Das Greenhouse Gas Protocol kategorisiert THG-Emissionen (CO2-äquivalente Treibhausgase) in Scope 1, Scope 2 und Scope 3. Scope-1-Emissionen stammen aus Quellen, die direkt von einem Unternehmen verantwortet oder kontrolliert werden. Scope 2 beinhaltet indirekte THG-Emissionen aus eingekaufter Energie wie Strom oder Fernwärme. Scope 3 umfasst alle indirekten Emissionen, die bei Partnern entlang der Wertschöpfungskette entstehen. Obwohl das Nachhaltigkeits-Reporting zunächst sehr komplex erscheint, können Unternehmen mit digitalen Technologien ihre Emissionen einfach erfassen und verwalten. Dafür müssen sie die vorhandenen Rohdaten ihrer chemischen Anlagen und Produktionsstätten in kontextualisierte Informationen umwandeln. Das ermöglicht der digitale Zwilling, ein virtuelles Abbild der realen Anlage. Der digitale Zwilling führt Echtzeitdatenquellen, Modelle und Analysen aus dem gesamten Anlagenlebenszyklus in der Cloud zusammen.
Daten zentral zusammenführen
Unternehmen können für ihren digitalen Zwilling eine Software wie das Asset Information Management von Aveva nutzen. Dabei greifen sie über eine zentrale Plattform auf ihre kontextualisierten Daten zu. Die Software identifiziert und erstellt Verbindungen zwischen unterschiedlichen Dokumenten, Geräten und Entwürfen. Große Datenmengen verfügen so über höhere Qualität und sind leichter aufzufinden. Teams sparen dadurch bis zu 60 % an Zeit, wenn sie Daten sichten und verifizieren. Ebenso können sie etwa 10 % aller Fehler beim Anlagenbau vermeiden, da die erhöhte Datenqualität Unstimmigkeiten zwischen einzelnen Dokumenten reduziert. Mit einem verlässlichen digitalen Zwilling haben Unternehmen also ein geeignetes Werkzeug zur Hand, um ihre Projekte zuverlässig, aber auch termingerecht und kostensensibel zu steuern. Gleichzeitig können sie dank der visualisierten Echtzeitdaten Störungen ihrer Anlagen schneller erkennen und beheben, was deren Sicherheit deutlich erhöht.
Auch das US-amerikanische Unternehmen Eastman Chemical Company mit Hauptsitz in Kingsport, Tennessee nutzt die Potenziale dieses digitalen Zwillings mithilfe der Asset Information Management-Software von Aveva. Das Chemieunternehmen ist ein global führender Hersteller von hochentwickelten Materialien. Anstatt weiterhin mit zahlreichen alten technischen Dokumenten zu arbeiten, entwickelte das Unternehmen die Plattform Seiga (Seamless EPCom Integrated Global Access). Dabei handelt es sich um ein cloudbasiertes System, das Daten des gesamten Unternehmens virtuell in einem digitalen Zwilling zentral zusammenführt.
Über Seiga können alle Teams von Eastman Chemical unabhängig von Ort und Zeit auf korrekte, zuverlässige und sichere Daten aus der gesamten Organisation zugreifen. Dadurch gestalten sich sowohl die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Abteilungen als auch die Übertragung von Daten zwischen Ingenieuren und den Anlagenbetreibern leichter. Sie können ihre Projekte anhand des digitalen Zwillings und seiner Echtzeitdaten effizient und reibungslos umsetzen. Darüber hinaus nutzt Eastman Chemical die kontextualisierten Informationen gezielt, um nachhaltige Technologien zu entwickeln und die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Mit KI Emissionen einsparen
Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) ermöglicht ein digitaler Zwilling zudem präzise Vorhersagen. Verschiedene Modellierungen zeigen auf, in welchen Bereichen Unternehmen Emissionen einsparen können. Von diesem, noch nicht ausgeschöpften, Potenzial lassen sich passende Maßnahmen ableiten – etwa der Wechsel auf einen Strommix aus erneuerbaren Energien beziehungsweise dessen Nutzung entsprechend der Anlagebedingungen.
Der digitale Zwilling sorgt auch dafür, dass Produktionsanlagen zuverlässig laufen. Fällt eine Anlage aus, verbrauchen sowohl das Herunterfahren als auch der Neustart beträchtliche Mengen an Energie. Wenn Chemieunternehmen also ungeplante Ausfälle reduzieren, können sie an dieser Stelle Energie einsparen. Die KI nutzt die Daten des digitalen Zwillings und erstellt mit prädiktiver Analytik Frühwarnungen, damit die Teams vor Ort die Anlagen rechtzeitig überprüfen und warten können. In einem weiteren Schritt lässt sich die Remaining Use of Life Estimation (RULE) von Anlagen sowie deren Komponenten berechnen, um die Vorhersagegenauigkeit der KI zu erhöhen. Das ermöglicht auch einen rechtzeitigen Austausch von Komponenten in energieeffiziente, moderne Alternativen.
Analyse mittels Bilddaten-KI
Aveva bietet mit Vision AI Assistant ein KI-basiertes Analysetool, das speziell für die Bildklassifizierung entwickelt wurde. Anwender können Bilder und Videos normaler Kameras nutzen, um sie in verwertbare und zeitnahe Informationen zu verwandeln. Dazu werden Kameras eingesetzt, die optische Auffälligkeiten feststellen. So kann die Produktion eng überwacht, deren Effizienz gesteigert und die Nachhaltigkeit der Produktionsprozesse verbessert werden.Vision AI Assistant lässt sich in die Aveva-Systemplattform und in Aveva Insight integrieren. Kombiniert man den Vision AI Assistant mit Digitalkameras, lassen sich beipielsweise Füllstände eines Trichters analysieren oder fehlerhafte Produkte in einer Produktionslinie identifizieren. Wärme- und Infrarotkameras können eingebunden werden, zum Beispiel um Druckluft- oder Flüssigkeitslecks oder in einem Rechenzentrum Hotspots zu erkennen und so eine Überhitzung zu verhindern. Die KI-basierte Software unterstützt die Wartungsarbeit durch die kontinuierliche Überwachung von Anlagen und Maschinen sowie die Diagnose von Anlagenproblemen Wochen oder gar Monate vor dem Ausfall. Die Software nutzt dazu Deep Learning und Anwender können sich auf anstehende Aufgaben konzentrieren, ohne permanent die Kameraübertragungen überwachen zu müssen.
Scoop-3-Emissionsmanagement
Die Emissionen außerhalb ihres direkten Verantwortungsbereiches (Scope 3) zu reduzieren, stellt eine Herausforderung für Unternehmen dar. In einem verbundenen Datenökosystem können interne und externe Parteien ihre Information jedoch sicher miteinander teilen. In einer cloud-native Lösung lassen sich die Datenströme mit Metadaten anreichern. Diese Form einer vernetzten industriellen Wirtschaft verschafft Chemieunternehmen einen transparenten Blick auf ihre tatsächlich ausgestoßenen THG und sie können Scope-3-Emissionen von externen Partnern beispielsweise über Zertifikate ausgleichen. Gleichzeitig muss die chemische Industrie in weitere Projekte wie die Abscheidung und unterirdische Speicherung von CO2, grünen Wasserstoff sowie eine funktionierende Kreislaufwirtschaft investieren. Dabei zahlen sich bereits etablierte Formen einer flexiblen datenbasierten Kollaboration für alle Beteiligten erneut aus.
Aveva GmbH, Franfurt a. Main