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Worauf es bei Pumpen für die Chemieindustrie ankommt

Einsparpotenziale heben: Worauf es bei Pumpen für die Chemieindustrie ankommt
„Am Ende muss die Pumpe zum Prozess passen“

Die Pumpe ist nur ein kleines Rad im komplexen Prozessgetriebe und doch ist sie ausschlaggebend für reibungslos funktionierende Verfahrensprozesse und verbraucht jede Menge Energie. Michael Rolfes und Arne Wotrubez von Vogelsang, erklären worauf man bei der Auswahl der Pumpen achten sollte.

Die Stimmung in der Chemiebranche ist nach wie vor gedämpft. Was sagen Ihre Kunden? Wie nehmen sie die aktuelle konjunkturelle Lage wahr?

Wotrubez: Die schwächelnde gesamtwirtschaftliche Lage und insbesondere die hohen Energiekosten halten unsere Kunden aus der chemischen Industrie in Atem. Der Krieg in der Ukraine ließ die Energiepreise weltweit steigen. Zwar kam es Anfang 2023 zur Entspannung, die Preisniveaus bleiben aber insgesamt höher als in den Vorkrisenjahren. Das ist die Ausgangslage unserer Kunden.

Welche Stellhebel kann die Chemieindustrie bewegen, um trotz dieser Rahmenbedingungen wettbewerbsfähig am Markt zu agieren?

Wotrubez: Erforderlich ist ein Bündel an verschiedenen Maßnahmen. Vor dem Hintergrund des hohen Preisdrucks in der Energiebeschaffung und der hohen Energiekosten ist die Energieeffizienz von Maschinen und Komponenten ein wichtiger Stellhebel. Schätzungen zufolge entfallen in der Europäischen Union allein 30 % des Stromverbrauchs aller per Elektromotor angetriebenen Maschinen auf Pumpen.

Rolfes: Durch technologische Optimierungen lassen sich auch mit vermeintlich kleinen Komponenten wie der Pumpentechnik spürbare Erfolge in Sachen Energieeffizienz erzielen. Das beginnt schon bei den Motoren, mit denen die Pumpen angetrieben werden. Da sind auch wir als Hersteller gefordert, Pumpen und Motoren so auszulegen und aufeinander abzustimmen, dass der Antrieb weniger Strom bei gleicher Leistung verbraucht.

Auf welche Anforderungen muss Fördertechnik für die Industrie ausgelegt sein?

Rolfes: Hersteller im Industriebereich arbeiten mit unterschiedlichsten Medien, die aufgrund von Beschaffenheit und Temperatur anspruchsvoll für die Fördertechnik sind: industrielle Abwässer, Lösemittel, Suspensionen wie Farben und Lacke, aggressive Säuren und hochtemperierte Flüssigkeiten von beispielsweise 200 °C. Darauf muss die Fördertechnik ausgelegt sein, um ein Medium ohne Ausfälle zu fördern. Denn nur so läuft der gesamte Prozess stabil und reibungslos ab. Darauf kommt es an.

Wie wirken sich extreme Betriebsbedingungen, zum Beispiel hohe Temperaturen oder aggressive Chemikalien, auf die Leistung und Lebensdauer von Pumpen aus?

Rolfes: Hält das Material der Pumpe zum Beispiel gefährlichen Medien, die giftig sind, nicht Stand, können Giftstoffe austreten. Gesundheitsgefährdungen und ein Betriebsstillstand mit wirtschaftlichen Schäden können die Folge sein. Daher sind die Auswahl des Materials, der Dichtungen und Förderelemente das A und O, um die richtige Pumpe für eine spezifische Anwendung in der Chemieindustrie zu konfigurieren. Eine herausfordernde Aufgabe, die viel Erfahrung und Expertise erfordert.

Geben Sie uns einen Einblick in die Praxis. Wie gehen Sie bei der Auswahl der richtigen Pumpe vor?

Rolfes: Wir schauen genau hin. Welches Medium soll gefördert werden? Wie hoch sind Temperatur und Viskosität? Welcher Druckbereich ist erforderlich? Diese und weitere Faktoren prüfen wir, um die richtige Pumpe für den jeweiligen Kunden und seine Anforderungen auszuwählen und zusammenzustellen. Am Ende muss die Pumpe zum Prozess passen, in dem sie eingesetzt wird.

Wotrubez: Genau hingeschaut haben wir zum Beispiel bei einem Farbenhersteller aus Nordrhein-Westfalen. Das Unternehmen verarbeitet Rohstoffe zu Farbpigmenten und bietet diese in Pulverform, als stabile Dispersion oder Granulat an. In drei Mischanlagen werden aus Wasser und Pigmentstoffen Farben dispergiert. Die fertigen Produkte lagern in rund 25 Tanks. Zur Befüllung der Tanks und Abfüllung des Endprodukts in LKW-Tanks oder Liter-Boxen hat der Farbenproduzent Kreisel- und Schlauchpumpen eingesetzt. Die chemisch aggressiven Farbsuspensionen verursachten jedoch undichte Stellen an den Pumpen. Gesucht wurde also eine robuste, kompakte Pumpe, die die Farben zuverlässig in die gelagerten Tanks und auch zum Weitertransport in LKW-Tanks pumpt.

