Das Regelwerk der Funktionalen Sicherheit (Safety) ist umfangreich, die geforderten Prozesse für Prüfung, Nachweis und Dokumentation sind komplex. Das liegt auch daran, dass geschulte Fachkräfte unterschiedliche Datenquellen verarbeiten müssen. Denn nach wie vor bestehen die Sicherheitssysteme in den Betrieben der Prozessindustrie meist aus Insellösungen, um die sich nur wenige Spezialisten kümmern. Und so wundert es kaum, dass viele Anlagenbetreiber bei der Umsetzung der Forderungen aus dem komplexen Regelwerk Herausforderungen sehen.
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Im Hauptvortrag des Sponsors der Namur-Hauptsitzung 2022 wurde einerseits deutlich, dass die Anforderungen weiter steigen, auf der anderen Seite aber auch Lösungen vorhanden sind. „Die Systeme der Funktionalen Sicherheit wandern aus einer Randposition heraus immer weiter ins Zentrum der Anlagenautomatisierung”, verdeutlichte Jörg de la Motte, CEO von Hima: „Früher galt: Sicherheitssysteme sind vorhanden, schalteten hin und wieder die Anlagen ab und liefern spärliche Informationen über das ´Warum` aufgrund magerer Daten, die über simple Schnittstellen übertragen wurden. Wir sehen, dass sich das aufgrund des Trends zu Digitalisierung ändert“.
Sicherheitssysteme werden zunehmend zu Datendrehscheiben, die neben den eigentlichen Sicherheitsfunktionen weitere Daten verarbeiten und verteilen müssen.
Security braucht mehr als nur Zertifizierung
Damit dabei die ursprüngliche Sicherheitsfunktion nicht beeinträchtigt wird, sind Security-Maßnahmen extrem wichtig. Peter Sieber, Vice President Strategic Marketing bei Hima, zeigte, dass Security dabei nicht nur eine Aufgabe bei der Entwicklung der Sicherheitssysteme ist, sondern vor allem auch in der Betriebsphase gelebt werden muss: „Eine Security-Zertifizierung der Produkte allein schafft weder Safety noch Security! Produkte müssen robust ausgelegt werden, um Security-Angriffen Stand zu halten“, verdeutlichte Sieber. Denn rund die Hälfte aller zertifizierten Produkte haben Sicherheitslücken und sind angreifbar.
Angemessenes Security-Umfeld nötig
Hersteller müssen deshalb neben der Security-Zertifizierung ein angemessenes Security-Umfeld schaffen. Bei Hima beinhaltet dies die Entwicklung von Software nach defensiven Gestaltungsgrundsätzen sowie der Kapselung der Sicherheitssysteme in einem „Security Environment“, dessen Grenzen durch Firewalls gesichert sind. Innerhalb des Security Environment werden für unterschiedliche Aufgaben physikalisch getrennte Schnittstellen verwendet.
Um das Life-Cycle-Management der Sicherheitseinrichtungen zu vereinfachen, hat Hima gemeinsam mit dem strategischen Partner Mangan Software Solutions eine Lösung (Safety Lifecycle Manager, SLM) erarbeitet, mit der bislang manuell durchgeführte Aufgaben rund um Sicherheitseinrichtungen durch eine automatische Datenerfassung und automatisierte Auswertungen ersetzt werden. Dadurch wird ein normkonformer Betrieb erleichtert und steigt die Effizienz. Wiederkehrende Aufgaben für Funktionale Sicherheit werden einmal definiert und deren zeitliche und inhaltliche Umsetzung dann automatisch überwacht. Fachpersonal kann sich so auf wichtige Prozessschritte konzentrieren, wodurch in der Praxis Kosteneinsparungen im Bereich von 70 % erreicht werden.
Digitalisierung weckt den Appetit
Mit steigendem Digitalisierungsgrad in der Prozessindustrie wächst auch in der Sicherheitstechnik der Anspruch an die Systeme. Um hier Schritt halten zu können, will Hima künftig in seinem Programmiersystem Silworx-Plug-Ins nutzen, mit denen eigene Tools, aber auch solche von anderen Anbietern, einfach nutzbar gemacht werden sollen. „Die großen Weiterentwicklungen passieren momentan innerhalb der Software. Die Software ist der Treiber der Digitalisierung”, erklärte dazu Sergej Arent, Director Applications bei Hima: „Mit Plug-Ins können wir schneller und flexibler auf Kundenanforderungen reagieren, ohne die Silworx-Zertifizierung zu beeinträchtigen.” An Ideen fehlt es den Sicherheitsexperten nicht: So ist beispielsweise ein digitaler Inventarmanager denkbar, mit dem Informationen über Hard- und Softwareversionen im Sicherheitssystem in ein ERP-System exportiert werden können.
„In 2030 wird die Funktionale Sicherheit weitgehend digital sein müssen, um die Betreiberanforderungen überhaupt erfüllen zu können“, resümierte Hima-CEO Jörg de la Motte.