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Der Pumpenhersteller Grundfos bietet nicht nur Services zur Wartung und Reparatur an, sondern erarbeitet darüber hinaus zusammen mit dem Betreiber Lösungen zur Anlagen- und Prozessoptimierung. cav sprach mit Stefan Klinger, Leiter der Service-Organisation D-A-CH von Grundfos, über moderne Strukturen und neue Konzepte.
Herr Klinger, Sie werden mit der Aussage zitiert, dass die Services ein entscheidender Wettbewerbsfaktor für Grundfos seien. Worauf gründet diese Überzeugung?
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Die Überwachung von Pumpen in industriellen Prozessen ist weit mehr als eine reine Schutzmaßnahme für das Pumpenaggregat. Neben der präventiven Wartung und...
Klinger: Da spielen mehrere Aspekte eine Rolle. Unser Anspruch als Weltmarktführer ist, mehr als nur gute Produkte anzubieten. Überzeugende Services sind aus meiner Sicht die Basis einer stabilen Partnerschaft zum Kunden. Und zufriedene Kunden sind eher für einen Neukauf zu gewinnen. Deshalb bin ich zutiefst davon überzeugt, dass unser Service den Verkauf nachhaltig unterstützt. Das schließt natürlich nicht aus, dass wir mit unseren Serviceleistungen selbst einen nennenswerten Beitrag zum Umsatz und Ertrag des Unternehmens leisten wollen: Im August 2015 hat eine Bain-Studie – ein Benchmarking von 45 europäischen Industrieunternehmen – einmal mehr gezeigt, dass Unternehmen durch die Services ihr Gesamtergebnis spürbar steigern. Firmen mit hohem Serviceanteil erreichen demnach auch eine überdurchschnittliche Marge für das Gesamtunternehmen. Das liegt nach meiner Überzeugung nicht zuletzt daran, dass Serviceprozesse im Gegensatz zur reinen Pumpentechnik deutlich schwerer zu kopieren sind. Hinzu kommt: Niemand ist so nah beim Kunden wie unser Service. Hier hören wir die Stimme des Kunden besonders eindringlich – und können unseren Entwicklungsabteilungen ungefiltertes Feedback geben.
Was sagt Ihnen die „Stimme des Kunden“ konkret?
Klinger: In der chemischen bzw. pharmazeutischen Produktion sind derzeit zwei Entwicklungen zu beobachten, die auch unsere Services beeinflussen: Kontinuierliche Verfahren und die Modularisierung – beides mit dem Ziel, die Produktion zu beschleunigen, die Qualität zu verbessern und Nebenprodukte zu verringern. Mit Blick auf die hier einzusetzenden Pumpen bedeutet das die Forderung nach einer hohen Flexibilität. Die Möglichkeit zu einer Drehzahlanpassung per Frequenzumrichter ist ein Must-have, ebenso die Einbindung des Pumpensystems per Bus & Co. Die jeweils geeignete Konfiguration zu finden, ist nicht trivial, es gibt nahezu immer mehrere Wege zur Lösung einer Aufgabenstellung. Deshalb ist es so wichtig, dass der Hersteller dem Kunden einen Berater mit Branchen-Stallgeruch zur Seite stellen kann.
Sie sprechen von grundsätzlich neuartigen Service-Strukturen. Wie sehen die aus?
Klinger: Es klingt banal, ist aber essenziell: Der Kundendienst muss telefonisch gut erreichbar sein. Da benötigt ein Anlagenbauer Hilfestellung bei der Anlagenkonfiguration, möchte ein Planer rasch eine Verständnisfrage klären. Jeden Tag wird das D-A-CH-Service-Center von eingehenden Anrufen aus allen Kundensegmenten – industrielle Endkunden, Wassermeister, Großhändler, Techniker und Servicepartner – mit vielfach einfach zu lösenden und immer wiederkehrenden Fragestellungen konfrontiert. Diese Flut in die richtigen Bahnen zu lenken, das übernehmen mittlerweile Mitarbeiter des sogenannten 1. Level Helpdesk. Sie beantworten wiederkehrende einfache technische Routinefragen, bestellen Ersatzteile und kennen auch deren Preis und Lieferzeit. Darüber hinaus registrieren sie Service- oder Reparaturanfragen, sammeln Wünsche zu Serviceangeboten und nehmen auch allgemeine Serviceanfragen zu Beschädigungen oder Ausfällen auf. Können die Mitarbeiter des 1. Level Support dem Kunden nicht direkt helfen, leiten sie den Anruf an einen Service-Experten weiter – das ist der sogenannte 2. Level Support. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Pumpenspezialisten haben mehr Zeit für die Fokussierung auf Expertenfragen und müssen sich weniger um grundlegende Rückfragen und einfach zu lösende Anfragen kümmern.
Grundfos thematisiert die sogenannte User Experience – die Anwendererfahrung oder das Markenerlebnis. Wie sehr beeinflusst der Service diese User Experience?
