Auch im Gefahrenbereich müssen Steuerungen und Komponenten mit Strom versorgt werden? Wie sieht die Lösung von Wago aus?
Die Überwachung von Pumpen in industriellen Prozessen ist weit mehr als eine reine Schutzmaßnahme für das Pumpenaggregat. Neben der präventiven Wartung und...
Benjamin Böhm: In der Vergangenheit haben wir mit der Eco-Serie Stromversorgung für den Ex-Bereich angeboten. Diese Geräte sind entsprechend zertifiziert für den Einsatz in Zone 2 und haben das Hazloc-Approval, das nordamerikanische Äquivalent zur Atex-Zertifizierung. Mit der Einführung der neuen Serie Pro 2 haben wir den Funktionsumfang der Stromversorgungseinheiten deutlich erweitert. Pro 2 ist unser Flaggschiff im Bereich der Stromversorgungen. Als erste Ex-Zulassung haben wir nun das Hazloc-Approval erhalten. Und wir werden auf jeden Fall mit Atex und IECEx nachziehen.
Welche Funktionen bietet die Stromversorgung Pro 2, die über die der Eco-Serie hinausgehen?
Böhm: Die Pro 2 bringt grundsätzlich einen sehr hohen Wirkungsgrad bis 96,3%, so ließe sich einiges an Energie einsparen, wenn ich meine Remote-I/O-Systeme in der Anlage mit dieser Stromversorgung ausrüste. Zudem gibt es aufsteckbare Kommunikationsmodule, die ebenfalls über ein Hazloc-Approval verfügen. Das heißt, man kann die Stromversorgung im Ex-Bereich mit den Kommunikationsmodulen nutzen und kann über das Kommunikationsmodul viele Livedaten der Stromversorgung direkt auslesen und nutzbar machen. Das macht insbesondere für die vorbeugende Wartung Sinn. Das Kommunikationsmodul unterstützt IO-Link sowie ethernetbasierte Protokolle wie Modbus-RTU, Modbus TCP und Modbus-UDP. Man kann jetzt also eine kommunikationsfähige Stromversorgung direkt ans Remote-I/O-System bringen und hat alle Vorteile aus dem Non-Ex-Bereich nun auch im Ex-Bereich. Mit Pro 2 wird ein energieeffizientes, dreiphasiges 20-A-Gerät direkt in der Zone 2 als Stromversorgung nutzbar.
Wie werden die Kommunikationsmodule an der Stromversorgung angebracht?
Böhm: Das gewünschte Kommunikationsmodul kann mit dem Gerät mitbestellt und auf eine Schnittstelle an der Front aufgerastet werden. Es ermöglicht eine permanente Feldbuskommunikation und hält den Anwender über alle wichtigen Status-Infurmationen und Daten auf dem Laufenden. Das gängigste Protokoll ist aktuell Modbus TCP. Die Gerätedaten werden ausgelesen und in unserer Steuerung oder in Fremdsteuerungen eingespielt. In Edge Devices können die Daten direkt verarbeitet und zur Analyse dann in die Cloud geschickt und für die weitere Nutzung, z. B. eine vorbeugende Wartung, genutzt werden.
Welche Ex-Zulassungen hat die Stromversorgung Pro 2?
Böhm: Das Hazloc-Approval der Pro-2-Geräte ist eine Class I Div. 2, Group A, B, C, D. Das bedeutet, die Zulassung gilt für Bereiche, in denen nur selten und kurzzeitig mit explosionsfähigen Luft-Gas-Gemischen zu rechnen ist. Bei der Atex-Zulassung wird angestrebt, dass die Geräte entsprechend für Zone 2 zugelassen sind. Die Stromversorgungen sind in der Schutzart Ex ic für Zone 2 gemäß der IEC/EN 60079–11 ausgeführt. Hinzu kommt die DNV-GL-Zertifizierung. Diese bestätigt unter anderem die Unempfindlichkeit der Geräte gegenüber Vibration, Erschütterungen und Schock. Somit können sie auch im rauen Offshore-Bereich eingesetzt werden.
Ein Hauptfokus bei der Entwicklung der Pro-2-Stromversorgung waren u. a. Offshore-Anwendungen mit Ex-Bereichen in der Öl- und Gasindustrie und auf schwimmenden Gasaufbereitungsanlagen, FPSOs, etc. Weitere Einsatzbereiche sind bspw. Raffinerien und Chemieanlagen. Die wahlweise erhältliche Schutzlackierung erhöht hier die Beständigkeit gegen Korrosion durch Schadgase und ist gemäß Standard ISA G3 geprüft.
Sind die Module schon im Einsatz, auch vielleicht in einer Demonstrationsanlage?
