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Ethernet hat in den letzten 20 Jahren auch im industriellen Umfeld große Anteile gewonnen und ist in einer Vielzahl von Varianten verfügbar, z. B. Profinet, EtherNet/IP oder EtherCAT. Zusammen mit ergänzenden IP-basierten Protokollen ist diese Technologie jetzt zu einer dominierenden Datenkommunikationsplattform avanciert. Allerdings überwiegen in Bereichen, in denen die Anforderungen der Anwendung bisher noch nicht von Ethernet erfüllt werden konnten, nach wie vor andere, spezielle Protokolle. Indes erhöht dieses Szenario mit mehreren parallel laufenden Protokollen die Kosten und die Komplexität von Bestandsumgebungen. Zudem benötigt man für solche unterschiedlichen Umgebungen Multiprotokoll-erfahrenes Installations- und Wartungspersonal.
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Ethernet auf der Überholspur
Künstliche Intelligenz und die zunehmende Digitalisierung führen verstärkt zum Einsatz datenbasierter Prozesse oder Machine-Learning. Diese Möglichkeiten gibt es zwar schon länger, doch der Vorteil ist jetzt, dass die technologische Dynamik einer Einzeltechnologie ganze Systemtopologien zusammenführt – mit einer Fülle an Möglichkeiten. Da immer mehr Fertigungs- und Industrieanlagen und Industriegeräte in die IT eingebunden wurden und werden, haben sich OT-Netzwerke zu einem Verbund aus Ethernet und älteren Feldbusprotokollen entwickelt. In Bezug auf die neu installierten Knoten kommt eine aktuelle Studie zu dem Ergebnis, dass industrielles Ethernet im Jahr 2018 zum ersten Mal die traditionellen Feldbusse überholt hat, und dieser Fortschritt setzte sich auch im Jahr 2019 fort. Industrielles Ethernet hat weiterhin eine stetige Wachstumsrate von 20 % und macht nun 59 % des globalen Marktes aus, was einem Anstieg von 7 % entspricht. Weltweit ist Ethernet/IP das größte industrielle Ethernet-Netzwerk mit 15 % Marktanteil, dicht gefolgt von Profinet mit 14 %. Besonders interessant: 2019 war das erste Jahr, in dem die Zahl der neuen Feldbusknoten um -5 % zurückging, verglichen mit einem Wachstum von 6 % noch im Jahr 2018.
SPE beschleunigt die Migration
Single Pair Ethernet erweitert die Ressourcen des Industriellen Internets der Dinge (IIoT) und hilft Unternehmen, schneller auf Ethernet-basierte Betriebstechnologien (Operation Technology – OT) zu migrieren. Es bietet gemeinsame Kommunikationsprotokolle an, die mit dem Netzwerk der Informationstechnologie (IT) kompatibel sind. Diese Erweiterung umfasst End-to-end-Lösungen einschließlich Switch, Kabel und Sensor, die von zahlreichen Anbietern entwickelt wurden. Ziel der Bestrebungen ist, die notwendigen Änderungen zur Harmonisierung von OT- und IT-Operationen auf dem aktuell effektivsten Protokoll durchzuführen. Zur Zeit entsteht ein komplettes Ökosystem, um die Single-Pair-Ethernet-Vorteile umfassend zu nutzen: Standards, Komponenten, Endgeräte und Anwendungen.
Die Möglichkeiten von SPE erhöhen das Engagement für eine All-Ethernet-Netzwerklösung. Der Nutzen für die Anwender: Das Netzwerk lässt sich einfacher implementieren und verwalten. Dabei sorgt das Single-Protocol-Netzwerk künftig für mehr Datentransparenz und erhöht die Sicherheit. Das Wachstum des IIoT und die Digitalisierung der industriellen Prozesse erfordern ein nahtloses Informationssystem im Unternehmen und treiben die Konvergenz auf der Ethernet-Plattform voran.
Der ursprüngliche Single-Pair-IEEE-Standard 802.3cg-2019 wurde Anfang 2020 verabschiedet. Parallel wurden Gerätechips zur Unterstützung aller SPE-Anwendungen in der Prozess-, Industrie- und Gebäudeautomation eingeführt.
Die reduzierte Anzahl von Paaren, die für die Kommunikation verwendet werden, verringert Kabel- und Steckergröße, während die Technologie sowohl Strom als auch Daten an Edge-Geräte innerhalb einer einzigen Verbindung liefert. Beispielsweise verfügt der IP20-SPE-Steckverbinder gemäß IEC 63171-1 Typ 1 von Panduit nur über die Hälfte der Grundfläche eines herkömmlichen RJ45-Anschlusses und besitzt eine positive Verriegelung für sichere Verbindungen. Die integrierte Strom- und Datenversorgung macht lokale Batterien oder Netzteile überflüssig. Damit wird die Stromversorgung vereinfacht, während gleichzeitig die Installationszeit reduziert und die Wartung optimiert wird.
Im Vergleich zur Terminierung eines 4-paarigen Kabels nach TIA-568A/B-Standard ist der Kabelabschluss eines 1-paarigen Kabels mit dem LC-Stecker vor Ort schneller und einfacher. Mit handelsüblichen Werkzeugen kann ein Techniker einen SPE-Steckverbinder in der Hälfte der Zeit am Kabel fixieren, die sonst für eine 4-paarige Terminierung benötigt wird. Zudem werden einpaarige 18 AWG-Kabel (ca. 1 mm Durchmesser je Ader) verwendet, die leichter und schmaler sind. Der Anschluss des SPE-Steckverbinders ist dabei auch weniger fehleranfällig, was Nacharbeiten minimiert. Durch das geringere Gewicht und die geringere Größe können mehrere Kabelstränge zusammengezogen werden, was die Implementierung ebenfalls vereinfacht.
