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Flachbodentanks trotz Beulen sicher betreiben

Laserscans ermöglichen zuverlässige Aussagen über die Stabilität
Flachbodentanks sicher betreiben

Flachbodentanks sind aus vielen Industriezweigen nicht wegzudenken. Die großen metallischen Behälter oder Silos können herstellungsbedingt oder durch Fehlbedienungen im laufenden Betrieb mechanische Beschädigungen und/oder plastische Deformationen wie Beulen aufweisen. Daraus können erhebliche Risiken für die Standsicherheit entstehen. Laserscans ermöglichen zuverlässige Aussagen über die Stabilität und den sicheren Weiterbetrieb des Behälters.

Die Anwendungsgebiete für Flachbodentanks, Apparate oder Silos sind vielfältig. Sie kommen sowohl in der petrochemischen und chemisch-pharmazeutischen Industrie zum Einsatz, als auch bei der Herstellung und Verarbeitung von Papier, Zucker oder Kunststoff. Die häufigsten Ursachen für Fehlstellen sind – trotz Fertigungs- und Baucontrolling – herstellungsbedingte Qualitätsprobleme beim Schweißen oder Fehlbedienungen und betriebsbedingte Mängel, beispielsweise verursacht durch verstopfte Entlüftungsleitungen oder unzureichend gewartete Druckventile. So kann ein plötzlicher Unterdruck den Zylindermantel lokal deformieren. Immer wieder kommt es auch zu Transportschäden, wenn gefertigte Flachbodentanks, Apparate oder Silos nicht richtig befestigt waren oder beim Ver- bzw. Entladen falsch angehoben wurden. Die Folgen: Die Gebrauchstauglichkeit (Stabilität) ist beeinträchtigt oder Bauteile, beispielsweise eingebaute Rührwerke, sind nicht mehr richtig positioniert. Selbst ein plötzliches, vollständiges Versagen des Bauwerkes ist möglich.

Vor Inbetriebnahme von Flachbodentanks, Apparaten oder Silos sowie bei Revisionen oder Shutdowns sollten Arbeitgeber und Betreiber prüfen, ob bzw. welche Risiken bestehen. Denn sie müssen nicht nur sicherstellen, dass die Behälter den Belastungen aus dem Anlagenbetrieb widerstehen. Auch die für den Nachweis der Standsicherheit relevanten Zusatzlasten müssen ermittelt werden, um das komplexe Tragverhalten der Behälter bewerten zu können. Dazu gehören unter anderem Einwirkungen durch Erdbeben, Wind sowie Schnee auf den Tank- oder Silodächern. Außerdem auch Betriebsdrücke, Überschwemmungen und Aufschwimmen gemäß WHG/AwSV sowie zusätzliche Verkehrslasten. Diese Zusatzlasten werden zunächst individuell und dann kombiniert betrachtet. Die Einschätzung erfolgt auf Basis standort- und konstruktionsrelevanter Normen wie dem Eurocode.

Unsichtbares sichtbar machen

An jeder Konstruktion gibt es Verformungen, die teilweise deutlich erkennbar sind und solche, die aufgrund der Größe der Konstruktionen mit dem bloßen Auge nicht wahrnehmbar sind, daher quasi „unsichtbar“ bleiben. Abweichungen von der theoretischen Behälterform sind in gewissem Rahmen zulässig. Dies regeln europäische Normen wie z. B. die DIN EN 13445 für unbefeuerte Druckbehälter, die DIN EN 13458 für Kryo-Behälter, die DIN EN 13121 für oberirdische GFK-Behälter, die DIN EN 1993-1-6 für Stahlbauten oder die nationalen Regelwerke DIN 4119-1 für Flachbodentanks sowie die AD 2000-Merkblätter für Druckgeräte. Entscheidend ist, Klarheit darüber zu haben, ob es Deformationen gibt und ob diese als zulässig oder kritisch einzustufen sind.

Um das zu überprüfen, arbeitet TÜV Süd mit ÖbVI Petersen zusammen. Das Vermessungsbüro erfasst die Geometrie des Behälters mithilfe der Laserscan-Technologie. Dafür werden temporär Passpunkte (sogenannte Targets) angebracht, beispielsweise auf einem Flachbodentank. Vermessungstechnisch entsteht ein hochgenaues Abbild des Istzustands. Die gewonnenen Daten sind wichtig für alle Folgeberechnungen, mit denen die Standfestigkeit und Integrität des Tanks untersucht wird.

