Der elektrische Kurzschluss führt in nur wenigen Millisekunden zum massiv erhöhten Stromfluss durch Nieder- und Mittelspannungskabel. Die Stromstärke kann bei solchen Ereignissen bis zu 200 000 A betragen. Der deutliche Stromfluss und das daraus resultierende, gestiegene magnetische Feld um das Kabel, bilden dynamische Kräfte durch die Wechselwirkung von 50 Hz. Infolgedessen werden die Kabel in Schwingungen gebracht. Im schlimmsten Fall eines dreiphasigen Kurzschlusses können die magnetfeldinduzierten Stoßkräfte zwischen den Kabeln bis zu 45 000 N betragen und sich innerhalb von 1/100 s entwickeln. Erhebliche Schäden können entstehen, bevor die Schutzschalter auf den Kurzschluss auslösen können.
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Solche dynamischen Kräfte werden von den Kabelschellen und dem dazugehörigen Kabeltragsystem absorbiert. Die Kabelschellen, die auf dem Tragsystem befestigt sind, verhindern, dass sich einzelne Kabel durch die Schwingungen losreißen und Anlagenteile sowie die Elektroinstallation Schaden nehmen können. Dennoch wird leider in neuen oder bestehenden Anlagen nach dem scheinbar schnellen, aber schlechten Weg gesucht, Kabel zu befestigen. Als strukturmechanische Lösung schützen die Kabelschellen von Panduit bei Kurzschlüssen und erhöhen so die Anlagensicherheit.
Entwicklung gemäß IEC 61914:2015
Das Thema gewinnt seit der internationalen Norm IEC 61914:2015 (deutsche Fassung DIN EN 61914:2016) für Kabelhalter für elektrische Installationen an Bedeutung. Die IEC definiert die Kabelschelle als eine Komponente, die Kabel sichert, wenn sie in festgelgten Abständen entlang der Kabellänge angebracht sind. Anders formuliert: Das Ziel ist, statisch ruhende und dynamische Kräfte aufzunehmen und die Stromleitungen fest an Ort und Stelle zu halten. Zudem sollen die Leitungen bei Kurzschluss unbeschädigt bleiben, damit sich die gesamte Anlage wiedereinschalten und weiternutzen lässt.
Die Norm dokumentiert zudem sehr genau den Prüfaufbau, der den Widerstand gegenüber elektromechanischen Kräften simuliert und wie man darauf basierend die Kräfte an Leitungen und Kabelhalter berechnen kann. Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Panduit nutzt ein modernes Simulationsprogramm um zu erkennen, wie sich die elektromagnetischen Kräfte bei einem Kurzschluss entwickeln und welche Materialzusammensetzung der Kabelschellen geeignet ist. Die virtuelle Betrachtung bereitet ideal auf die die Prüfung gemäß IEC 61914:2015 vor. Erst nach der Simulation am Computer werden die Komponenten in einem zertifizierten Labor realen Kurzschlusstests unterzogen, um zu bestätigen, dass sie diesem Standard entsprechen.
Mit moderner Simulationssoftware modellieren die Forschungs- und Entwicklungstechniker von Panduit so den dynamischen 3-Phasen-Wechselstrom-Kurzschlusstest. Der virtuelle Versuch findet über einen Zeitraum von einer Zehntelsekunde statt (siehe IEC 61914:2015). Die Simulation verdeutlicht, dass Bauteile Geschwindigkeiten von mehr als 50 m/s entwickeln, Materialien sich stark verformen und insgesamt katastrophale Ausfälle und Schäden folgen können. Die Ergebnisse der Simulationsentwicklung sind:
- Anpassung der Steifigkeit, Streckgrenze und Masse von soliden Kupferleitern für den Einsatz unter den möglichen Temperaturbedingungen der Leitungen
- Entwicklung von Materialmodellen mit hoher Dehnungsrate für jede Komponente
- Einbeziehung der elektromagnetischen Simulation
- Entwicklung eines mathematischen Modells mit 30 Variablen, mit dem der Algorithmus für die verschiedenen Koeffizienten ermittelt wird
- Entwicklung von Kriterien für den Verschleiß von Elementen, um die Simulation von physischem Versagen zu ermöglichen
- Erfolgreiche Verifizierung in frühen Tests
Zertifizierung in Testzentren
Die Kabelschellen werden in Testzentren vom Prüfinstitut Kema Labs zertifiziert. Dabei liegen die Spitzenwerte des Kurzschlussstroms sehr nahe an denen der Simulation. Außerdem werden folgende Bereiche in den realen Test einbezogen:
- Temperaturbereich von –60 bis +120 °C
- Beständigkeit gegen Flammenausbreitung analog der UL 94
- Prüfung der seitlichen Belastung bei Höchsttemperatur
- Prüfung der axialen Belastung bei Höchsttemperatur
- Schlagfestigkeit bei Mindesttemperatur
- Korrosions- und UV-Beständigkeit
- Beständigkeit gegen elektromechanische Kräfte
In wiederholten Simulationen wurden Konstruktionsänderungen überprüft und ein Spitzenstrom-Zertifizierungsniveau ermittelt. Zusammenfassend ließen sich der Prototyp- und Testzyklus erheblich reduzieren.
Verschiedene Ausführungen
Die IEC-konformen Kabelschellen von Panduit variieren in Größe, Design und Materialien und eignen sich für unterschiedlichste Applikationen in prozesstechnischen Anlagen. Als Werkstoffe stehen Aluminium, Kunststoff sowie Edelstahl 316/316L zur Auswahl. Dabei besitzen die Edelstahl-Kabelschellen gefalzte und abgerundete Kanten, damit sie die Kabel nicht beschädigen. Die Schnalle verfügt über eine eigene Kabelaufnahme und kann Kabel in Vierer- und Kleeblattformation sowie mehradrige Kabel aufnehmen. Wenn die Kabel verlegt sind, kann man die Kabelschelle über eine Montagehalterung befestigen. Die Halterung lässt sich mit einem handbetriebenen Ratscheninstallationswerkzeug oder einem Werkzeug zum Festziehen einer Spannschraube spannen und ablängen.
Die Bänder werden häufig zusammen mit einer zwischen Band und Kabel eingesetzten Dämpfungsmanschette verwendet, die zusätzlichen Schutz bietet. Zudem ist für die Edelstahl-Kabelbinder eine Kunststoffschnalle erhältlich neben verschiedenen Befestigungshaltern. Beispielweise erhält man die Edelstahl-Kabelschellen für Kabeldurchmesser von 12 bis 86 mm in Breiten von 12,7 bis 19,1 mm für Kurzschlussströme von 45 bis 188 kA. Selbstverständlich sind professionelle Werkzeuge für die fachgerechte und schnelle Installation erhältlich.
Panduit GmbH, Schwalbach am Taunus
Autor: Martin Kandziora
Senior Manager Marketing EMEA,
Panduit