Wie können wir den Transfer von Wissen sicherstellen? Dies war schon vor über zehn Jahren die zentrale Frage für die IGR (Interessengemeinschaft Regelwerke Technik e. V.) und und ein wichtiger Grund für die Gründung des Vereins. Heute zählt er bereits 31 Mitglieder und weitet sich auch über den Industriepark Hoechst hinaus aus. Alle zwei Jahre treffen sich die Mitglieder zu einem zweitägigen Erfahrungsaustausch, dieses Mal unter dem Motto „Technisches Wissensmanagement in der Prozessindustrie.“
Am ersten Tag der Veranstaltung ging es unter anderem um Strategien zur Nachrüstung von Industrie 4.0 für Brownfield-Anlagen. Die Prozessindustrie sucht, z. B. für den Ethernet-Standard, noch nach einer optimalen Zweidraht-Lösung, während in der Fertigungsindustrie bereits 30 verschiedene echtzeitfähige Produkte zum Vernetzen von Daten erhältlich sind. In seinem Vortrag betonte ein Referent, dass Daten ohne Kontext wertlos seien und Kontext Standards brauche. Der digitale Zwilling einer Anlage sei nur nützlich, wenn er die Gesamtheit der Anforderungen abbilde. Additive Fertigung als neuer Impulsfaktor und der Wandel der Arbeitswelt durch die zunehmende Digitalisierung waren weitere Fokusthemen.
Am zweiten Tag gab es Vorträge und Diskussionen zu den vier Themenfeldern der IGR-Kompetenzcenter: EMR-Technik, Mechanik & Verfahrenstechnik, Prozesssicherheit und Werkstofftechnik. EMR-Themen beschäftigten sich mit der Einführung der neuen VDI/VDE 2180 für die Planung und den Betrieb von PLT-Sicherheitseinrichtungen in Prozessanlagen, die Stördatenauswertung aus Sicht der funktionalen Sicherheit, Cyber-Security, automatisierte Rückdokumentation bei Gerätetausch und die 5G-Technologie. Im Bereich Mechanik & Verfahrens- und der Werkstofftechnik ging es unter anderem um Armaturenklassen in neuen europäischen EN-Rohrklassen-Systemen, die Herstellung von Auffangräumen und Dichtflächen in Lager- und Produktionsstätten.
Im Rahmen der Veranstaltung erhielt Anne-Christine Bern, Mitarbeiterin des IGR-Mitgliedsunternehmens Siemens AG und tätig im Kompetenzcenter Mechanik und Verfahrenstechnik eine besondere Auszeichnung. Dr. Hartmut Strauss, Mitglied des DIN-Vorstandes, überreichte ihr die goldene DIN-Ehrennadel für den herausragenden und jahrzehntelangen Einsatz für die Normung unter anderem von Flanschverbindungen, von Symbolen für Fliessbilder in Prozessanlagen und für die Umsetzung der TA-Luft.
Zwischen den Vorträgen hatten die Teilnehmenden ausgiebig Zeit, sich auszutauschen und die Vortragsthemen zu diskutieren. Dr. Hans-Jürgen Henkel, stellvertretender Vorstandsvorsitzender, betonte in diesem Kontext das Grundprinzip der IGR: Der Verein helfe „den Mitgliedern, sich gegenseitig zu helfen“. Jedes Mitglied leiste einen Teil der Arbeit, erhalte aber alle Ergebnisse. Etwa 350 Fachleute engagieren sich derzeit in der IGR für nachhaltiges Wissensmanagement und dafür, dass ca. 4000 technische Regelwerke aktiv entwickelt und verfolgt werden.
IGR Interessengemeinschaft Regelwerke Technik e.V., Frankfurt
Autor: Dr. Johannes Jochum
Fachredakteur