Sensoren an festen Positionen kann eine Struktur zu 100 % überwacht und überprüft werden. Auch Großbehälter und Bauteile mit komplexen Geometrien und schwer zugänglichen Bereichen sowie Einbauten lassen sich einfach und sicher überwachen.
Das empfindliche Prüfverfahren horcht gewissermaßen in den Werkstoff hinein und zeichnet die Defekte während des Entstehens beziehungsweise des Weiterwachsens auf. Damit ist die Methode der SEP echtzeitfähig und kann auch zur Überwachung einer Gasdruckprüfung als Arbeitsschutzmaßnahme verwendet werden. Ein bevorstehendes Versagen des Prüfobjektes wird frühzeitig angezeigt. Damit kann ein Prüfvorgang jederzeit sicher unterbrochen beziehungsweise beendet werden.
SE-Quellen beurteilen
Die Signale werden nach ihrer örtlichen Anhäufung in Cluster eingruppiert. Der Grad der Aktivität eines Bereichs wird durch die Anzahl der detektierten Signale innerhalb eines Clusters angezeigt. Zur Beurteilung der Messergebnisse hat es sich bewährt, die Anzeigen und Cluster entsprechend ihrer SE-Aktivität und -Intensität in drei Klassen einzuteilen:
- Klasse 1 – die Quelle ist unbedeutend und erfordert keine Maßnahmen
- Klasse2 – die Quelle ist aktiv und erfordert eine visuelle Prüfung und/oder weitere ZfP zur Nachuntersuchung und Bewertung
- Klasse 3 – die Quelle ist sehr aktiv. Die Prüfung muss unterbrochen bzw. abgebrochen und der Druck abgelassen werden. Die visuelle Prüfung und weitere ZfP sind zur Nachuntersuchung und Bewertung vor Wiederinbetriebnahme des Druckgerätes durchzuführen.
Das weitere Vorgehen und eventuelle Maßnahmen sind so gut zu planen und umzusetzen. Grundsätzlich sollten der Anlagenbetreiber und die Prüforganisation die quantitativen Bewertungskriterien und die daraus abzuleitenden Maßnahmen vor der Prüfung gemeinsam vereinbaren und in einer schriftlichen Prüfanweisung dokumentieren.
SEP an einem Großbehälter
Ein Raffineriebetreiber beauftragte TÜV SÜD mit der Prüfung einer C4-Trennkolonne. Die Planung sah vor, eine SEP zur inneren Prüfung des Großbehälters als Ersatz für die Innenbesichtigung ohne Prozessunterbrechung zu realisieren. Der aus Feinkornbaustahl (P355 NH) im Jahr 2006 hergestellte Großbehälter hatte eine Höhe von 74,3 m, einen Durchmesser von 4,44 m, ein Volumen von 1160 m3 und eine Wandstärke von 22 bis 26 mm. Der Innenaufbau war aufgrund zahlreicher Einbauten und Ventilböden als komplex zu bezeichnen.
Um die SEP durchführen zu können, mussten bestimmte Vorkehrungen getroffen werden. So war es zum Beispiel nötig, die Kolonne einzurüsten, um 88 piezoelektrischen Sensoren gemäß eines Sensor-Lageplans an der Außenwand über den Behälter verteilt zu befestigen. Dafür wurde zuvor an den Befestigungsstellen lokal die Isolierung der Kolonne ausgeschnitten, pro Sensor-Montageort ein Bereich von 20 x 20 cm, um die Sensoren mittels Magnethaltern und unter Verwendung von Koppelmittel auf den freiliegenden metallischen Oberflächen des Druckgerätes anzubringen.
Der Prüfdruck (PTSEP = 1,1 x POP) wurde durch die Messwarte des Betreibers aufgebracht. Die Behälterprüfung erfolgte über einen Zeitraum von etwa 12 Stunden als Online-Überwachung in Echtzeit. Das Ergebnis: In manchen Bereichen konnten aktive SE-Quellen der Klasse 2 nachgewiesen werden. TÜV SÜD schlug für diese Bereiche als Nachuntersuchung klassische Schweißnahtprüfungen sowie Flächenprüfungen mittels UT-Phased-Array vor.
TÜV SÜD Chemie Service GmbH, Frankfurt am Main
Autor: Klaus Michael Fischer
Innovation Manager & technischer Leiter für Brand- und Explosionsschutz,
TÜV SÜD Chemie Service
Druckgeräteprüfung: Standards und Normen
Bei Schallemissionsprüfungen (SEP) an Druckgeräten sind bestimmte nationale oder europäische Standards einzuhalten. Das allgemeine Vorgehen ist in der DIN EN 13554 beschrieben. Die harmonisierte DIN EN 14584 legt das Prüfverfahren an metallischen Druckgeräten bei einer Druck-Abnahmeprüfung mittels planarer Ortung fest. Gemäß DIN EN ISO 9712 ist die Prüfung mit qualifiziertem und zertifiziertem Prüfpersonal sicherzustellen. Die verwendete Gerätetechnik muss die Anforderungen der DIN EN 13477-2 erfüllen und regelmäßig anhand dieser Norm überprüft werden.