Böhm: Eine Anlage mit den neuen Modulen geht in den Bereich Maschinenbau und ist dort für die Aerosolabfüllung vorgesehen. Bislang wurden die Eco-Module in der chemischen Industrie eingesetzt, z. B. zur Versorgung unserer ebenfalls für Zone 2 zugelassenen Remote-I/O-Systeme in Destillationsanlagen. Hauptfokus der Pro-2-Geräte wird ebenfalls die chemisch-pharmazeutische Industrie sein, insbesondere Öl- und Gasindustrie und Petrochemie, eben überall da, wo Explosionsschutz in Anlagen zum Tragen kommt.
Kann ich ein Eco-Modul dann 1:1 mit der Pro 2 ersetzen? Und macht das überhaupt Sinn?
Böhm: Das kann in manchen Anwendungen Sinn machen. Gerade die Kommunikationsfähigkeit macht den Einsatz der Pro-2-Geräte interessant, da man ohne großen Aufwand viele Live-Daten der Anlage in der Steuerung zur Verfügung hat. Die Geräte lassen sich einfach auswechseln. Bislang nur 24-V-Geräte. Die Serie wird aber noch ausgebaut, sodass wir dann auch auf 12- und 48-V-Geräte mit entsprechender Ex-Zulassung zurückgreifen können.
Wie werden Support und Wartung der Komponenten weltweit realisiert?
Böhm: Wago hat neun Produktionsstandorte weltweit. Mit dem Hauptsitz in Minden, unserem dort ansässigen Supportteam und dem zentralen Logistiklager in Sondershausen sind wir für die Anfragen unserer Kunden gut gerüstet. Darüber hinaus sind wir mit 22 Vertriebsgesellschaften weltweit sehr gut aufgestellt und unsere Distributoren stehen ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite, sollte es Probleme geben mit den Geräten oder Unterstützung bei der Inbetriebnahme gefragt sein, egal ob in Singapur, Brasilien, Australien oder Afrika.
Wasserstoffanlagen erfordern ebenfalls explosionsgeschützte Komponenten. Sind die Wago-Komponenten auch für diese Anwendungen geeignet?
Böhm: Ja. Wir sind bei einigen Pionieren der Branche schon lange mit unseren Ex-Komponenten vertreten. So richtig Schwung hat das Thema Wasserstoff aber eigentlich erst durch die letzten politischen Entscheidungen bekommen, den CO2-Ausstoß in den nächsten Jahren drastisch zu reduzieren. Wago arbeitet aktiv in einigen Arbeitskreisen mit an diesem Thema. Es sind aktuell noch Fragen offen, die sich z. B. um die Prozesse drehen oder den Transport betreffen. Wie werden Anlagen skalierbarer? Wie bekomme ich die Prozesse effizienter gestaltet etc.? Wago-Technik ist hauptsächlich in Elektrolyseuren im Einsatz, insbesondere unser Remote-I/O- und Steuerungssystem 750 XTR, aber auch die Eco-Stromversorgungen, Reihenklemmen etc. Mit dem XTR-System können wir sogar einen Temperaturbereich von -40 bis +70 °C abdecken.
Was werden wir auf der Achema 2022 zu sehen bekommen?
Böhm: Auf jeden Fall werden wir auf das System I/O Field eingehen. I/O Field ist ein sehr flexibles System in Schutzart IP 67. Es integriert schnelle, Ethernet-basierte Feldbusse sowie Technologien wie IO-Link, OPC UA, Bluetooth und Webserver und unterstützt zudem das Kommunikationsprotokoll MQTT, um zum Beispiel die direkte Anbindung an eine Cloud zu ermöglichen.
Darüber hinaus wird es mehr zum Thema Digitalisierung, Edge Computing, Analyse, Cloud Connectivity und Cyber Security zu sehen geben. Im Klemmenbereich hatten wir für unsere klassische Verbindungsklemme 221Ex bereits auf der letzten Achema schon leicht die Tür aufgestoßen zum Ex-Bereich. Und dann wird alles zu sehen sein, was neu ist zum Thema Stromversorgung, insbesondere die Pro 2. Aber es wird auch zur Eco-Stromversorgung etwas Neues geben.Und ich freue mich, genauere Details auf der Messe mit unseren Kunden besprechen zu können.
Lässt sich das I/O-System Field ebenfalls im Ex-Bereich einsetzen?
Böhm: Nein. Mit der Zunahme modularer Konzepte wird natürlich auch die Notwendigkeit kommen, im Ex-Bereich dezentral und schaltschranklos zu automatisieren. I/O Field ist aber bislang noch nicht für den Ex-Bereich aufgestellt. Aber auch in der chemischen und pharmazeutischen Industrie gibt es ja auch viele Bereiche, in denen der Explosionsschutz nicht zum Tragen kommt.
Wago GmbH & Co. KG, Minden
Halle 11.0, Stand C28
DAS INTERVIEW FÜHRTE FÜR SIE Daniela Held
Redakteurin
„Mit der Einführung der Serie Pro 2 haben wir den Funktionsumfang der Stromversorgungseinheiten deutlich erweitert.“