Keine Frage: Indiens bald 1,4 Milliarden Einwohner brauchen mehr Energie. Laut UN-Prognosen wird sich der Energiebedarf mit dem aktuellen Wirtschaftswachstum von fünf bis sieben Prozent zwischen 2035 und 2040 im Vergleich zu 2020 verdoppeln.
Was sich jedoch inzwischen geändert hat, ist die Herkunft der begehrten Ware. Der Subkontinent drängt auf heimische Produktion und deshalb vermehrt auch auf inländische Erdöl-Raffinerien. Diese begegnen bei ihrer Entstehung oft großen Herausforderungen. Sie fördern und veredeln an entlegenen, heißen Lagerstätten, die zunächst – manchmal über Jahre, oft über Jahrzehnte – aufwendig erschlossen werden müssen.
Systematisch mehr Ausbeute mit EOR
Das Gemisch, das dabei im Glücksfall zutage kommt, gleicht immer einem Überraschungspaket. Eine Angabe einheitlicher Stoffdaten ist schwierig, denn nicht nur die Dichte und Viskosität der Fördermasse variieren von Bohrfeld zu Bohrfeld. Auch die Umgebungsbedingungen am Bohrkopf wie Druck, Gasgehalt, Temperatur oder Verunreinigungen sind nie gleich. Weil sich je nach Zusammensetzung der Aufwand von Förderung und Gewinnung erhöhen kann, zählt neben der Entdeckung neuer Ölvorkommen, die Steigerung der Ausbeute zu den großen Herausforderungen.
Vor Ort trägt dazu immer häufiger die sogenannte „Enhanced Oil Recovery“, kurz EOR, also die „tertiäre“ Ölgewinnung bei. Sie zeichnet sich durch Spezialtechniken wie die Einspeisung von Chemikalien, Ultraschall oder Wasserdampf aus und ist heute fast die Regel. Bis zu 20 % mehr an Rohstoffgewinnung verdanken ihr die Produzenten.
Optimierte Trennung am Slug Catcher
Einmal ins Laufen gebracht, bergen auch die Aufbereitungsprozesse zusätzliches Potenzial. So etwa, wenn das Rohöl in einem frühen Stadium durch eine Art Filter, den sogenannten Slug Catcher fließt, in dem die immer wieder auftretenden Flüssigkeitsblöcke, sogenannte Slugs, abgeleitet werden. Öl, Wasser und Sand werden getrennt und der weiteren Verarbeitung zugeführt. Genau hier läuft bei der Messtechnik vieles zusammen: Sie deckt die Optimierungspotenziale auf und kann darüber hinaus für höhere Sicherheit sorgen.
Cairn Oil & Gas, Vedanta Ltd. setzt zur Optimierung der Trennleistung seines Slug Catchers radiometrische Dichtesensoren ein. Installiert sind die Multi-Density-Arrays, kurz MDAs, in Mehrfach-Dichte-Anordnung. An insgesamt zehn übereinander gelagerten Messpunkten überwachen Minitrac 31 das vollständige Dichteprofil über die gesamte Elevationsspanne von 0 bis 5000 mm hinweg. Die hochempfindliche Szintillationskristalltechnologie der Messgeräte und die Montage unabhängig vom Prozessmedium sorgen für genaue Messungen. Weil sie jede noch so geringfügige Veränderung im Trennprozess in Echtzeit an die Leitzentrale senden, läuft der Betrieb auf dem Rajasthan Field reibungslos.
Öl braucht Geduld und Hightech
Große Ölvorkommen werden immer seltener entdeckt, die Kosten der Erschließung und Förderung steigen dagegen kontinuierlich an. Daraus ergibt sich das grundsätzlich wachsende Interesse an einer Steigerung des Ertrags. Dies betrifft auch Cairn Oil & Gas, Vedanta Ltd., das bereits 2002 ein größeres Stück der Wüste Rajasthans erworben hatte. Einen Ort ohne Zugang zu Wasser oder Verkehrsanbindung. Zuvor durchgeführte reflexionsseismische Messungen zur genauen Erkundung der unterirdischen Beschaffenheit hatten jedoch genau hier vielversprechende Schalldaten geliefert, sodass alles nach umfänglichen Ölvorkommen aussah.
Dennoch vergingen über zwei weitere Jahre und 15 kostspielige Probebohrungen wurden durchgeführt, bevor im Januar 2004 in der Weite der nordindischen Wüste Jubel ausbrach: Cairn hatte das neue Ölfeld Mangala angebohrt. Es war die weltweit größte Entdeckung des Jahres – und für Indien der größte Onshore-Fund seit 25 Jahren.
Und erst weitere fünf Jahre später, 2009, konnte das erste Öl gefördert werden. Doch ab hier lief die Produktion. Bis heute hat das Mangala-Feld laut India Economic Times die schwer vorstellbare Menge von 473 Millionen Lager-Barrels Rohöl produziert. Würde diese Menge im Güterzug mit Waggons in Standardmaßen transportiert, dann hätte dieser eine Länge, die fast 40-mal rund um den Äquator reichte. Cairn trägt allein mit der Bearbeitung dieses Feldes beinahe 25 % zur jährlichen indischen Rohölproduktion bei.
