Im Kundenservice findet man auf verschiedenen Homepages – meist poppt der Chat beim Laden der Seite auf – sogenannte „Experten“, die einem bei Produktinformationen oder Problemen helfen wollen. Dahinter steckt heutzutage meist eine Maschine, ein sogenannter Chatbot. Im Prinzip ist ein Chatbot nichts anderes als ein Computerprogramm, das künstliche Intelligenz (KI) und natürliche Sprachverarbeitung (NLP) nutzt, um Kundenfragen zu verstehen und darauf zu antworten.
Chatbots fallen unter Conversational AI und basieren in der Zwischenzeit auf generativer künstlicher Intelligenz (Generative Artificial Intelligence GenAI), der neuesten Form der künstlichen Intelligenz.
Enormes Potenzial
GenAI hat ein enormes wirtschaftliches Potenzial: Laut einer aktuellen McKinsey-Studie könnten GenAI-Technologien einen jährlichen Produktivitätszuwachs von 2,6 bis 4,4 Billionen US-Dollar ermöglichen. Zur Einordnung: Das entspricht in etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Großbritannien! Etwa 75 % davon entfallen auf stark wissens- und personalbasierte Bereiche wie Kundenservice, Marketing, Softwareentwicklung und F&E.
Oder wie es Gérard Richter, Senior-Partner im Frankfurter McKinsey-Büro und Leiter von McKinsey Digital in Deutschland und Europa, ausdrückt: „Die zunehmende Entwicklung von GenAI eröffnet eine neue Ära der technologischen Innovation. GenAI ist ein Hilfsmittel, um die Produktivität zu steigern und das globale Wirtschaftwachstum anzukurbeln.“
Technologie der Zukunft
Quantensprung, Technologie der Zukunft, 5. industrielle Revolution: Egal wie wir es bezeichnen, künstliche Intelligenz wird unser Leben verändern – und hat es schon. Machine Learning und Deep learning automatisieren und optimieren weltweit Prozesse in allen Branchen. Jetzt überrollt uns mit GenAI die nächste Generation von KI, die auf diesen Technologien beruht.
Was das genau ist? Fragen wir doch einfach mal einen Experten in Sachen künstlicher Intelligenz: ChatGPT, was bist Du? „Ich bin ChatGPT, ein KI-basiertes Sprachmodell, entwickelt von OpenAI. Meine Bezeichnung „GPT“ steht für „Generative Pre-trained Transformer“. Ich wurde auf Basis der GPT-3.5-Architektur trainiert, die auf einem tiefen neuronalen Netzwerk mit 175 Milliarden Parametern beruht. Als Sprachmodell kann ich natürliche Sprache verstehen und generieren. Mein Training umfasst große Mengen an Texten aus unterschiedlichen Quellen, darunter Bücher, Artikel, Websites und mehr. Ich kann Fragen beantworten, Unterstützung bieten, Konversationen führen, Texte verfassen und vieles mehr. Meine Fähigkeiten basieren auf dem Mustererkennungsvermögen, das ich durch mein Training entwickelt habe.“
Verschiedene Einsatzbereiche generativer künstlicher Intelligenz
Die McKinsey-Studie sieht vor allem in den Bereichen Interaktion mit Kunden, Erstellung von Inhalten und dem eigenständigen Generieren von Softwarecode auf der grundlage natürlicher Sprachanweisungen mit generativer künstlicher Intelligenz Potenzial. So könnte die Kommunikation mit Kunden wie beim Persil-Chatbot in Zukunft nur noch via Internet über Conversational AI erfolgen. Der Vorteil: Der Chatbot ist immer einsatzbereit. Man kann ihn jederzeit ohne lästige Wartezeiten befragen. Der freundliche Persil-Geselle gibt darüber hinaus allgemeine Tipps und Informationen zu den Persilprodukten.
