Die ICH-Richtlinie Q3D Step 4 nennt 24 elementare Verunreinigungen, die sie aufgrund ihrer Toxizität in vier Risikoklassen einteilt. Besondere Bedeutung kommt dabei den Verunreinigungen der Klasse 1 mit Cadmium, Quecksilber, Blei und Arsen sowie der Klasse 2a mit Cobalt, Vanadium und Nickel zu, für die unabhängig von einer absichtlichen Zugabe oder einem unabsichtlichen Eintrag in das Medikament eine Risikoanalyse gefordert ist. „Die Guideline lässt jedoch einen gewissen Spielraum zu“, erklärt Erik Becker, Leiter des Prüflaboratoriums bei der Institut Kirchhoff Berlin GmbH. „Die Hersteller können sich entscheiden, ob sie alle 24 Elemente in den Pharmaka überprüfen wollen oder sich stattdessen auf die kritischsten Verunreinigungen mit dem höchsten toxischen Potenzial konzentrieren.“
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Mehr Effizienz durch Multimethode
Generell stehen dafür moderne instrumentelle Analysemethoden, Mikrowellendruckaufschluss-Systeme, Massenspektrometer mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS) und Atomabsorptionsspektrometer (AAS) zur Verfügung. Sollen alle 24 vorgeschriebenen Elemente bis hin zu Chrom getestet werden, stellt dies sehr hohe Ansprüche an Analysemethoden und -technik. Denn hier sind auch Elemente vertreten, auf die in der Regel nicht geprüft wird, wenn es um elementare Verunreinigungen geht; darunter beispielsweise Osmium, Silber oder Gold. „Da viele dieser Elemente noch nie von einem Prüfinstitut in diesem Zusammenhang untersucht worden sind, gab es auch kaum Vorgaben, an denen man sich bei der Methodenentwicklung und der Kontrollstrategie hätte orientieren können“, so Becker.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, alle diese Elemente nach einer gesonderten Methodik zu überprüfen, was jedoch mit einem hohen Aufwand an Zeit, Personal, Material, Geräten und damit Kosten verbunden ist. Eine Multimethode, die möglichst alle Schwermetalle abdeckt, ist daher wesentlich effizienter und ökonomisch sinnvoller, stellt in der Entwicklung jedoch eine besondere Herausforderung dar: „Je höher die Zahl der untersuchten Verunreinigungen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Elemente selbst Störungen bei der Messung verursachen“, erläutert Dr. Willi Desens, Leiter der Fachabteilung Elementanalytik. „Bei der ICP-MS beispielsweise kann es bei einzelnen Elementen dazu kommen, dass verschiedene Isotope, die dieselbe Masse besitzen, falsch positive Werte hervorrufen.“ Dem Institut Kirchhoff ist es dennoch gelungen, eine Methode zu entwickeln, die mit einer Ausnahme alle vorgeschriebenen Elemente abdeckt und gleichzeitig Störungen so reduziert, dass der tatsächliche Gehalt an Verunreinigungen zweifelsfrei festgestellt werden kann. Diese Multimethode umfasst die Analyse mittels ICP-MS für 23 Elemente, lediglich für Gold wird auf die AAS zurückgegriffen. „Sollen nur die sieben besonders toxischen Elemente überprüft werden, kann auf die AAS verzichtet werden“, so Desens.