Parallel berechnen die Techniker ein mathematisches Modell des zugehörigen idealen senkrechten Zylinders. In der folgenden Deformationsanalyse vergleichen sie dieses Modell mit den tatsächlich erfassten Positionen. Die Abweichungen werden in einem Raster von 25 x 25 cm ermittelt und analog zu den Höhenlinien einer topografischen Karte grafisch visualisiert. So treten etwaige Verformungen dreidimensional sichtbarer hervor. Bei Bedarf kann auch eine andere Rastergröße gewählt werden.

Um Veränderungen beispielsweise der Tankhaut feststellen und überwachen zu können, werden die Ergebnisse von Folgemessungen nicht nur mit den Daten der Erst- bzw. Nullmessung verglichen. Außerdem wird das Idealmodell auch mit dem bereits berechneten tatsächlichen Tankdurchmesser abgeglichen. So entsteht eine belastbare Basis für die Entscheidungsfindung und das weitere Vorgehen.

Finite-Elemente-Methode als Kniff

TÜV-Süd-Experten vergleichen die ermittelten Abweichungen mit den Regelwerksvorgaben und stellen fest, ob sie tolerierbar oder kritisch sind. Kritische Abweichungen führten bisher dazu, dass der bestehende Festigkeits- und Stabilitätsnachweis nicht mehr gilt. Dann waren in der Regel umfangreiche Sanierungsmaßnahmen in Form von nachträglich angebrachten Beulsteifen erforderlich, um die Behälterform wieder in den Sollzustand zu bringen.

Mit einem weiterentwickelten Verfahren auf Basis der Finite-Elemente-Methode (FEM), kann die Behältergeometrie nun exakter und unter Berücksichtigung der vorhandenen Geometrie bewertet werden. Hier werden Berechnungsmodelle in kleinere und leichter zu berechnende Stücke unterteilt. Dadurch sind die Experten in der Lage, auch komplexe Geometrien zu berechnen, die über einen analytischen Weg nicht erfassbar sind. Die rechnergestützte Bewertung der vorhandenen Geometrie ist nach DIN EN 1993-1-6 regelwerkskonform validiert. Sie erfordert mathematisches Spezialwissen, verbunden mit prüftechnischem Know-how.

Durch die exaktere Berechnung kann gegebenenfalls sogar der sichere Weiterbetrieb von Behältern nachgewiesen werden, bei denen die regelwerkstechnisch zulässigen Toleranzen überschritten sind. Aufwendige Reparaturen und kostenintensive Stillstände lassen sich so unter Umständen vermeiden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die strukturelle Integrität der Flachbodentanks, Apparate und Silos weiterhin gewährleistet ist. Anwenden lässt sich das Verfahren nicht nur bei metallischen Werkstoffen, sondern auch bei Thermoplasten oder faserverstärkten Kunststoffen bzw. mattiertem Glas.

Fazit

Auf Basis der Messungen von ÖbVI Petersen und dem Bewertungsverfahren von TÜV Süd erhalten Arbeitgeber und Betreiber eine verlässliche Bewertung ihrer Flachbodentanks, Apparate und Silos. Inwiefern ein Weiterbetrieb mit tolerierbaren Deformationen möglich ist, muss mit den zuständigen Stellen wie Wasserbehörden, Bezirksregierungen, Kreisämtern oder Arbeitsschutzbehörden abgestimmt werden. Die unabhängige Bewertung von herstellungs- oder transportbedingten Deformationen ist auch für den Austausch mit Versicherungen im Falle von Nachbesserungen oder Schadensersatz hilfreich.

TÜV Süd Industrie Service GmbH, München


Autoren:

Dimitrios Kazaklis

Abteilung Anlagensicherheit,
TÜV Süd Industrie Service

Peter Ball

Energie und Systeme, Anlagen- und Apparatetechnik,
TÜV Süd Industrie Service

André Birke

Energie und Systeme, Anlagen- und Apparatetechnik,
TÜV Süd Industrie Service

Michael Petersen

Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur,

ÖbVI Petersen

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