Über konstruktive Besonderheiten und Stärken von Kreuzkopfkolbenkompressoren sprach dei mit Jörg-Peter Mehrer, geschäftsführender Gesellschafter der Josef Mehrer GmbH & Co. KG Maschinenfabrik. Er hat das Familienunternehmen 2008 von seinem Vater und dessen Brüdern übernommen.
dei: Herr Mehrer, sind Ihr Vater und Ihre Onkel mit Ihnen zufrieden?
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Jörg-Peter Mehrer: Wie das so ist – mal mehr, mal weniger (lacht). Ich führe das Familienunternehmen in fünfter Generation. Das ist in Deutschland eher selten. Ausufernde Gesellschafterstände und damit zusammenhängende Interessenkonflikte können Familienunternehmen lähmen oder führten in vielen Fällen schon ins Aus. Deshalb habe ich die Firmenanteile von den verschiedenen Familienmitgliedern gekauft, sodass ich nicht nur geschäftsführender Gesellschafter bin, sondern auch die Mehrheit der Anteile halte. Im Vergleich zu anderen Familienunternehmen habe ich es also deutlich einfacher, trage aber auch eine höhere Verantwortung.
dei: Im kommenden Jahr feiert Mehrer das 125. Firmenjubiläum. Nennen Sie bitte wichtige Meilensteine.
Mehrer: Der wichtigste war natürlich die Unternehmensgründung im Jahr 1889. Damals eröffnete mein Ururgroßvater hier in Balingen seine Reparaturwerkstatt für Nähmaschinen und Fahrräder. 1916 begann Mehrer mit der Entwicklung und Herstellung von ölgeschmierten Kolbenluftpumpen, die beispielsweise für die Reinigung von Brauereiausrüstungen genutzt wurden. Etwa 1928 startete man mit dem Bau von ölgeschmierten Kolbenkompressoren. Es folgten ölfreie Kompressoren. Am Endpunkt dieser Entwicklung stehen die ölfreien vertikalen Kreuzkopfkolbenkompressoren wie wir sie heute anbieten.
dei: Sie haben sich auf den Bau von Kreuzkopfkolbenkompressoren spezialisiert. Was ist das Besondere an diesen Verdichtern?
Mehrer: Seit Jahren halten wir das altmodische aber sehr leistungsfähige Kreuzkopf-Verdichterprinzip erfolgreich up to date. Da es sich um ölfrei verdichtende Maschinen handelt, arbeiten sie mit vergleichsweise geringen Drehzahlen und Kolbengeschwindigkeiten. Das macht sie bauartbedingt sehr robust, langlebig und wartungsarm. Wir sprechen hier von Kundendienstintervallen, die je nach Maschine zwischen 8000 und 16 000 Betriebsstunden liegen. Die Anwender solcher Verdichter profitieren in Summe also von einer sehr hohen Maschinenverfügbarkeit. Weitere Vorteile sind die geringen Betriebskosten und der große Temperaturbereich, in dem die Maschinen eingesetzt werden können. Wichtig ist auch der Wirkungsgrad. Hier sind Kolbenmaschinen die effizientesten.
dei: Mehrer hat fünf Kompressorbaureihen im Programm. Welche sind das?
Mehrer: Das sind die Baureihen TEL, TZW, TEW, TRx und TVx. Allerdings wollen wir bis 2015 die TEL- und TZW-Maschinenbaureihen komplett durch unsere neuen Baureihen TRx und TVx ersetzen. TR steht für Trockenlauf-Reihenanordnung. Diese Maschinen bieten wir einstufig, zweistufig, dreistufig oder als Booster an. Für diese unterschiedlichen Ausführungen steht im Baureihennamen die Variable x. Die TVx-Baureihe umfasst Kreuzkopfkolbenkompressoren in V-Bauform, die – wie die Variable x anzeigt – einstufig, zweistufig, dreistufig oder als Booster zur Verfügung stehen. Sämtliche Baureihen sind für die Ex-Zonen 1 und 2 erhältlich. Sind Anwendungen mit toxischen oder brennbaren Gasen geplant, liefern wir die Anlagen auch mit einer Risikobeurteilung nach entsprechendem Performancelevel und Dokumentation sowie mit den notwendigen regionalspezifischen Zertifikaten aus.
„… Im Vergleich zu anderen Familienunternehmen habe ich es deutlich einfacher, trage aber auch eine höhere Verantwortung.“
dei: Auf der Basis dieser fünf Baureihen realisieren Ihre Mitarbeiter kundenspezifische Lösungen, die genau die Anforderungen der Anwender aus den verschiedensten Branchen treffen. Wie geht das?
Mehrer: Die Baureihen sind baukastenartig aufgebaut und jede von ihnen ist hinsichtlich der Leistung und Ausführung in mehrere Untertypen unterteilt. Dadurch lassen sich die Maschinen sehr genau auf die jeweilige Anwendung anpassen. Wichtiger ist mir aber darauf hinzuweisen, dass der Kunde bei uns nicht nur den einfachen, nackten Kompressor erhält, sondern darüber hinaus zwischen Kompressoraggregat, auch Skid genannt, und einer Turnkey-Solution wählen kann.
dei: Was verstehen Sie unter einem Kompressoraggregat?
Mehrer: Hier sind Kompressor, Kühler, Filter, Abscheider und Motor auf einer Grundplatte montiert. Die elektrische Steuerung der Einheit ist optional, kann also auf Wunsch des Kunden auch in seiner Verantwortung bleiben.
dei: Und was bekommt der Kunde bei einer Turnkey-Solution?
