Die PAT-Initiative der FDA strebt eine möglichst frühe Erkennung von Fehlern im Prozess an. Dies gilt natürlich auch für die Tablettenproduktion. Eine geeignete Messmethode, um noch bei laufender Herstellung Informationen über den Wirkstoffgehalt der Tabletten zu erhalten, ist die Nah-Infrarot-Spektroskopie. Mit ihr lassen sich die Release-Zeiten, also die Zeit von der Produktion bis zur Auslieferung, stark einschränken.
Dipl.-Wirtschaftsing. Ines Andersen
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In der Vorbereitung der Stoffe für das Tablettieren spielt die Vermischung der Träger- und Hilfsstoffe mit den Wirkstoffen eine sehr große Rolle. Oft werden sie nach dem Mischen noch granuliert, um eine ausreichende Fließfähigkeit zu erreichen, wobei die Granulierung gleichzeitig eine gewisse Fixierung des Mischzustandes bewirkt. Trotzdem können sich Pulver oder auch Granulate im Produktionsprozess, also beim Transport zur Presse oder auch beim Befüllen, entmischen, sodass die gepressten Tabletten infolge dessen einen unterschiedlichen Wirkstoffgehalt aufweisen können. Herkömmlich fand direkt nach dem Pressen die Prüfung der Parameter Gewicht, Dicke, Durchmesser und Härte noch während des Produktionsprozesses statt. Vom Pressenhersteller Fette wird für diese Messungen der Checkmaster angeboten. Er ist heute weltweit in zahlreichen pharmazeutischen Unternehmen als Tablettentester mit Einbindung in die Pressensteuerung (Nachregelung in der Presse, Abschaltung) verbreitet. Der NIR-Checkmaster ist um die Funktion Nah-Infrarot-Spektroskopie erweitert und stellt damit eine komplett neue Generation dieses Gerätes dar. Er ist das Ergebnis einer Kooperation von Fette, Kraemer Elektronik (Hersteller des Checkmasters) und Büchi Labortechnik (Hersteller des FT-NIR-Spektrometers). Das bewährte Konzept des Checkmasters wurde dabei in den Grundzügen übernommen. Beste Handhabung, leichte Reinigung, bedienerfreundliche Wartung, einfaches Justieren und Kalibrieren sind nach wie vor gegeben. Die Funktion „Prüfung des Wirkstoffgehaltes per NIR“ wurde optimal integriert und in die Mitte des Gerätes gelegt. Der geringe Platzbedarf bisheriger Checkmaster-Generationen wurde bei dieser Neuentwicklung weitergeführt, indem die bisherigen Parametertester möglichst platzsparend um die NIR-Technologie herum angeordnet wurden. Das Gerät ist vollständig IP 65-konform und kann auch in den Fette-Isolator implementiert werden.
Der NIR-Checkmaster samt Probenzug und Probenzughäufigkeit wird über die Software der Tablettenpresse gesteuert. Im Vorwege wird definiert, welche Parameter mit welcher Tablettenanzahl geprüft werden sollen, z. B. Gewicht, Dicke, Durchmesser, Härte und NIR. Die physikalischen und die NIR-Daten des Probenzuges werden automatisch in das Chargenprotokoll der Presse integriert. Des Weiteren passt das Gerät mit seiner niedrigen Bauhöhe unter alle Tablettenausläufe. Alle reinigungsrelevanten Teile sind werkzeuglos demontierbar. Die Lampen und auch die Lasereinheit des NIR-Spektrometers sind durch den Anwender leicht austauschbar. Dabei wird durch ein Doppellampenmodul sichergestellt, dass der Betrieb auch bei Ausfall einer Lampe weiterlaufen kann. Die Datenübernahme von und zu NIR-Laborgeräten und die Anbindung an die Fette Tablettenpressensoftware sind gewährleistet.
