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Digitalisierung setzt Potenziale frei

Intelligente Bioproduktionsanlage
Digitalisierung setzt Potenziale frei

Traditionell wird Polyamid aus fossilen Rohstoffen synthetisiert. Cathay Industrial Biotech verfolgt einen völlig neuen Ansatz und stellt Polyamid aus Mais und anderer erneuerbarer Biomasse her. In der neuen digitalen Bioproduktionsanlage im chinesischen Wusu, Xinjiang, steckt das gesamte Lösungsangebot von Siemens für die digitale Fabrik.

Cathay Industrial Biotech verdankt seinen ausgezeichneten Ruf unter anderem dem biobasierten DN5 (1,5-Diaminpentan), langkettigen dibasischen Säuren (LCDA) und Biobutanol. Die Polymerisation dieser Monomere bietet eine breite Palette biobasierter Polyamide, einschließlich der Polyamide PA 56, PA 510 und PA 512. Das Portfolio der biobasierten Polymere des Unternehmens wurde zuletzt um einen neuen Bioproduktionsprozess für DN5 erweitert, bei dem Stärke aus Pflanzen und Biomasse als Grundlage verwendet werden. Polyamid beispielsweise aus Mais herzustellen ist eine knifflige Angelegenheit. Die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Bakterienstämmen, Reaktionsbedingungen und der Ausbeute sind komplex. Mit großen Datenmengen lässt sich mehr über die Gesetzmäßigkeiten erfahren, die die Produktion bestimmen.
Die Effizienz der Produktion kann dadurch verbessert werden, dass Daten durch integrierte Software vom Labor in die Produktion fliessen und retour. Als das chinesische Unternehmen Cathay Indutrial Biotech beschloss, seine Bioproduktionskapazität zu steigern, galt es zunächst, den hochkomplexen und sensiblen Laborprozess im industriellen Maßstab zu reproduzieren. Cathay benötigte einen Technologiepartner mit dem Know-how dafür, das volle Potenzial der digitalen Produktion für Konsistenz, Wiederholbarkeit, garantierte Qualität und höhere Effizienz auszuschöpfen.

Cathay besitzt aktuell zwei Produktionsstandorte und ein F&E-Zentrum in China. Das F&E-Zentrum befindet sich im Zhangjiang-Hi-Tech-Park in Shanghai. Die kommerzielle Entwicklungsplattform konzentriert sich auf diverse Forschungsgebiete (u. a. Molekularbiologie, Verfahrenstechnik und Polymermaterialkunde). Angesichts der positiven Reaktionen auf die neuen Biopolymere hat Cathay 2016 Pläne zur Erweiterung seiner Produktionsstandorte um einen dritten Standort in Wusu in der Provinz Xinjiang bekanntgegeben. Der neue Standort wird eine Jahresmenge von 50 000 t biobasiertem DN5, 100 000 t biobasiertem Polyamid und 30 000 t LCDA erzeugen. Die LCDA-Produktionskapazität von Cathay wird dadurch nahezu verdoppelt.

Verfahrenskompetenz und Digitalisierungs-Know-how

Cathay hatte von Anfang an beabsichtigt, neueste Technologien für den neuen Standort einzusetzen. Die enge Einbindung des F&E-Labors in Shanghai zur Sicherstellung eines nahtlosen Prozesstransfers vom Labor zur kommerziellen Produktion galt dabei als kritischer Aspekt. Darüber hinaus wollte Cathay eine fortschrittliche Lösung zum Erreichen einer hohen Produktionseffizienz und Produktqualität in den Bioprozessen sowie eine Optimierung der Energie-, Wasser- und Ressourceneffizienz. Außerdem wollte Cathay die Produktion in Wusu vom Hauptsitz in Shanghai aus überwachen können, was ein ausgefeiltes Operations-Management-System voraussetzte. Nach umfassender Evaluierung wählte Cathay schließlich Siemens als Technologiepartner für die neue intelligente Fabrik. „Cathay hat sich der F&E und Industrialisierung neuer biologischer Materialien und deren Anwendung verschrieben und will mit technischen Durchbrüchen ein weltweit führender Hersteller und Innovator im biochemischen Bereich werden“, so Dr. Liu Xiucai, Gründer, Vorsitzender und CEO von Cathay Industrial Biotech. „Mit unserem Verständnis für die inneren Parameter der Biokonvertierungsprozesse und bewährten Derivationsverfahren, gekoppelt mit den weltweit führenden Digitalisierungstechnologien von Siemens, bauen wir eine fortschrittliche Fabrik und einen ebenso fortschrittlichen Produktionsprozess auf.“

Umfangreiche Lösung aus einer Hand

Im Rahmen der Zusammenarbeit liefert Siemens eine umfassende digitale Unternehmenslösung auf Grundlage des Konzepts „From Integrated Engineering to Integrated Operation“. Ein wichtiger Bestandteil des digitalen Unternehmenskonzepts von Siemens ist der digitale Zwilling der Anlage, mit dessen Hilfe Hersteller Produkte, Produktionsprozesse und Anlagen in einer komplett virtuellen Umgebung simulieren, testen und optimieren können. Dadurch lässt sich nicht nur die Innovationsgeschwindigkeit und Produktivität beschleunigen bzw. steigern, sondern auch der Produktionsprozess und die gesamte Anlage kontinuierlich optimieren.

