Wasserstoff wird traditionell hauptsächlich in der chemischen Herstellung und zur Raffination von Erdöl verwendet. Zudem in der chemischen Industrie, um Methanol für industrielle Anwendungen oder Ammoniak für landwirtschaftliche Zwecke herzustellen. Das gebräuchlichste Verfahren zur Herstellung von grauem Wasserstoff ist dabei die Methan-Dampfreformierung (SMR); sie basiert auf fossilen Brennstoffen und verbraucht etwa sechs Prozent des weltweiten Erdgases und zwei Prozent der Kohle. Mit der Zunahme erneuerbarer Energien wird sich das ändern und die Produktion von grünem Wasserstoff erheblich zunehmen. Die Produktion, Speicherung und Verwendung von grünem Wasserstoff ist jedoch mit Herausforderungen in der Dichtungstechnik verbunden. Die Qualität der Dichtungslösung für jede spezifische Wasserstoffanwendung ist ausschlaggebend für die Akzeptanz der Technologie und auch für die TCO-Betrachtung (total cost of ownership), da ein Dichtsystem entscheidenden Einfluss auf die Lebensdauer der Komponenten hat.
Speicherung unter hohem Druck
Um eine zuverlässige Abdichtung zu erreichen, müssen Werkstoffe eingesetzt werden, die den Herausforderungen standhalten, die sich aus der geringen Molekülgröße von Wasserstoff ergeben. Für bestimmte Anwendungen müssen die Werkstoffe also ein hohes Maß an Kompatibilität und Permeationsbeständigkeit aufweisen, um Verluste zu vermeiden. Eine weitere Herausforderung mit gasförmigem Wasserstoff ist die schnelle Gasdekompression (RGD). In einem Hochdrucksystem können die kleinen Wasserstoffmoleküle in das Dichtungsmaterial diffundieren. Fällt der Druck im System plötzlich ab, dehnt sich das im Dichtungsmaterial eingeschlossene Gas schlagartig aus. Dies kann dazu führen, dass die Dichtung Blasen wirft und reißt. Dichtungen für verschiedene Wasserstoffsysteme müssen also auch sehr harten Umgebungsbedingungen standhalten, darunter hohe Drücke von bis zu 100 MPa in Umgebungen mit gasförmigen Wasserstoff (z. B. in Hochdruckventilen) und extrem niedrige Temperaturen von bis zu -253 °C (z. B. bei der Speicherung und dem Transport von flüssigem Wasserstoff).
Festlegung von Normen
Die Entwicklung des Wasserstoffmarktes und der Wertschöpfungskette schafft auch einen Bedarf an Normen. Bislang haben sich Experten häufig an bestehenden Standards für ähnliche Anwendungen wie zum Beispiel in der Öl- und Gasindustrie orientiert, die charakteristische Materialeigenschaften für Polymere unter schwierigen Bedingungen in Bezug auf Permeation, RGD und allgemeine Medienverträglichkeit festlegen. Keine der bestehenden Vorgaben ist jedoch ausreichend für Wasserstoff geeignet, da sie die Bedingungen bei typischen Wasserstoffanwendungen nicht im Detail berücksichtigen. Wasserstoff ist im richtigen Verhältnis mit Sauerstoff ein hochexplosives Gas und es muss mit großer Sorgfalt geprüft werden. Deshalb greifen viele Dichtungshersteller auf externe Prüfeinrichtungen zurück. Für sicherere Tests wird oft Helium als Ersatz verwendet und die Ergebnisse in Wasserstoffwerte umgerechnet. Helium ist jedoch kein ausreichender Ersatz zur finalen Qualifizierung von Dichtungslösungen für Wasserstoff. Trelleborg verfügt daher weltweit über eigene Testkapazitäten mit Wasserstoff in mehreren Prüflabors – unter anderem in einem neuen Prüflabor in Fort Wayne, Indiana, USA.
Trelleborg nutzt seine eigenen, hochmodernen R&D-Einrichtungen, um die Grenzen der Validierung von Wasserstoffdichtungen kontinuierlich zu erweitern. Die Experten haben eigene Testprogramme entwickelt, um die Leistung der H2Pro-Produktreihe nachzuweisen und das Vertrauen in die Werkstoffe zu stärken. Die Tests basieren auf bestehenden und verbesserten Versionen anerkannter Normen und werden in den Prüfständen an die realen Bedingungen von Wasserstoffanwendungen angepasst.
