Zwar haben Anlagenbetreiber bei der Zündschutzart die freie Wahl, doch schränken die Dimensionierung, funktionale Auslegung und eventueller Kühlbedarf der zu schützenden Anwendung die Alternativen ein. Beispielsweise kommen für viele Geräte mit hohen Leistungen wie etwa Frequenzumrichter und Motoren per se keine eigensicheren, auf strikter Energiebegrenzung basierender Ausführungen in Zündschutzart Ex i infrage. Für druckgekapselte Gehäuse nach Zündschutzart Ex d steigt hingegen der Material- und Installationsaufwand mit wachsenden Abmessungen der Applikation immens: Da die Druckkapselung nicht auf die Vermeidung von Explosionen im Schrankinneren zielt, sondern gegebenenfalls ein Entweichen von Funken und zündfähigen Temperaturen verhindern soll, sind Gehäusewandstärken von 10 bis 20 mm erforderlich oder andere aufwendige Konstruktionen zur Sicherstellung der Ungefährlichkeit. Der massive Aufbau begrenzt wirtschaftlich und technisch sinnvolle Gehäusevolumina auf maximal 500 l, sodass größere, komplexe Steuerungssysteme oder Verschaltungen auf kleine, druckfest gekapselte Gehäuse verteilt werden müssen. Geringere Gehäuseabmessungen stellen jedoch ein Problem für die Integration von Frequenzwandlern und anderen Geräten mit hohem Wärmeaufkommen dar.
Überdruckkapselung nach Ex p
Mit der atmosphärischen Abschottung der Betriebsmittel folgt die Überdruckkapselung nach Schutzart Ex p einer anderen Philosophie als die Druckkapselung nach Ex d, bei der Explosionen im Schrankinnern grundsätzlich möglich bzw. zulässig sind, der Eintritt eines solchen Ereignisses aber den kompletten Austausch aller eingebauten Geräte erfordert. Damit es gar nicht erst so weit kommen kann, verhindert die Überdruckkapselung nach Zündschutzart Ex p mittels Druckluft oder Inertgase ein Eindringen explosionsfähiger Atmosphären ins Schrankinnere.
Zur Aufrechterhaltung des Überdrucks stehen anwendungsabhängig drei Verfahren zur Wahl: Für kleine Einbauvolumina empfehlen sich hermetisch geschlossene Gehäuse mit statischem Überdruck, die keine Luft- oder Gaszuführung benötigen. Bei den anderen Varianten sorgt entweder eine geregelte Druckluft- bzw. Gaszufuhr für einen regelmäßigen Ausgleich von Leckageverlusten oder es erfolgt – als regelungstechnisch einfachste Variante – eine beständige Spülung mit Druckluft. Die Vorteile der Überdruckkapselung von Schaltschränken oder -kästen gemäß Zündschutzart Ex p liegen auf der Hand: Durch die Gewährleistung einer nicht explosionsfähigen Atmosphäre im Einbauraum kann durchgängig Standardindustrietechnik eingesetzt werden. Weil die Notwendigkeit zur Verwendung speziell geschützter Baugruppen entfällt, ist weder auf eine Limitierung des Energiebedarfs noch die sonderlich sparsame Nutzung des Einbauraumes z. B. bezüglich von Kühlvorrichtungen zu achten. Zudem ermöglicht die Überdruckkapselung von Schränken eine problemlose Integration auch größerer Fenster, die eine gute Übersicht über Geräte-Displays im Schrankinnern gewähren.
Ausstattungsmerkmale der Gehäuse
Der verlässliche Aufbau und Erhalt der ungefährlichen Atmosphäre im Schrankinnern schreibt verschiedene Sicherheitsmaßnahmen vor. Zunächst wird in Dichtigkeits- und Überdruckprüfungen die Verformungsfestigkeit des gekapselten Gehäuses sowie der Rohrleitungen und Verbindungsstellen nachgewiesen, indem das Gehäusesystem mit dem 1,5-fachen des festgelegten maximalen Überdrucks beaufschlagt wird. Damit auch bei einem unvorhergesehenen Druckabfall im Gehäuseinnern keine Gefahr von eindringenden explosionsfähigen Atmosphären ausgeht, muss eine Überwachungseinheit in anderer Zündschutzart als Ex p für die sichere Abschaltung der elektrischen Betriebsmittel sorgen. Für solche Fälle ist zudem sicherzustellen, dass die Oberflächentemperaturen der Betriebsmittel unterhalb der Zündfähigkeit bleiben. Darüber hinaus zählen bei größeren Gehäusen mit Einbauvolumina über 3 m3 Ventilatorsysteme und Strömungsmesser zur Ausstattung, um eine gleichmäßige Spülung des gesamten Innenraumes mit Zündschutzgas zu erzielen.
Eine weitere grundlegende Sicherheitsmaßnahme beim Einsatz von Ex-p-geschützten Gehäusen besteht in der Vorspülung, die jeder Betriebsphase vorausgeht. Die Vorspülung mit Zündschutzgas muss vor dem Anfahren der elektrischen Betriebsmittel die Ausleitung von explosionsfähigen Gasgemischen sicherstellen, die während des Stillstands eingedrungen sein könnten. Der dafür erforderliche Druck, die Spülzeiten und Durchflussmengen hängen vom jeweils verwendeten Gehäuse ab und werden vom Hersteller vorgegeben.