Rolfes: Wir haben die bestehenden Kreiselpumpen durch Drehkolbenpumpen der IQ-Serie von Vogelsang ersetzt. Warum? Drehkolbenpumpen sind Verdrängerpumpen, die dort ansetzen, wo Kreiselpumpen an ihre Grenzen stoßen. Durch das Förderprinzip der Drehkolbenpumpen ist es möglich, auch sehr viskose Medien mit einer hohen Förderleistung zu verpumpen. Eine Kreiselpumpe kommt da an ihr Limit. Im Vergleich zu den zuvor eingesetzten Kreisel- bzw. Schlauchpumpen fördern die neuen IQ-Pumpen das Endprodukt heute mit mehrfacher Geschwindigkeit.

Welche weiteren Eigenschaften qualifizieren die Drehkolbenpumpe darüber hinaus für den Einsatz in chemischen Prozessen?

Wotrubez: Die Drehkolbenpumpen der IQ-Serie lassen sich flexibel je nach Anwendung ausstatten. Unser Cartridge-Dichtungssystem und die unterschiedlichen verfügbaren Kolbenmaterialien bieten große Spielräume, um die IQ-Pumpen genau auf die Anforderungen des Kunden zuzuschneiden: zum Beispiel Edelstahlkolben für aggressive Medien und hohe Temperaturen oder Kolben aus Fluor-Kautschuk (FPM) für Chemikalien, Säuren, Laugen und Salzwasser. Der Anwender bekommt eine große Variabilität. So sind bei dem nordrhein-westfälischen Farbenhersteller mittlerweile rund zehn Vogelsang-Drehkolbenpumpen im Einsatz.

Rolfes: Zudem sind die IQ-Pumpen aus einem Blockgehäuse gefertigt. Das vereinfacht die Wartung, denn der Pumpenraum mit den Förderelementen ist leicht zugänglich.

Auf der Achema hat Vogelsang die Exzenterschneckenpumpe Hicone für die Industrie vorgestellt. Für welche Anwendungen ist eine Exzenterschneckenpumpe besser geeignet als eine Drehkolbenpumpe?

Rolfes: Die Exzenterschneckenpumpe setzt wiederum da an, wo eine Drehkolbenpumpe an ihre Grenzen stößt. Entscheidungskriterien wie Druck, Verschleißwiderstand, Beschaffenheit des Mediums und die Unempfindlichkeit gegenüber aggressiven Flüssigkeiten spielen dabei eine wichtige Rolle. Mit der Hicone erhält der Anwender eine flexible Pumpe, die sich durch die einstellbare Klemmung von Rotor und Stator optimal auf das zu fördernde Medium anpassen lässt. Das ermöglicht die konische Rotor-Stator-Geometrie.

Wotrubez: Unternehmen der Chemieindustrie arbeiten meist mit einem Medienmix aus verschiedenen Stoffen und Beschaffenheiten. Durch das axiale Nachstellen von Rotor und Stator lässt sich die Hicone darauf anpassen. Dehnt sich beispielsweise das Elastomer des Stators durch die hohe Temperatur eines Mediums aus, wird einfach formgenau eingestellt und der Spalt zwischen Rotor und Stator reglementiert. Die Größe der Förderräume, die Förderleistung und der Wirkungsgrad befinden sich wie im Neuzustand. Ein kosten- und zeitaufwendiger Teilewechsel entfällt, Teile und Technik werden nachhaltig eingesetzt. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Exzenterschneckenpumpe ist die Standzeit der Hicone bis zu viermal so hoch.

Sind lange Standzeiten und der nachhaltige Einsatz von Teilen und Technik schon die Grundzutaten für eine zukunftsfähige Fördertechnik? Welche Trends und Entwicklungen sehen Sie?

Wotrubez: Als Grundzutat sehe ich noch geringe Lebenszykluskosten und vor allem eine hohe Energieeffizienz. Diese ist auch für uns ein Treiber für Innovationen. Eine Pumpe muss zum Beispiel nicht immer auf Volllast laufen. Stellt sie sich autonom auf die akuten Anforderungen ein, lassen sich Energiekosten und Verschleiß reduzieren.

Digitalisierung spielt dabei eine wichtige Rolle. Denn wir entwickeln uns weg von der einzelnen Pumpe hin zu einer Systemlösung, die sich automatisiert und intelligent steuern lässt. Pumpen geben Anlagensicherheit. Das zu erfüllen, treibt uns als Entwickler und Hersteller von Pumptechnik an.

Vielen Dank für das Gespräch!

www.prozesstechnik-online.de

Vogelsang GmbH &Co. KG, Essen


DAS INTERVIEW FÜHRTE FÜR SIE Daniela Held

Redakteurin


„Auch vermeintlich kleine Komponente wie Pumpen bieten die Chance, spürbare Erfolge in Sachen Energieeffizienz zu erzielen.“

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