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Die Prozessautomatisierung stellt im Vergleich zur Fabrikautomation andere Anforderungen an die Kommunikationstechnik. Zum einen sind prozesstechnische Anlagen durch eine große räumliche Ausdehnung gekennzeichnet. Darüber hinaus muss die eingesetzte Ausrüstung eine lange Lebensdauer aufweisen sowie einfach ausgetauscht werden können, damit der Produktionsbetrieb nicht gestört wird, denn Prozesse lassen sich nur schwer abbrechen. Vor diesem Hintergrund kommt der Nutzung von Redundanzmechanismen eine große Bedeutung zu. Außerdem möchten die Betreiber möglichst viele Daten aus ihrer Anlage gewinnen, um die Prozessführung umfassend zu überwachen. Hier bietet sich der Übertragungsstandard Profinet zur Weiterleitung der erfassten Daten an. Im prozesstechnischen Umfeld sind folgende Anforderungen zu erfüllen:
- einfache Bedienung der Installationstechnik und Feldgeräte durch Fachpersonal
- Überbrückung von oft langen Kabelwegen
- robust gestaltete Verbindungstechnik
- zuverlässige Übermittlung der Daten
- Redundanzkonzepte für kritische Anlagenteile und Komponenten
Ferner muss die Kommunikationsschnittstelle standardisiert sein, damit die von verschiedenen Herstellern bezogenen Geräte sicher zusammenarbeiten. Profinet wird diesen Rahmenbedingungen gerecht und zeichnet sich zudem durch weitere Möglichkeiten aus:
- durchgängige Verwendung innerhalb der gesamten prozesstechnischen Anlage
- großes Mengengerüst bis zur Leitebene
- schneller Gerätetausch im Servicefall
- Investitionsschutz für Bestandanlagen selbst bei einem Technologiewechsel – beispielsweise durch den Einsatz entsprechender Gateways
Die Profinet-Basisfunktionen und -Technologien liegen insbesondere im Bereich des Netzaufbaus, der Verbindungs- und Anschlusstechnik, Netzwerkdiagnose sowie Topologieerkennung (Nachbarschaftserkennung, Diagnose und Gerätetausch).
Keine zusätzliche Hardware
Als Profinet-Kommunikationssteuerung ist der MRP (Media Redundancy Protocol)-Mechanismus bereits in den Profinet-Device-Chip-TPS-1 integriert, sodass sich dieser optimal in redundant aufgebauten Netzwerken nutzen lässt (Bild 1). Der Geräteentwickler kann also auf MRP zurückgreifen, ohne die Redundanzfunktion in seine Applikation implementieren zu müssen. Bei der Medienredundanz sind die Profinet-Teilnehmer durch mehrere physikalische Übertragungswege miteinander verbunden. Fällt eine Kommunikationsstrecke zum Beispiel durch einen Kabelbruch aus, wird automatisch
der zweite Übertragungsweg verwendet (Bild 2). Die Medienredundanz erlaubt unter anderem eine elektrische Ringbildung, die keine zusätzliche Hardware erfordert. Möchte der Anwender die Redundanzfähigkeit seiner Anlage weiter steigern, kann der MRP-Mechanismus mit der S2-Systemredundanz kombiniert werden. Je nach Anforderung ist selbstverständlich auch ein Einsatz nur der S2-Systemredundanz möglich. Bei diesem Verfahren baut ein Profinet-Gerät (Device) jeweils eine Kommunikationsverbindung (Application Relation – AR) zu redundanten Controllern auf. Auf diese Weise kann ein Feldgerät ohne zusätzliche Hardware an einem hochverfügbaren System betrieben werden.
Die Profinet-Systemredundanz S2 spezifiziert das Ankoppeln eines oder mehrerer Profinet-Geräte an zwei redundante Steuerungen. Der System Redundancy Layer (SRL-D) bildet die Grundlage für die Datenverarbeitung innerhalb des TPS-1. Im SRL-D wird festgelegt, wie der Zugriff auf einen redundanten Profinet-Controller erfolgen muss. Die Profinet-Systemredundanz beschreibt nicht das Verhalten der Device- oder Controller-Applikation, die herstellerspezifisch ist. In Bild 3 werden die virtuellen Verbindungen der redundanten Controller zu einem Device mit gestrichelten Linien dargestellt. Die Netzwerktopologie zwischen den Controllern und dem Device ist bei der S2-Systemredundanz unerheblich. Der Profinet-Device-Chip TPS-1 verfügt über einen Network Access Point (NAP). Daher gibt es lediglich eine physikalische Verbindung zwischen den Geräten und kein redundantes Netzwerk.