System mit drei Basiskomponenten
Ex-p-Systeme zur Steuerung überdruckgekapselter Gehäuselösungen basieren im Wesentlichen auf Controllereinheiten, die die Gehäusedaten überwachen und die Zuführung der Zündschutzgase bzw. der Druckluft über Spülventile auf Basis von Zeitintervallen und Druckwerten steuern. Während herkömmliche Systeme für verschiedene Schaltschrankgrößen und -bauformen eine hohe Varianz dedizierter Geräte verwenden, reduziert R. Stahl die Komplexität beim Ex-p-System x621 auf drei Basiskomponenten in einheitlicher Ausführung.
Das einfache System aus Ex-p-Steuergerät, Ex-p-Druckwächtern, die zugleich als Druckauslässe dienen, und Ex-p-Spülventilen mit digitaler und proportionaler Regelung deckt alle Anforderungen von sehr kleinen Gehäusen mit 10 l Volumen bis zu Ex-p-Schaltschränken mit Volumina von 4000 l ab. Dabei stellt das Ex-p-Steuergerät Steuerungsabläufe für alle Schaltschrankgrößen bereit und gestattet ihre unkomplizierte bedarfsorientierte Anpassung. Ist beispielsweise bei größeren Schaltschränken eine Erhöhung der Auslassanzahlen erforderlich oder sollen Spüldruck bzw. Spülzeiten reduziert werden, brauchen dafür lediglich weitere Ex-p-Druckwächter installiert werden. Die Verwendung ausschließlich einer Druckwächtervariante in anforderungsgerechten Anzahlen verringert den Aufwand sowohl für das Engineering als auch die Lagerhaltung. Dabei ermöglicht die hohe Präzision der Sensoren einen Betrieb nahe der Druckabschaltschwelle, der die Leckage-Mengen auf ein Minimum führt und einen kostengünstigen Dauerbetrieb ermöglicht.
Für eine weitere Vereinfachung sorgt die ebenfalls im Steuergerät integrierte Spülventilregelung in wahlweise digitalem oder proportionalem Modus. Darüber hinaus stehen zur Kühlung von Ex-p-Schränken Ex-p-Wirbelluftkühler bereit, deren Kühlleistung sich durch Einbau weiterer baugleicher Ausführungen skalieren lässt.
Nicht zuletzt reduziert die Ex-p-Bypass-Schaltung des Steuergerätes, bei der die Elektronik im eigensicheren Betrieb arbeitet, den Aufwand für Inspektions- und Wartungsarbeiten erheblich. Der neuartige Inbetriebnahmeprozess erübrigt kostenträchtige Prüfschritte nach Wartungs- und Nachrüstungseingriffen und gewährleistet den Ex-Schutz zu jeder Zeit.
Platzsparende Montage
Das als Überwachungssystem für Schaltschränke zertifizierte Ex-p-System x621 wird in Ex-Zone 1/21 nach IEC/EN/DIN 60079–2 als redundante Version und in Ex-Zone 2/22 als Einfachversion eingesetzt. Die kompakte Formgestaltung der Komponenten und die moderne Bedienoberfläche des Ex-p-Steuergeräts ermöglichen eine platzsparende Installation und einfache Inbetriebnahme. Durch die Außenmontage des schlanken Steuergeräts auf den Schaltschrankseitenwänden bleibt das volle Einbauvolumen der Applikation vorbehalten. Das Gehäuse aus glasfaserverstärktem Polyester ist mit oder ohne Sichtfenster erhältlich und lässt sich mit einem Schutzkragen aus dem optionalen Zubehör auch gegen starken Regen schützen.
Zertifizierte Ex-p-Leerschränke
Passend zu den Ex-p-Systemen bietet R. Stahl zertifizierte Ex-p-Leerschränke in zehn Gehäusegrößen von 400 x 600 x 200 mm bis 2400 x 2000 x 1200 mm. Die Edelstahlschränke sind sowohl in eintürigen Ausführungen sowie mit Doppeltüren oder Dreifachtüren erhältlich und zeichnen sich mit Wandstärken von nur 1,5 bis 2 mm durch eine gewichtssparende Konstruktion aus. Durch ihr großes Einbauvolumen, das in vielen Fällen eine direkte Übertragung von Schaltanlagenlayouts aus dem sicheren in den Ex-Bereich gestattet, sowie durch ihr geringeres Gewicht bieten diese Ex-p-Schaltschranksysteme gegenüber Ex-d-geschützten Gehäuselösungen eine sehr wirtschaftliche Alternative. So vereinfacht das Ex-p-Schutzkonzept die maschinennahe Installation von Schalt- und Steuereinheiten in Zone 1,2, 21 und 22, anstatt diese weit entfernt im Nicht-Ex-Bereich platzieren zu müssen. Im Unterschied zur Ex-d-Gehäusetechnik lassen sich auch jederzeit Kabeleinführungen nachrüsten oder vorinstallierte Geräte um neue Komponenten ergänzen. Alle für Ex-p- oder Ex-e-Lösungen zugelassenen Stellgeber wie Drehschalter, Drucktaster, Pilztaster, Schlüsselschalter und Kontrollleuchten können ohne Modifikation eingesetzt werden. Als zusätzliches Plus führt der Überdruck im Schrankinneren zu staubfreien, sauberen und trockenen Installationen und sichert damit auch in rauen Umgebungen von Ex-Bereichen geschützte Räume für sensible Schaltanlagen.
R. Stahl, Waldenburg