Mehrer: Eine komplett eingehauste Kompressorstation mit allen notwendigen bzw. vom Kunden gewünschten Maschinen- und Steuerungskomponenten. Wir liefern diese fertig montiert an, stellen sie auf und übernehmen selbstverständlich auch die Inbetriebnahme. Die Nachfrage nach solchen schlüsselfertigen Lösungen ist in den letzten zwei bis drei Jahren gewachsen.
dei: Welche Kompressoren kommen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie zum Einsatz?
Mehrer: Hier sind nach wie vor unsere alten Baureihen TZW und TEW gefragt. Die TZW-Kompressoren werden standardmäßig zur CO2-Verdichtung eingesetzt. Nach der Ablösung der alten Baureihen sind für unsere Kunden in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie die TRx-Kompressoren die erste Wahl.
dei: Die Kompressoren TRx 200 und TRx 300 sind seit Juni auf dem Markt. Welchen Leistungsbereich decken die Maschinen ab?
Mehrer: Bei beiden Maschinen handelt es sich um sogenannte Trockenläufer, die wir in ein- oder zweistufiger Ausführung anbieten. Die TRx-200-Kompressoren haben eine Antriebsleistung von 2,2 bis 5 kW und sind für einen Volumenstrom von 20 m3/h ausgelegt. Bei einer Antriebsleistung von maximal 10 kW erreichen die TRx 300 einen Volumenstrom von 55 m3/h.
dei: Welche technischen Besonderheiten weisen diese Maschinen auf?
Mehrer: Bei der TRx 200- und TRx 300-Baureihe handelt es sich um luftgekühlte Kompressoren. Im Vergleich zu den Vorgängermodellen kann mit den neuen Baureihen ein Verdichtungsenddruck von 31 bar realisiert werden. Grundsätzlich sind die Kompressoren mit unterschiedlichen Kolben erhältlich. Darüber hinaus verfügen sie über O-Ring-Abdichtungen, Flanschverbindungen sowie einen elektrischen Lüfter für die Zylinderkühlung. Optional sind diese Maschinen mit einer Ölheizung und Wasserkühlung für das Prozessgas erhältlich.
dei: Wie sieht es mit den Kolben aus?
Mehrer: Die Kolben stehen in unterschiedlichen Werkstoffen und mit unterschiedlichen Durchmessern energetisch optimiert zur Verfügung. Als Einlass-Auslass-Ventile verbauen wir verschiedene Ventilarten, die in anwendungsspezifischen Werkstoffen gefertigt sind. Bei den TRx-200- und TRx-300-Maschinen handelt es sich um echte Prozessgasverdichter, die für 10 000 bis 12 000 Betriebsstunden ausgelegt sind. Sie lösen die Altserien TEL 50, TEL 60 und TEL 70 sowie TZL 10, TZL 20 und TZL 30 ab.
„… Bis 2015 wollen wir die TEL- und TZW-Maschinenbaureihen komplett durch unsere neuen Baureihen TRx und TVx ersetzen.“
dei: Zum Schluss möchte ich mich mit Ihnen noch über den Kompressor TRZ 850 unterhalten. Dieser wird auf der drinktec erstmals dem Fachpublikum vorgestellt. Was ist das für ein Kompressor?
Mehrer: Das ist ein doppeltwirkender zweistufiger Kompressor, den wir speziell für die Getränke- und Lebensmittelindustrie entwickelt haben. Er zeichnet sich durch eine kompakte Bauweise bei robustem und langlebigem Design aus. Da der Kompressor ohne Öleinspritzung im Verdichtungsraum arbeitet, entfällt eine aufwendige und wartungsintensive Ölabscheidung nach dem Verdichtungsprozess.
dei: Welche Position nehmen diese Kompressoren im Produktportfolio von Mehrer ein?
Mehrer: Sie schließen die Lücke zwischen dem CO2-Verdichter TZW 70 und dem in V-Bauform ausgeführten Kompressor TVZ 900. Wir bieten die TRZ-850-Maschinen speziell für die CO2-Versorgung in Brauereien an. Hier sind hohe Volumenströme bei einer für den Prozess typischen Verdichtung von 1 bar (abs) auf 19 bar (abs) gefragt.
dei: Ab wann sind die Kompressoren erhältlich?
Mehrer: Ich gehe davon aus, dass wir Ende 2013 mit dem Verkauf der Maschinen beginnen werden.
Halle B3, Stand 560
prozesstechnik-online.de/dei0913437
Exportorientiertes Familienunternehmen
> Zahlen und Fakten <
Die Josef Mehrer Maschinenfabrik erwirtschaftete 2012 einen Umsatz von 19,5 Mio. Euro. Trotz Eurokrise und schwächelnder Konjunktur rechnet Mehrer damit, den Umsatz im Jahr 2013 auf knapp 21 Mio. Euro steigern zu können. Der Mittelständler aus Balingen beschäftigt 110 Mitarbeiter und 12 Auszubildende.
Produziert wird ausschließlich in Deutschland. Gut 70 % der Kompressoren gehen in den Export. Das Unternehmen ist in 47 Ländern über 29 Partner aktiv. Zu den Hauptabnehmern der Mehrer-Kompressoren gehören die chemische, petrochemische und pharmazeutische Industrie, die Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie der Maschinenbau. Hinzu kommen diverse Anwendungen in der Umwelttechnik.
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