Ausgerüstet wird die Anlage mit Automatisierungs- und IT-Technik von Siemens, einschließlich Simatic PCS 7 und Simatic Batch für die Prozesssteuerung. Die Kombination mit der Software Simatic Sipat zur Anwendung von Prozessanalysentechnik (PAT) beim Fermentationsprozess sorgt für einen schlanken Technologietransfer vom Labor zur Produktion sowie für die Optimierung der Prozessleistung im laufenden Betrieb. Zum Testen und Optimieren der Systeme wird die Simulationssoftware Simit eingesetzt. Darüber hinaus bietet Simatic IT eBR die Funktionen zur elektronischen Chargenverwaltung, und Simatic IT Unilab wird zur Verwaltung von Laborinformationen eingesetzt, was die papierlose Produktion am neuen Standort ermöglicht. Cathay wird Simit in Kombination mit Comos für Plant-Asset-Management, Simulation, virtuelle Inbetriebnahme, digitalen Betrieb und digitale Instandhaltung und 3-D-Simulation einsetzen. Eine als Manufacturing Operations Management (MOM) bezeichnete Plattform wird beim Produktions-, Material- und Instandhaltungsmanagement unterstützen. Mithilfe der Software XHQ, einer Operations-Intelligence-Lösung, kann Cathay Informationen von allen Systemen erfassen und detaillierte Berichte, Dashboards und Kennzahlen erzeugen. Diese Daten können auch dezentral analysiert werden – eine solche Fernüberwachungsfunktion wurde von Cathay gefordert. Darüber hinaus liefert Siemens die intelligenten Messaufnehmer und Prozessinstrumente für die neue Anlage sowie Mittel- und Niederspannungssysteme und unterstützt Cathay mit technischen Dienstleistungen bei Engineering, Systemintegration und Programmierung sowie bei Inbetriebnahme und Anlauf der Anlage.

Optimierung des Anlagenlebenszyklus

Die weitreichende Partnerschaft und der strategische Digitalisierungsansatz haben sich für Cathay bereits bezahlt gemacht. Mit dem digitalen Anlagenzwilling konnte Cathay den Prozess und Teile der neuen Anlage vor dem Bau digital simulieren, testen und optimieren, den Produktionsprozess planen und das tatsächliche Verhalten und die Leistung der Automatisierungslösung in einer virtuellen Umgebung simulieren. Der digitale Zwilling hat auch die Verifizierung der Qualität und Stabilität des Prozesses vereinfacht. Darüber hinaus kann das Anlagenmodell auch zur virtuellen Inbetriebnahme und Bedienerschulung (Operator Training System, OTS) herangezogen werden, was nicht nur eine Zeit- und Kostenersparnis bedeutet, sondern auch das Risiko im Zusammenhang mit dem Bau und Anlauf senkt.

Die Prozessleitsysteme Simatic PCS 7 und Simatic Batch werden den gesamten Prozess regeln – von der Fermentation über die Mischung und Formung bis hin zum Finishing. Die Systeme erfassen operative und geschäftliche Daten in Echtzeit und präsentieren diese den Mitarbeitern und der Geschäftsleitung von Cathay sowohl lokal auf Produktionsebene als auch auf mobilen Geräten. Auf diese Weise kann Cathay den Prozessausstoß und die Prozessleistung sowie den Energie- und Materialverbrauch überwachen und überprüfen und diese Informationen zur Optimierung der Produktionseffizienz nutzen. Zur Steigerung der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der neuen Anlage werden die mechanischen Assets in Echtzeit überwacht, um eine vorausschauende Instandhaltung zu ermöglichen.

Ein weiterer Vorteil ist die enge Einbindung von Produktion und F&E mithilfe von Simatic Sipat. Die PAT-Software ermöglicht eine detaillierte Analyse von F&E-Daten sowie Produktionsdaten, wodurch F&E-Prozesse verschlankt werden.

Siemens hat Cathay dabei unterstützt, ein digitales Team erfahrener und professioneller Ingenieure zusammenzustellen. Praxisnahe Schulungen und Support begleiten jeden wichtigen Schritt im Projekt. Cathay ist nun bestens für den Betrieb und die Optimierung der neuen Anlage gerüstet – auch für das Vorantreiben der Digitalisierung in den anderen Standorten: Gegenwärtig plant Cathay, den Produktionsstandort in Jinxiang in der Provinz Shandong mit der gleichen digitalen Lösung wie im Werk in Wusu aufzurüsten.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: cav0119siemens


Autorin: Ute Forstner

Marketing Manager,

Siemens

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