Jedes Rohöl hat seine Beschaffenheiten
Von Anfang an zeichnete sich ab, dass das Öl, das hier zutage trat, ein besonderes war. Wegen seiner wachsartigen Beschaffenheit verfestigte es sich quasi in dem Moment, in dem es die Oberfläche erreichte. Die Pipeline, die dafür gebaut wurde, war mit ihren etwa 700 km die bis dato längste beheizte Rohöl-Pipeline der Welt. Bevor das Öl seither darin die lange Reise ans Meer und weiter in die Raffinerien antreten kann, hat es die ersten Schritte zur Weiterverarbeitung bereits hinter sich gebracht. Noch am Förderort finden erste Reinigungsschritte statt und es wird unter anderem von Lagerstättenwasser und Sand befreit.
Erfolgreiches Design muss vorab simuliert werden
Kenntnisse um die genaue Beschaffenheit des Rohöls spielen nicht nur beim Pipeline-Bau eine wesentliche Rolle. Auch für das Design des Slug Catchers sind sie zentral. Die Mehrphasenströmung in den Rohren führt häufig zur Bildung von Slug-Flow zwischen den Auslässen. Slug Catcher übernehmen die Aufgabe, diesen vorübergehend aufzuhalten und ihn anschließend, im vorgegebenen Tempo, in die nachgeschalteten Prozesseinheiten zu leiten. Nun kann er, getrennt in Gas- und Flüssigkeitsströme, kontrolliert verarbeitet werden.
Der Slug Catcher bietet Puffervolumen, um den intermittierenden hohen Flüssigkeitsstrom aufzunehmen. Zunächst gelagerte Flüssigkeiten kann er zwischen dem Auslass der Pipeline und der Verarbeitungsanlage halten, um nachgeschaltete Anlagen und Rohrleitungen sicher zu schützen.
Die Schlüsselkomponenten des Prozesses sind Tropfenabscheider, die durch eine unkontrollierte, zu hohe Belastung schnell an ihre Grenzen stoßen würden. Auch Verschmutzungen, die sich darin sammeln können, hält ein Slug Catcher wirkungsvoll fern.
Beide Belastungen würden einen erhöhten Eintrag von Feststoffen im Auslassstrom nach sich ziehen. Um diesen sicher zu vermeiden, liefert das Vega-MDA-Messsystem kontinuierliche Dichtedaten für jeden einzelnen der Messpunkte, die spezifisch für die vielen typischen horizontalen Ebenen der Elevation im Slug Catcher sind. Mit den unterschiedlichen Werten der verschiedenen Detektoren lassen sich die Bewegung der Trennschicht und die Höhe der Emulsionsschicht genau bestimmen – und eine optimale Effizienz des Abscheiders erreichen.
Weniger Wartung
Das von Cairn gewählte Messsystem ist wartungsarm, da alle Detektoren an der Außenseite des Behälters angebracht sind und keinen direkten Kontakt mit dem Prozess haben. Ein flexibles Halterungssystem ermöglicht die einfache, sehr solide Installation und die Detektoren bleiben hier, falls Wartungseinsätze doch einmal notwendig sind, leicht zugänglich. Weil mehrere Messstellen unabhängig voneinander ausgemessen werden, kann per se ausgeschlossen werden, dass ein einzelner Detektor den Betrieb des Systems lahmlegt. Doch die Einfachheit der Anwendung beginnt noch deutlich früher. Schon die Inbetriebnahme und schnelle Kalibrierung helfen Anlaufzeiten und Kosten effektiv zu senken. Eine umfassende Diagnose wird mit der Konfigurationssoftware Pactware mit ihren DTM- und EDD-Beschreibungstechnologien besonders übersichtlich.
Mit Messtechnik den Fußabdruck senken
Bei der Erdölförderung wird die Ausbeute nicht allein durch die Menge bestimmt, die das Tageslicht erreicht. Vermehrt dreht sich in der Branche alles darum, das Beste aus dem gebotenen Rohmaterial zu machen. Bei Cairn wurde daher jeder der Aufbereitungsschritte des Rohöls gesondert unter die Lupe genommen. Eines der typischen Vorkommnisse, das besondere Beachtung erfuhr, war das Slugging, also die Bildung von Pfropfen, die den Durchfluss behindern. Dank der exakten Überwachung der diversen Trennschichten im Slug Catcher mithilfe des radiometrischen Messsystems von Vega verläuft der deshalb notwendige Separationsprozess optimal. Die eingesetzte Messeinrichtung, die selbst unter extremen Temperaturen zuverlässig bleibt, verhindert die Verschleppung zu großer Partikel. Sie schützt auf diese Weise die nachgeschalteten Anlagen und Komponenten und sichert die Qualität, mit der das Rohöl seine Reise durch die Pipeline in Richtung Meer, wo es weiter verschifft wird, antritt.
Vega Grieshaber KG, Schiltach
Halle 7A, Stand 102