Hohe Erwartungen
Mit schon vorhandener, eigener Erfahrung in der NIR-Technologie wurde die Salutas Pharma GmbH auf einem von Fette abgehaltenen internationalen Kunden-Workshop auf das Projekt aufmerksam und war sofort an einer Zusammenarbeit interessiert. Heute sind bei der Salutas Pharma die Dipl.-Ing. Lydia Lehwald und die Diplomandin Nadja Doll für das neue NIR-Projekt verantwortlich. Die Erwartungen sind hoch, der Komplexität des Themas entsprechend. Die Integrationsmöglichkeit in bestehende Systeme spielte dabei für die Entscheidung eine wichtige Rolle: „Wir wollen eine schnelle und direkte Kontrolle des Wirkstoffgehaltes, um das Prozessverständnis zu erhöhen”, erklärt Lehwald. Die Entscheidung, außerhalb der Presse (NIR-Checkmaster) mit dem Transmissionsverfahren zu messen und nicht innerhalb der Presse über Reflexion (VisioNIR), erfolgte, um die Flexibilität des Einsatzes auch an anderen Pressen zu haben. „Die von den beteiligten Herstellern angebotenen Schulungen bezüglich NIR, Pressenbedienung und die angebotene Unterstützung waren so gestaltet, dass auch ein Neueinsteiger eine gute Chance hat, sich in das Gebiet der NIR-Technologie einzuarbeiten“, erläutert Doll.
Hauptziel des Projektes, das eingebettet ist in das Großprojekt PAT, ist das Prozessverständnis, um mögliche Gehaltsschwankungen zu erkennen und diesen dann zeitnah gegenzusteuern. Als Testobjekte wurden zwei Produkte aus dem Portfolio von Salutas ausgewählt, die als ACE-Hemmer eingesetzt werden. Die Auswahl dieser Produkte beruhte auf einer ganzen Reihe von Aspekten:
- verschiedene Wirkstoffbeladungen der Produkte (Captopril 15 %/Ramipril 3 %)
- verschiedene Produktionsverfahren (Direkttablettierung/Granulierung vor Tablettierung)
- verschiedene Tablettenformen (Kleeblatt/Oblong)
Weiter war es erklärte Absicht, auch die Grenzen des Systems zu testen, daher war es interessant zu sehen, wie das System auf Tabletten mit stark ausgeprägten Merkmalen reagiert.
Im Vorwege muss die Erstellung eines Kalibriermodells (75-125 % der Sollwerte) unter Verwendung von im Labor vorbereiteten Mustern mit bekanntem Wirkstoffgehalt, die unter Produktionsbedingungen verpresst wurden, erfolgen. Die Erstellung der Kalibrierkurve erfolgte auf einem NIR-Laborgerät, das von Büchi für die Projektdauer zur Verfügung gestellt wurde. Durch die Unabhängigkeit der NIR-Messeinheit zur Tablettenpresse und die höhere Leistungsfähigkeit des Laborgeräts (Probenteller für 30 Proben) war eine schnelle und nahezu selbstständige Messung möglich. Dieser Fakt ist sehr wichtig, da bei der Erstellung der Kalibrierkurve eine sehr große Menge an Proben anfallen, von denen das Spektrum erfasst werden muss. Die Daten konnten nach Überprüfung ohne Probleme auf den NIR-Checkmaster übertragen werden, da die Software des Laborgerätes und der eingebauten NIR-Einheit identisch sind. „Diese Tatsache ist ein Riesenvorteil”, so Lydia Lehwald. Die Tabletten für das Kalibriermodell werden nach der NIR-Messung zwecks Vergleichbarkeit nochmals mittels High Performance Liquid Chromatography analysiert und das Modell somit validiert.
Kalibrierung muss sein
Da die Erstellung einer Kalibrierung pro Produkt sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, wird die Erstellung von Kalibrierungen für weitere Produkte nach und nach ins Visier genommen. Dafür müssen aber die Kosten für die Methodenerstellung den möglichen Risiken einer Abweichungshäufigkeit/-möglichkeit und das Produktionsvolumen eines bestimmten Produktes genau abgewogen werden. Eine Kosten-Nutzen-Analyse ist daher notwendig.
Beim Anlegen der Kalibrierreihen ist zu beachten, dass sich mit Verändern der Härte auch die Lichtdurchlässigkeit der Tabletten verändert. Zur Kalibrierung erfolgt als Erstes die Bestimmung des Wirkstoffgehaltes durch die Transmissionsmessung. Der Wirkstoffgehalt jeder einzelnen Tablette wird dann im Anschluss mithilfe einer chemometrischen Analyse ermittelt. Mithilfe dieses Kalibriermodells erfolgt später die Ermittlung des Ist-Wirkstoffgehaltes auf dem NIR-Checkmaster. Liegt dieser Wert außerhalb der vorgewählten Toleranzen, wird die Presse mit der entsprechenden Diagnosemeldung gestoppt. Zur Kontrolle verfügt die NIR-Einrichtung über einen automatischen Weißabgleich und kann regelmäßig einen Systemselbsttest durchführen. Da während der NIR-Messung in der Tablette keine Temperaturerhöhung erfolgt, ist dieses Verfahren auch für thermolabile Wirkstoffe geeignet. Der errechnete Wirkstoffgehalt wird samt Positionierung im Sammler direkt in das Produktionsprotokoll der Presse übertragen, sodass der Wirkstoffgehalt genau der gemessenen einzelnen Tablette auch noch später zugewiesen werden kann. Ein Modifizieren der ermittelten Daten ist nicht möglich. Die Messung beginnt mit der Erfassung der Daten/Spektren und endet mit dem Protokollieren der Ergebnisse im Chargenprotokoll der Tablettenpresse.