Klinger: Der Kunde soll Grundfos als Unternehmen wahrnehmen, das nicht nur Premium-Produkte offeriert, sondern dem Betreiber in allen Aspekten des Produkteinsatzes Nutzen bietet. Dienstleistungen und Services spielen beim Thema Anwendererfahrung aus naheliegenden Gründen eine hervorgehobene Rolle. Wir sehen hier gute Chancen, die Bindung zum Kunden zu stärken, dessen User Experience zu Grundfos breiter aufzustellen. Deshalb sind wir sehr daran interessiert, die Kommunikationskette zum Kunden zu optimieren. Wir wollen für den Auftraggeber transparenter werden, wollen ihm ein ständiges Update geben – darüber, was wir tun und wann wir kommen, wann der Auftrag erledigt wird und natürlich auch darüber, was wir konkret getan haben. Am Ende des Tages soll der Kunde schon bei der ersten Anfrage konkret erfahren, was der Service ihn kosten wird – und das nicht herausgelesen aus einer Tabelle mit Pauschalpreisen, sondern auf der Basis seiner Anfrage. Konkret: Wir wollen für den Kunden im Wortsinne berechenbarer werden. Das bedeutet auch, dass er von uns Alternativen aufgezeigt bekommt – und er selbst wählt dann die aus seiner Sicht optimale Lösung aus. Wir haben zudem eine mobile Datenlösung mit direkter Anbindung an SAP geschaffen, die es unseren Servicetechnikern ermöglicht, auf alle für einen Arbeitstag erforderlichen Daten papierlos zuzugreifen. Gleichzeitig können beim Einsatz vor Ort Fotos zur Belegsicherung erstellt, Serviceberichte erfasst, Ersatzteilverbräuche dokumentiert und Fahrt- und Arbeitszeiten beim Kunden hinterlegt werden. Die mobile Lösung sieht vor, dass der Techniker die Daten nur einmal erfasst. Bei der nächsten automatischen Synchronisierung werden alle Daten an SAP zurückgegeben. So erhält der Auftraggeber noch am Abend des Serviceeinsatzes per E-Mail den elektronisch erstellten Bericht.
Wie schaut es aus mit den Pump Audits – nimmt das Interesse zu oder ab?
Klinger: Bei einem Pump Audit können wir auf Basis der Analyse relevanter Systemparameter wie Fördermenge, Förderhöhe und Energieverbrauch (bei Heiz- bzw. Kühlanlagen zusätzlich noch die Differenztemperatur zwischen Vor- und Rücklauf) genaue Aussagen über die Wirtschaftlichkeit der Anlagen treffen. Damit ist ein Vergleich mit einem neuen Pumpensystem möglich – und entsprechend der individuellen Systemanforderungen kann dann das für den Betreiber effizienteste System ausgewählt werden. Die vielen Pump Audits, die von unseren Service-Spezialisten in den letzten Jahren durchgeführt wurden, zeigen, dass durch den Einsatz effizienter und neuer Technologien ein Einsparpotenzial von oft 50 %, in der Spitze bis 80 % realisierbar ist. Das Interesse an Pump Audits ist grundsätzlich da, allerdings führen sinkende Energiepreise für industrielle bzw. kommunale Großabnehmer zu einer verlängerten Amortisation, weshalb die ökologisch sinnvolle und trotzdem wirtschaftlich rechenbare Neuinvestition oft in den Hintergrund gedrängt wird. Viele Kunden sagen auch schlicht und ergreifend, dass sie ein funktionierendes System niemals stören würden (Never change a running system). Beim Pump Audit geht es als grundsätzliche Philosophie im Übrigen nicht allein darum, betagte Aggregate durch Hocheffizienzpumpen zu ersetzen. Bei komplexeren Anlagen spielen weitere Aspekte und Komponenten eine entscheidende Rolle, beispielsweise extern montierte Frequenzumrichter, moderne Überwachungstechnik (Sensorik) und Integration in die Leitsysteme. Interessant ist ein Pump Audit auch hinsichtlich der Anlagenoptimierung: Eine veränderte Verschaltung und Steuerung von Pumpen kann – bei gleicher Leistungserfüllung – den Energiebedarf deutlich senken, in manchen Fällen reduziert sich sogar die Zahl der benötigten Pumpen. Sie sehen: Effizienz ist mehr als Stromsparen.
Wagen Sie einen Ausblick – wo sehen Sie weiteres Potenzial für den Grundfos-Service?
Klinger: Derzeit liegt der Umsatzanteil der Services am Gesamtumsatz von Grundfos Deutschland bei rund 8 % – das wird sich meiner Überzeugung nach in den kommenden Jahren auf 15 % erhöhen. Dabei geht es nicht nur um die klassische Wartung, um Ausfällen vorzubeugen. Den zusätzlich erwarteten Umsatz sehe ich beispielsweise mit dem Angebot, die Programmierung installierter Pumpensysteme auf möglicherweise andere Anlagenverhältnisse und/oder die veränderte Nutzung zu adaptieren.
www.prozesstechnik-online.deSuchwort: cav0816grundfos
„Wir optimieren die Kommunikationskette zum Kunden“
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