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Die Sappi Stockstadt GmbH, eine von zehn der europäischen Papierfabriken von Sappi Europe, produziert jährlich bis zu 160 000 t Zellstoff und 450 000 t Papier.
Der Standort verfügt zudem über ein eigenes Kraftwerk und eine Abwasserbehandlungsanlage. Die von der Druck- und Medienwelt geschätzten Feinpapiere von Sappi Stockstadt werden zur Erstellung von Premiummagazinen, Katalogen, Kunstbüchern oder High-End-Druckwerbung in rund 100 Länder weltweit verschickt. An jedem Arbeitstag verlassen bis zu 2000 t Papier das Werk.
Für die Papierherstellung werden zahlreiche Zusatzstoffe – wie Kreide – in großen Mengen benötigt. Die Anlieferung der Rohstoffe erfolgt per Schiff über den angrenzenden Main. Am Anleger wird die Ladung dann abgepumpt und über ein mehrere hundert Meter langes Rohrleitungssystem in die jeweiligen, oftmals im Freien nahe der Produktionshalle angesiedelten Vorratsbehälter gefördert. Bei niedrigen Außentemperaturen kann es vorkommen, dass die Rohrleitungen einfrieren und ein Umpumpen nicht mehr möglich ist. Aus diesem Grund sind sie mit sogenannten Rohrbegleitheizungen ausgestattet. Diese werden elektrisch betrieben und über ein Thermostat temperaturabhängig ein- und ausgeschaltet.
Aktuelle Statusinformationen
Bei den Rohrbegleitheizungen handelt es sich also um einen wichtigen Bestandteil der Anlage. Trotz Installation innerhalb der Rohrisolation sind sie permanent den rauen Umgebungsbedingungen ausgesetzt und altern daher entsprechend. Deshalb wurden die einzelnen Begleitheizungen bisher regelmäßig in einem speziellen Kontrollrundgang begutachtet. Darüber hinaus kam ein FI-Schutzschalter zur Überwachung sämtlicher Rohrbegleitheizungen zum Einsatz. Die Erfahrung zeigte jedoch, dass trotzdem nicht alle Ausfälle zuverlässig erkannt werden konnten.
„Es ist durchaus passiert, dass wir den Entladungsvorgang kurz nach dem Start wieder stoppen mussten, weil die Rohrleitung eingefroren war“, berichtet Michael Höfling, Leiter EMR-Papiererzeugung bei Sappi Stockstadt. „Das zog eine zeitaufwe ndige und teure Enteisung und Reinigung der betroffenen Rohrleitung nach sich, was schlimmstenfalls zu einem zeitweiligen Produktionsstillstand führen kann.“ Ein solches Szenario gilt es unbedingt zu vermeiden. „Heute messen wir die aktuelle Stromstärke jeder Rohrbegleitheizung“, fährt Höfling fort. „Bei einer Abweichung von 0,5 A wird eine Warnmeldung im Prozessleitsystem erzeugt und unmittelbar auf dem Monitor der Bedienerwarte sowie alternativ in der entfernt gelegenen Werkstatt angezeigt.“ Mit dem Überwachungssystem lassen sich mehrere Rohrbegleitheizungen gleichzeitig überwachen. Die Mitarbeiter stellen Veränderungen frühzeitig fest und können sofort reagieren, sodass eine hohe Verfügbarkeit der Anlage sichergestellt ist.
Vor Ort durchgeführter Funktest
Die besondere Herausforderung der Lösung in Stockstadt lag in der Integration der Messwerte in das vorhandene Prozessleitsystem, denn zwischen den Gebäudeteilen gab es keine Kabelwege. Somit musste eine einfache und zuverlässige Signalübertragung geschaffen werden. „Nachdem eine erste Kostenabschätzung ergeben hatte, dass die Errichtung der notwendigen Kabelwege – also der Bau von Trassen und die entsprechenden Zugarbeiten – hohe Investitionen erfordert, haben wir nach einem alternativen Konzept gesucht“, erzählt Michael Höfling. „Bei unseren Recherchen sind wir auf das proprietäre Funksystem Radioline von Phoenix Contact gestoßen, über das sich die Messwerte drahtlos weiterleiten lassen.“ Die Sappi-Verantwortlichen baten Phoenix Contact um einen Vor-Ort-Test, um herauszufinden, welche Übertragungsfrequenz und welcher Antennentyp sich am besten für ihr Einsatzszenario eignen. „Wir waren wirklich skeptisch, ob die Funkkommunikation trotz der recht starken Betonwände einwandfrei funktionieren würde“, erinnert sich Sebastian Müller, stellvertretender Meister EMR-PE Werkstatt Papiererzeugung.
Fatih Denizer, Außendienstmitarbeiter des Blomberger Automatisierungsspezialisten, führte die praktische Erprobung kurzfristig mit dem entsprechenden Equipment durch. So konnten die benötigten Komponenten schnell ermittelt und der Nachweis einer zuverlässigen Funkübertragung als Grundlage für die Budgetfreigabe erbracht werden. „Zur Anbindung der Radioline-Geräte an das bestehende Prozessleitsystem fand sich schnell eine Lösung“, berichtet Müller. Nach der Funkstrecke wurden die Signale der Rohrbegleitheizung über das Modbus/RTU-Slave-Modul in das Prozessleitsystem integriert.
Vorbeugende Wartung
„Während der Installation und in der Inbetriebnahme-Phase sind wir durch Herrn Denizer und einen Support-Mitarbeiter aus Blomberg umfassend unterstützt worden“, erklärt Müller zufrieden. „Die beiden haben schnell reagiert und uns bei allen Fragen zur Seite gestanden. Seit dem Start der Funkkommunikation im März 2018 läuft das System einwandfrei.“
Die Daten sämtlicher Rohrbegleitheizungen werden jetzt an die Bedienerwarte weitergeleitet und dort visualisiert. Neben der aktuellen Stromstärke in den einzelnen Begleitheizungen wird den Mitarbeitern im Fall der Fälle auch eine Warnmeldung angezeigt. „Mit der Einführung des Monitoring-Systems gehören die regelmäßigen Kontrollrundgänge der Vergangenheit an“, resümiert Sebastian Müller. „Außerdem stellte die Einführung von Radioline für uns den Einstieg in eine vorbeugende Wartung dar. Nun erkennen wir Unregelmäßigkeiten frühzeitig und können schnell Gegenmaßnahmen einleiten. Auf diese Weise lässt sich das Einfrieren der Rohrleitungen vermeiden, sodass sich die Verfügbarkeit der gesamten Produktionsanlage erhöht.“ Durch die Nutzung des Funksystems Radioline zur drahtlosen Übermittlung der Messwerte an das Prozessleitsystem mussten keine Kabel aufwendig zwischen den Gebäudeteilen verlegt werden. Die Daten stehen zentral in einer Monitoring-Lösung des Prozessleitsystems für die Bedienerwarte und die Werkstatt zur Verfügung und ersetzen die zeitfressenden Kontrollrundgänge.
Mit dem Überwachungssystem lassen sich mehrere Rohrbegleitheizungen zeitgleich kontrollieren und sofort Veränderungen feststellen. In Summe trägt die Lösung von Phoenix Contact also nicht nur zur Steigerung der Anlagenverfügbarkeit bei, sondern reduziert ebenfalls den Arbeitsaufwand und die Kosten.
Phoenix Contact GmbH & Co.KG, Blomberg