H2Pro-Werkstoffe werden anhand bestehender Normen auf Sauerstoffalterung (gemäß ASTM D572 oder ISO 188) und auf Ozonalterung (gemäß ISO 1431-1) getestet. Trelleborg verwendet jedoch auch seine eigenen Testverfahren für andere Analysen wie Wasserstoffverträglichkeit und RGD (basierend auf einer Version von ISO 17268), Permeation (basierend auf ISO 2782-1) und Lebensdauerprüfungen (basierend auf einer Version von ISO 19880-3, UN ECE R134, EC79, ISO 12619-2, CSA ANSI HGV 3.1, ISO 17268 & SAE J2600).
Dichtung für Wasserstoff
Trelleborg bietet ein Lösungsportfolio für alle Herausforderungen der Wasserstoffwert-schöpfungskette – Produktion, Transport und Speicherung sowie Endanwendung. Die Dichtungswerkstoffe haben sich in anspruchsvollen Anwendungsumgebungen bewährt, sind für hohe Drücke und niedrige Temperaturen ausgelegt und widerstehen der Permeation, sodass sie einer schnellen Gasdekompression standhalten können. Das Sortiment umfasst insgesamt 20 zertifizierte Werkstoffe für Wasserstoff. Zwei Beispiele der speziell für Wasserstoff entwickelten Werkstoffe sind folgende: H2Pro EBT25 ist ein Ethylen-Propylen-Dien-Monomer-Kautschuk (EPDM) für Hochdruckumgebungen in einem breiten Temperaturbereich, und Zurcon H2Pro ZLT, ein spezielles thermoplastisches Polyurethan (TPU) für sehr niedrige Temperaturen.
Trelleborg Sealing Solutions Germany, Stuttgart
Autor:/ James Simpson
Global Segment Director of Energy,
Trelleborg Sealing Solutions
Vielseitig: Wasserstoffdichtungswerkstoffe
Der Dichtungswerkstoff H2Pro EBT25 ist ein EPDM für Hochdruckumgebungen in einem breiten Temperaturbereich und Zurcon H2Pro ZLT ist ein TPU für sehr niedrige Temperaturen. Zurcon H2Pro ZLT hat eine sehr niedrige Permeabilität und weist eine hervorragende RGD-Beständigkeit auf. Es verfügt über einen weiten Betriebstemperaturbereich, weist sehr gute Ex-trusions- und Verschleißfestigkeitseigenschaften auf und entspricht der Verordnung (EG) 79/2009, SAE J2600 und ANSI CHMC 2. Es kann als O-Ring für statische Dichtungen an Venti-len, Filtern, Zapfpistolen, Pumpen, Anschlüssen und Fittings sowie als Nutring für statische und dynamische Anwendungen wie Ventilschäfte, Stellantriebe und Regler hergestellt werden. H2Pro EBT25 ist besonders widerstandsfähig gegen RGD und zeichnet sich durch geringe Permeabilität, einen weiten Betriebstemperaturbereich, eine Härte von 85 Shore A und her-vorragende Extrusionsbeständigkeit aus. Es entspricht der Verordnung (EG) 79/2009, SAE J2600 und ANSI CHMC 2 und kann als O-Ring für statische Dichtungen an Ventilen, Filtern, Betankungsdüsen, Pumpen, Anschlüssen und Armaturen sowie als kundenspezifische Formteile und Rahmendichtungen für Brennstoffzellen und Elektrolysegeräte hergestellt werden. Die Werkstoffe sind auch in einer Reihe von anderen Verbindungen und Dichtungsprofilen erhältlich, darunter:
- Turcon-PTFE und thermoplastische Compounds zur Verwendung als Varilip-Lippendichtungen
- V-Stack-Dichtungen für den Einsatz in statischen und dynamischen Anwendungen mit kryogen komprimiertem Wasserstoff und flüssigem Wasserstoff (LH2)
- FKM-Dichtungen für blauen Wasserstoff
- EPDM-Mischungen mit geringerer Härte und Silikonmischungen für Anwendungen mit niedrigerem Druck
- Metalldichtungen für statische LH2-Anwendungen
- Verschleißfeste Verbundlager und Kolbenringe für Kompressoranwendungen