Power-over-Data-Line
Der Nutzen, Daten und Strom über SPE an entfernte Geräte parallel zu übertragen, ist enorm. Der IEEE-802.3bu-Standard sieht eine dezentrale Gleichstromversorgung über die SPE-Verbindung vor, die als Power-over-Data-Line oder PoDL bezeichnet wird. PoDL ist vergleichbar mit der Power-over-Ethernet-Technologie (PoE) für Standard-Ethernet, die die Stromversorgung der Datenkommunikations-Infrastruktur in Gebäuden bereits entscheidend verändert hat.
Ein weiterer Vorteil von SPE: Vorhandene Kabelmedien lassen sich wiederverwenden. Maschinen und Anlagen verfügen über einpaarige, verdrillte Kabel-Topologien, die sich jetzt als SPE-Kabelmedien nutzen lassen. Beispielsweise besitzen viele RS-485-Kabel, die in Gebrauch oder redundant verlegt sind, den Querschnitt 18 AWG – eine nutzbare Alternative für den Technologie-Switch. Diese Kabel müssen natürlich getestet werden, damit man sicherstellen kann, dass sie die elektrische Leistung in Bezug auf den TIA-568.5-Standard für eine 10BASE-T1L-Übertragung erfüllen.
Durch die Vorteile von Ethernet- und IP-basierten Netzwerken reduziert die Konsolidierung auf SPE-Umgebungen auch Aufwände, die nicht unmittelbar mit der Datenübertragung zusammenhängen. Ethernet-Netzwerke sind schneller und bieten erweiterte Techniken wie Time Sensitive Networking (TSN) und Software Defined Networking (SDN). Während das 4-Paar-Ethernet bereits gut etabliert ist und höhere Ebenen in industriellen Netzwerken unterstützt, ist es für viele kleinere Edge-Geräte nicht kosteneffizient. SPE ist die deutlich kostengünstigere Lösung für eine viel breitere Implementierung von kostensensiblen IIoT-Geräten. Systeme, die derzeit die serielle RS-485-Kommunikation nutzen, können mit geringen Änderungen aufgerüstet und in das Ethernet-Netzwerk eingebunden werden.
Schnell und anwenderfreundlich
SPE bietet eine erhöhte Bandbreite mit höheren Datenraten von bis zu 10 Mbit/s bei Entfernungen bis zu 1000 m. Verglichen mit älteren Protokollen, die auf RS-485 basieren und eine Verbindungsgeschwindigkeit von nur 31,2 kBit/s für die gleichen 1000 m anbieten, ist die Übertragunsgeschwindigkeit 300 mal schneller.
Komfort, Kosten und Funktionalität von SPE bieten einen kostengünstigen Zugang für die Migration oder den schrittweisen Einsatz von SPE in einer industriellen Umgebung. Die Technologie ist auf die Ausweitung der Datenerfassungsfunktionen auf viel mehr Edge-Geräte ausgerichtet, für die ein schneller Datenzugang bisher unerschwinglich war. Die Panduit-M8-Steckverbinder gemäß MICE2/3-Klasse beispielsweise bieten die hohe Schutzart IP 67 gegen Staub sowie Wasser. Da die Pin-Kodierung identisch ist mit bestehenden Sensor- und Feldbussystemen, wird der Umstieg im industriellen Umfeld wesentlich erleichtert.
Fazit
Der Siegeszug des Internets der Dinge hängt stark von einer kosteneffektiven Technologie in Verbindung mit kostengünstigen Sensoren ab, um die Durchgängigkeit sowie die Skalierung voranzutreiben. Automatisierungs-Massenprodukte werden sich wahrscheinlich zuerst ändern, während spezialisierte Geräte mit älteren Protokollen länger brauchen bis sie ersetzt werden. Wenn Anwender den Wettbewerbsvorteil durch SPE realisieren, dann wird die Implementierung der zugehörigen Geräte drastisch zunehmen und durch die Konvergenz auf Ethernet die Komplexität des Netzwerks reduziert.
Panduit GmbH, Bad Schwalbach
Bild: Panduit
Single Pair Ethernet: Anwendungen
- Anschluss von Skid- und Maschinen-E/A-Blöcken zum Ethernet-Netzwerk
- Verbindung maschineninterner Geräte an einen maschineninternen oder zellularen industriellen Netzwerk-Switch
- Anschluss von Feldsensoren und Aktoren an industriellen Netzwerk-Switch über Punkt-zu-Punkt oder strukturierte Kabel-Link-Kanäle, beides mit Längen bis zu 1 km (also weit über der aktuellen 100 m Grenze)
- Verbindung von Feldgeräten mit eingebetteten 2-Kanal-Schaltern in einer Daisy-Chain
- Verbindung von Remote-I/O-Modulen untereinander, mit dem Netzwerk-Switch oder mit der Steuerung
- Anschluss von Schaltschrank-Einbaugeräten untereinander über ein einzelnes Kabel in Multi-drop Topologie (10BASE-T1S)
Single Pair Ethernet: Vorteile
- Nahtlose Netzwerke mit hoher Transparenz von der Cloud bis zum Edge-Gerät
- Erhöhte Bandbreite am Netzwerkrand für die Implementierung erweiterter Diagnosemöglichkeiten
- Vereinfachung von Edge-Netzwerken durch den Wegfall von Protokollübersetzungs-Gateways
- Transformation und Vereinfachung der Gleichstrom-Infrastruktur für Steuerungen
- Verbesserung der Cyber-Sicherheit durch die Erweiterung der IT-Angriffsabwehr-Technologien in die Fertigung
- Verbindung von miniaturisierten Micro-IoT-Geräten
- Geringere Total Cost of Ownership (TCO)