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Bei der herkömmlichen Durchflussregelung in Pumpensystemen von Chemieanlagen ist es in etwa so, als würde man mit Vollgas Auto fahren und dabei gleichzeitig bremsen, um die Geschwindigkeit zu regulieren. Der Durchfluss wird über ein Regelventil an der Auslassseite der Kreiselpumpe geregelt, während ein netzbetriebener DOL-Motor (Direct-Online) mit Nenndrehzahl läuft und die Pumpe antreibt. Das Ventil dient dazu, den Durchfluss des Mediums
zu drosseln und an den Prozess anzupassen. Um auf der sicheren Seite zu sein, werden Pumpen und DOL-Motoren beim Engineering häufig überdimensioniert. In der Praxis sind aber nur selten die maximal möglichen Durchflussraten erforderlich. Vereinfacht ausgedrückt heißt das, das Medium durchläuft eine überdimensionierte Pumpe, die von einem mit Nenndrehzahl laufenden überdimensionierten Motor angetrieben wird, und trifft dann auf ein teilweise geschlossenes Regelventil. Der Durchfluss wird zwar geregelt, jedoch in einfachster Weise, was zu einem sehr starken Verschleiß der Anlagenkomponenten und zu einer Energieverschwendung führt.
Die Überwachung von Pumpen in industriellen Prozessen ist weit mehr als eine reine Schutzmaßnahme für das Pumpenaggregat. Neben der präventiven Wartung und...
Die überschüssige Energie, die im Rohrsystem freigesetzt wird, hat häufig unerwünschte Nebenwirkungen wie Vibrationen, Hitze und Lärm. Mit der Zeit können diese negativen Faktoren Pumpen, Rohre, Ventile, Verbindungen sowie die Instrumentierung belasten. Dies hat kostspielige Ausfälle zur Folge und verringert die Zuverlässigkeit des Prozesses. Häufig haben Pumpenanlagen in Industrieprozessen die höchsten Wartungskosten, verglichen mit anderen motorbetriebenen Systemen. Darüber hinaus sind Pumpen und Ventile sehr anfällig für Prozessleckagen, die teuer und gefährlich sein können.
Mithilfe eines drehzahlgeregelten Antriebs (Variable Speed Drive – VSD) lassen sich die Durchflussraten und die Pumpleistung weitaus besser regeln. Aufgrund des Affinitätsgesetzes steigt die aufgenommene Leistung einer Pumpe überproportional mit zunehmender Drehzahl, nämlich mit der dritten Potenz. Dank der drehzahlgeregelten Antriebe kann der Durchfluss präziser geregelt, die Drehzahl reduziert und der Energieverbrauch deutlich gesenkt werden. Wird die Drehzahl des Motors beispielsweise um 20 % gesenkt, kann der Energieverbrauch halbiert werden. Bei einem von ABB durchgeführten Test wurden die Daten einer Kreiselpumpe mit Drosselklappenregelung, die mit einem bei konstanter Drehzahl laufenden DOL-Motor (37 kW) betrieben wurde, mit einem entsprechenden Pumpensystem mit drehzahlgeregeltem Antrieb verglichen. Die Ergebnisse verdeutlichen die Vorteile einer Drehzahlregelung bei Teilvolumenströmen. Beim Motor mit drehzahlgeregeltem Antrieb wird der Energieverbrauch (Eingangsleistung) im Vergleich zur Drosselklappenregelung bei Durchflussraten von 50, 67 und 83 % um jeweils 80, 61 und 35 % reduziert.
Neue gesetzliche Regelung
Auch der Gesetzgeber hat zum Ziel, den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen zu senken und legt mit der Verordnung (EU) 2019/1781 der Kommission verbindliche Mindestwerte für die Energieeffizienz von 2-, 4-, 6- und 8-poligen Drehstrom-Asynchronmotoren fest. Die Umsetzung der neuen Verordnung erfolgt in zwei Schritten und umfasst unter anderem ab 01.07.2021 auch Motoren für explosionsgefährdete Bereiche unter bestimmten Betriebsbedingungen.