Kein individuelles Wechseln
Ein S2-fähiges Device kann über eine Netzwerkschnittstelle beide System Redundant Application Relations (ARa und ARb) bearbeiten und die Kommunikation an den SRL-D-Layer weiterleiten. Dort findet dann die Überwachung der Kommunikationsverbindung statt. Fällt der Primär-Controller aus, hat das Device nicht die Berechtigung, die Backup-Verbindung als neuen primären Übertragungsweg zu nutzen. Es muss vielmehr auf den neuen primären Controller warten, bis die Backup-Steuerung einen Übergang in den Primärzustand fordert. Auf diese Weise kann die neue Primärsteuerung die Änderung über das gesamte Profinet-Netzwerk koordinieren und so verhindern, dass Devices einzeln wechseln.
Nachdem ein Gerät eine Übergangsanforderung vom neuen Primär-Controller erhalten hat, sind bestimmte Schritte durchzuführen. Beispielsweise muss sichergestellt sein, dass alle Alarme, die an die alte Primär-Steuerung gesendet wurden, erfolgreich waren. Unter Umständen ist ein Alarm zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen. Außerdem sind die ausgetauschten Daten zu aktualisieren. Sobald das Gerät die Anforderungen geprüft hat, kann die Überführung auf den neuen Primär-Controller erfolgen. In der Zwischenzeit muss der neue Primär-Controller den Übergang mit sämtlichen angeschlossenen Profinet-Geräten abstimmen. Diese Aufgabe übernimmt der System Redundancy Layer des TPS-1. Wie bisher umfasst die Anwenderapplikation nur das Dual Ported RAM (DPRAM) als Schnittstelle für die Konfiguration und Datenübertragung. Die Mechanismen, die darüber entscheiden, ob der Primary oder Backup Controller zur Anwendung kommt, werden in einer Kommunikationsschicht zwischen den Controllern festgelegt. Darüber kann nicht ein einzelnes Device befinden.
Tests in der Entwicklungsumgebung
Die Applikation leitet die Ein- und Ausgangsdaten über die bislang verwenden Mechanismen weiter. Innerhalb des System Redundancy Layer des TPS-1 wird dann entschieden, woher und wohin die Daten zu senden sind. Ferner ist in der GSDML-Datei (Generic Station Description Markup Language) zur Gerätebeschreibung des Profinet Devices noch eine Erweiterung vorzunehmen.
Das TPS Development Toolkit beinhaltet das Testprogramm Smart Control Express. Um die Umschaltung vom Primär- auf den Backup-Controller zu prüfen, wurde das Programm entsprechend erweitert. Auf diese Weise können auch in der Entwicklungsumgebung Redundanztests durchgeführt werden. Dazu lassen sich zwei Instanzen des Programms starten, damit der Anwender zwischen dem Primary- und Backup-Modus wechseln kann. Die Funktion des Programms als einfache Steuerung zur Prüfung der zyklischen und azyklischen Daten ist davon nicht beeinträchtigt.
Zum Einsatz des Profinet-Kommunikations-Controllers in einer Device-Applikation werden dem Anwender somit die Funktionen MRP und System Redundancy S2 angeboten. Dabei gestaltet sich die Bereitstellung der System Redundancy S2 einfach: Die Firmware des TPS-1 muss lediglich auf die Version 1.6 aktualisiert werden. Die Applikation des Anwenders ist von dieser Aktualisierung nicht betroffen. Wie bei MRP wird die System Redundancy S2 ausschließlich durch die TPS-1-Firmware umgesetzt. Für vorhandene Geräte besteht eine Rückwärtskompatibilität. Das auf dem TPS-1 basierende Device wird über das Profinet-Netzwerk mit den redundanten Steuerungen verbunden. Der Primary und der Backup Controller verfügen jeweils über eine Applikationsrelation zum Gerät und können sich gegenseitig ersetzen.
Suchwort: cav0319phoenix
Halle 9, Stand D28