Conversational AI kann aber nicht nur schriftform. Analog zum Persil-Chatbot lassen sich auch Telefon-Bots generieren, die mit Kunden in allen Sprachen plaudern, Tipps geben und beraten können. Wir kennen solche Audio-Chatbots auch aus dem häuslichen Bereich: „Alexa, spiel Rockmusik.“ Auch hinter diesen Audio-Chatbots steckt heute künstliche Intelligenz: Auf die Frage „Wie ist das Wetter heute?“ antwortet die KI: „Starker Regen wird erwartet, bitte fahren Sie rechtzeitig mit dem Auto zur Arbeit.“
Verändertes Arbeitsleben
Generative KI wird in Zukunft vor allem das Arbeitsleben gut ausgebildeter Berufsgruppen verändern. So prognostiziert die GenAI-Studie von McKinsey für Arbeitnehmer mit einem abgeschlossenen Studium oder einer Promotion ein theoretisches Automatisierungspotenzial von bis zu 57 %. Gegenüber bisherigen Schätzungen zu künstlicher Intelligenz hat GenAI damit das mögliche Potenzial um mehr als verdoppelt. Bei Tätigkeiten, die keinen Studienabschluss erfordern, ist der Effekt durch GenAI dagegen nur minimal. Christoph Sporleder, Leiter von QuantumBlack in Deutschland: „Das Bild, dass nur manuelle Tätigkeiten automatisiert werden, dreht sich gerade.“
Damit ist GenAI auch im Management angekommen. Laut Studie ergab sich ein zusätzliches Automatisierungspotenzial von jeweils 34 % für Management-Tätigkeiten und Wissensarbeit bzw. die Anwendung von Fachkenntnissen auf Entscheidungsfindung, Planung und kreative Aufgaben.
Vertrauenswürdige KI
Bleibt noch die Frage nach der Sicherheit. „Führungskräfte in Wirtschaft und Gesellschaft stehen noch vor erheblichen Fragestellungen“, sagt Richter. Dazu gehören unter anderem das Management der mit GenAI verbundenen Risiken. Seit HAL 9000 in Stanley Kubriks Film „2001: Odyssee im Weltraum“ aus dem Jahre 1968 wissen wir, dass eine KI ein komplexes Wunderwerk der Technik ist und – zumindest in Science-Fiction-Filmen – ein Eigenleben entwickeln kann. Übrigens: HAL 9000 wird in der ewigen Rangliste der filmischen Superschurken auf Rang 13 geführt (der Joker nur auf Platz 45). Aber das nur so am Rande. Aber genau durch die Konsumierung filmischer oder literarischer Geschichten wie dieser entsteht bei uns eine gewisse Skepsis gegenüber der Technologie. Darüber hinaus verstehen viele von uns einfach nicht, wie KI-Technologien funktionieren. Kann ich einer Maschine trauen, die mit mir spricht? Und was macht die Maschine mit den Daten, die ich ihr anvertraue?
Ein Problem, das auch die Politik und Wissenschaft erkannt hat. Wenn KI in der breiten Bevölkerung akzeptiert werden soll, muss sie vertrauenswürdig sein. Besonders weit ist dabei bereits die KI-Verordnung der Europäischen Union, die 2024 in Kraft treten soll. Übergeordnetes Ziel ist es, geeignete Rahmenbedingungen und Schutzstandards für den KI-Einsatz zu gewährleisten, die im Einklang mit den Europäischen Grundrechten stehen. Die Verordnung reguliert dabei umso strenger, je größer das Risiko eines KI-Systems ist. In der Verordnung sind vier Risikostufen vorgesehen: Verbote, Qualitätsanforderungen an Hochrisiko-KI-Systeme, Kennzeichnungspflichten und freiwillige Selbstverpflichtung.
Warum dies wichtig ist, zeigte ein Versuch von Wissenschaftlern 2022: Statt Moleküle zu generieren, die in der Pharmazie zur Heilung eingesetzt werden können, gaben die Wissenschaftler der KI den gegenteiligen Befehl. Das Ergebnis: 40 000 toxische Verbindungen wurden in nur sechs Stunden von der KI generiert. Ob diese sich jemals synthetisieren lassen, sei mal dahingestellt. Aber das Beispiel zeigt, man KI zum Guten, aber auch zum Schlechten verwenden. Daher ist Regulierung so wichtig.
Fazit
Künstliche Intelligenz ist hilfreich, hat aber auch ihre Tücken. Vor allem GenAI hat großes Potenzial und wird vielerorts das Berufsleben verändern – auch meines. Auch wenn ChatGPT beim Verfassen dieses Artikels keine große Hilfe war. Sein Wissensschatz ist derzeit auf die Jahre bis 2021 beschränkt. Die aktuelle McKinsey-Studie kannte die GenAI daher nicht und auch die wissenschaftlichen Experimente aus dem letzten Jahr waren ihr noch fremd. Dafür konnte sie hilfreiche Informationen zu HAL 9000 beitragen. Und letztendlich hat ChatGPT gewusst, was es ist und was nicht: „Es ist wichtig zu beachten, dass ich kein bewusstes Wesen bin und kein eigenes Verständnis oder Bewusstsein habe.“ Das beruhigt doch alle Weltuntergangsfanatiker etwas – hoffentlich.
Wie ist Ihre Meinung? Nutzen Sie schon generative künstliche Intelligenz? Schreiben Sie mir eine Mail an bernd.rademacher@konradin.de oder nutzen Sie das untenstehende Formular. Ich bin auf Ihre Antworten gespannt.
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