Gezielte methodische Eingriffe
Für die Aufarbeitung der Proben wird ein Mikrowellendruckaufschluss verwendet. Die eingesetzten Säuren, wie beispielsweise Salpetersäure, werden zuvor in speziellen Subboiling-Anlagen noch einmal destilliert, um eine besonders hohe Reinheit zu erreichen. Zudem werden verschiedene Säuremischungen zum Aufschluss von Proben unterschiedlicher Matrizes – beispielsweise Tabletten oder Emulsionen – verwendet sowie stahlfreie Gerätschaften eingesetzt, um einen Eintrag von metallischen Verunreinigungen ausschließen zu können. Für die Messung mittels ICP-MS wird ein sensitives Gerätesystem eingesetzt, das auch eine Analytik im unteren ppm-Bereich ermöglicht, sodass selbst kleinste Verunreinigungen festgestellt werden können. Es erlaubt zudem eine Ionisierung von Elementen mit hohem Ionisierungspotenzial wie zum Beispiel Thallium (10,43 eV). Da in Abhängigkeit von den vielfältigen möglichen Darreichungsformen – unter anderem Tabletten, Kapseln oder Emulsionen – viele verschiedene Matrizes untersucht werden müssen, wurde zudem ein besonders robustes Gerätesystem gewählt. „Trotz dieser optimalen technischen Voraussetzungen mussten auch wir uns an die Analytik erst einmal herantasten“, erläutert Desens. „Bei Problemelementen wie Quecksilber, Arsen oder Osmium haben wir gezielt methodisch eingegriffen, um auch diese in verschiedenen Matrixgruppen valide bestimmen zu können.“ So werden beispielsweise zur Unterdrückung von Memory-Effekten Additive zugegeben, zur Quantifizierung von Quecksilber etwa Gold. Um polyatomare Störungen wie zum Beispiel ArCl+ (m/z = 75) zu reduzieren, wird eine effiziente Kollisionszelle verwendet, sodass sich As+ (m/z = 75) interferenzfrei bestimmen lässt. Zudem werden einige Elemente, die unter oxidativen Bedingungen leichtflüchtige Verbindungen bilden (Os beispielsweise wird zu OsO4), stabilisiert.
Vierstufiges Vorgehen
Soll die Methode auf ein bestimmtes Portfolio an Arzneimitteln angewendet werden, wird im Institut Kirchhoff auf ein vierstufiges Vorgehen gesetzt. „Als erstes wird die Methode für die fallspezifischen Anforderungen angepasst – also zum Beispiel Anzahl der zu analysierenden Elemente, Validierungsumfang und -parameter – und dann matrixspezifisch auf ausgewählten Arzneimitteln, sogenannten Vertretermatrizes, validiert“, so Becker. „Mit den validierten Methoden wird anschließend in eine Screeningphase gegangen, das heißt, die verschiedenen Medikamente eines Herstellers werden in verschiedenen Chargen überprüft, um den Status quo an vorhandenen Verunreinigungen feststellen zu können.“ Schließlich wird zusammen mit dem Auftraggeber eine Kontrollstrategie für die fortlaufenden Produktanalysen festgelegt.
Diese Vorgehensweise unterscheidet sich von bisher veröffentlichten methodischen Ansätzen, die oftmals nicht nach der Darreichungsform der Medikamente unterscheiden und die Ansicht vertreten, dass diese keinen Einfluss auf das Ergebnis haben sollte. Validierungsergebnisse des Instituts Kirchhoff widersprechen dem jedoch deutlich und zeigen, dass für die unterschiedlichen Darreichungsformen Optimierungen in der Analytik vorgenommen werden müssen. Die verschiedenen Pharmaka haben sehr unterschiedliche Interferenzen, die die Analytik stören können. Sie weisen zum Teil sehr hohe Salzfrachten auf, zum Teil enthalten sie unlösliche Bestandteile wie Siliziumdioxid oder Titandioxid.
Bei positiven Befunden oberhalb der Schwellenwerte muss anschließend im Zuge der Festlegung einer Kontrollstrategie herausgefunden werden, was der Ursprung dieser Verunreinigungen ist. Dabei sind verschiedene Eintragswege denkbar: So können über die Katalysatoren, die zur Herstellung eines Wirkstoffs verwendet werden, besonders Vanadium und Nickel ins Medikament gelangen. Weitere potenzielle Quellen sind Prozesshilfsmittel, verwendetes Prozesswasser, die Anlage selbst – etwa durch Abrieb von Edelstahloberflächen – oder auch die Verpackung, aus der Elemente migrieren können.
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