Der konkrete Prüfvorgang läuft wie folgt ab: Über eine Vereinzelungsrinne, einen kombinierten Schwing-/Vibrationsförderer, wird immer nur eine einzelne Tablette in eine Station des Transportsterns des NIR-Checkmasters gegeben. Der Transportstern ist auf eine verbesserte Positionierung für die verschiedensten Tablettenformen optimiert. Zuerst erfolgen die klassischen Prüfungen: Gewicht auf 0,001 g genau mit einer Messzelle Sartorius WZ64 S, die mit Druckausgleich separat gekapselt ist. Dann die Dickenmessung mit einem DM-IP II im digitalen Messverfahren auf 0,02 mm genau. Anschließend die Messung von Durchmesser und Härteprüfung auf ±1 N genau. Die Tabletten für die NIR-Prüfung werden nicht auf Härte getestet. Letzter Prüfschritt ist die Wirkstoffgehaltsmessung mittels NIR. Die Tablette wird in zwei formatspezifischen Halbnestern, die aus speziellem, nicht reflektierendem Kunststoff bestehen, mit zwei Klammern auf 0,1 mm genau positioniert. Diese extrem genaue Positionierung ist notwendig, um exakte und reproduzierbare Messergebnisse zu erhalten, da die NIR-Messung immer an einer gleich dicken Stelle der Tablette erfolgen muss.
Anspruchsvolle Form
Die relativ komplizierte Form eines Kleeblattes von Captopril und die Oblong-Form von Ramipril stellten eine besondere Anforderung an die Positioniereinrichtung des NIR-Checkmaster. „Die Positionierung der Tabletten ist durch Krämer sehr elegant gelöst worden, bisher sind wir diesbezüglich sehr zufrieden”, resümiert Lehwald. Die Befürchtung, dass durch eine fehlende Reproduzierbarkeit der Tablettenpositionierung eine valide Methodenerstellung unmöglich ist, erwies sich als unbegründet. Dieses Hindernis konnte mithilfe von speziellen produktspezifischen Einsätzen, die sehr schnell werkzeuglos getauscht werden können, gelöst werden.
Zufriedenstellende Ergebnisse
Der nächste große Schritt für alle beteiligten Firmen wird die Realisierung einer Regelung des Wirkstoffgehaltes nach den Messergebnissen sein. „Die Regelung des Wirkstoffgehaltes ähnlich der Regelung des Tablettengewichtes kann erst der zweite Schritt nach einer längeren Testphase sein, die im realen Produktionsumfeld stattfindet, um die Methode zu verifizieren und zu etablieren. Letztendlich ist es eine Frage der Prozessqualität und Kontrolle bzw. Prozesssteuerung”, sagt Doll. Ganz wesentlich ist der Ansatz für eine Zulassung des Systems. „Nach Abschluss einer zur Labormethode gleichwertigen Validierung ist geplant, die Ergebnisse noch über einen längeren Zeitraum engmaschig zu kontrollieren, um dann mit sehr hoher Sicherheit davon auszugehen, dass diese Methode konstant valide Ergebnisse liefert. Im Anschluss daran muss überlegt werden, ob die Methode der Kontrollbehörde gemeldet wird, um die übliche Qualitätskontrolle in diesem Punkt zu ersetzen”, so Lehwald. Salutas ist mit dem Prototypen des NIR- Checkmasters mehr als zufrieden. „Die Gründe hierfür sind die kompakte Bauweise, die sehr reproduzierbare, genaue Zuführung der Tabletten zur NIR-Einheit sowie die gute Übertragbarkeit vom Laborgerät zum NIR-Checkmaster und die bedienerfreundliche Software“, resümiert Lehwald.
Halle 3, Stand D23
cav 465
Pressen von Fette
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