Für 3-phasige Motoren mit 0,75 bis 1000 kW Nennleistung wird die Energieeffizienzklasse IE3 verpflichtend, auch für Motoren der Zündschutzarten Ex ec, Ex d, Ex de und Ex t. Die Energieeffizienzklasse IE2 wird für 3-phasige Motoren mit einer Nennleistung von mindestens 0,12 kW und kleiner als 0,75 kW Pflicht.
In einem zweiten Schritt wird ab 1. Juli 2023 die Energieeffizienzklasse IE2 für
Ex eb-Motoren mit erhöhter Sicherheit
mit einer Nennleistung von 0,12 bis 1000 kWvorgeschrieben.
Es lohnt sich in vielen Fällen, auch vorhandene alte Motoren gegen neue auszutauschen. Beispielweise spart ein druckfest gekapselter 30-kW-Motor der Energieeffizienzklasse IE3 im Vergleich zu einem Motor mit IE1 pro Jahr bei Dauerbetrieb ca. 11200 kWh. Nach nur zwei Jahren rechnet sich die Anschaffung des neuen Motors.
Niedrigere Gesamtbetriebskosten
Während der Lebensdauer von motorbetriebenen Pumpensystemen machen die Energiekosten je nach Anwendung 50 bis 95 % an den Gesamtbetriebskosten aus. Hier sind große Einsparungen möglich, die aber häufig nicht genutzt werden. Beispielsweise konnte ein Unternehmen in seinem Werk den Energieverbrauch senken, indem es 500-W-Glühbirnen entfernt hat, die davor kontinuierlich brannten. Es hätte aber auch den Energieverbrauch einer vorhandenen motorbetriebenen, kontinuierlich laufenden 74-kW-Pumpe mit einem teilweise geschlossenen Ventil durch Einsatz eines drehzahlgeregelten Antriebs um 50 % verringern können und wäre dadurch mit 37000 W weniger Leistung ausgekommen. Das entspricht einer Einsparung von 74 Glühbirnen mit 500 W.
Anlagenzuverlässigkeit
Die technischen Weiterentwicklungen bei elektrischen Antrieben senken nicht nur die Energiekosten, sondern bieten inzwischen auch andere wertvolle Möglichkeiten. Dank der kontinuierlichen Datenerfassung, mit der digitale Informationen zur Verfügung gestellt werden und die vorausschauende Wartung ermöglichen, werden die Prozess-laufzeiten maximiert. So kann man aus den Antriebsdaten ablesen, was im Inneren einer Pumpe geschieht, ob sie beispielsweise verschmutzt oder verstopft ist. Die digitale Überwachungsfunktion weist den Motor – und damit die Pumpe – an, die Geschwindigkeit hoch- oder runterzufahren, damit das Laufrad gereinigt werden kann, bevor größere Probleme entstehen oder es sogar zu unerwarteten Ausfällen kommt. Moderne Antriebe können aber auch andere intelligente Funktionen einleiten und regeln, darunter das sanfte Füllen der Rohrleitung, die Ermittlung von Kavitationen, geberlose Durchflussberechnungen, die Mehrpumpenregelung, die Füllstandregelung und Trockenlaufschutz. Dank der Intelligenz im Umrichter für die vorausschauende Wartung und für die Fernüberwachung des Anlagenzustands kann der Pumpvorgang optimiert werden. Darüber hinaus lässt sich der Zustand von Pumpensystemen eingehender analysieren, ohne dass hierfür eine physische Untersuchung der Pumpe an ihrem Betriebsstandort erforderlich ist. Dies ist ein enormer Vorteil für die chemische Prozessindustrie, wo mehrere hundert Pumpen in einem Werk verteilt sind und sich häufig an schwer zugänglichen Standorten befinden. ABB Ability Condition Monitoring für den Antriebsstrang mit der Anbindung der Frequenzumrichter an die Cloud sowie dem Smart Sensor für Motoren, Pumpen und Lager, ermöglichen eine umfangreiche Zustandsüberwachung bis hin zur Vorhersage der Komponentenlebensdauer.
ABB Automation Products GmbH, Ladenburg