Theisen ist ein familiengeführtes und konzernunabhängiges Engineering- und Serviceunternehmen mit Sitz in München. In den mehr als 100 Jahren Unternehmensgeschichte sammelte das Unternehmen vielfältige Erfahrungen auf den Gebieten der Abluft- und Abgasreinigung aus industriellen Produktionsprozessen und plante und installierte eine Vielzahl an hocheffizienten Gasreinigungsanlagen und Anlagenkomponenten für metallurgische Schmelz- und Reduktionsöfen, aber auch in den Bereichen Chemie und Energie. Insbesondere die nassen Gasreinigungsanlagen mit dem Theisen-Desintegrator als Herz der Anlage zeigen eine hohe Verfahrenseffizienz und lange Lebensdauer. Mit der Heißgasfiltration baut das Unternemen ein weiteres Gebiet der Gasreinigung mit besonderen Anforderungen auf.
Ein anspruchsvolles Projekt
Während die Gasreinigungsanlagen für Kupolöfen oder Elektro-Reduktionsöfen sonst durchaus ganze Häuser füllen können und Rohrleitungsdurchmesser von 1500 mm keine Seltenheit sind, war eine Anlagenerneuerung und -erweiterung für einen Kunden in Österreich wie Uhrmachertechnik für Theisen: Technik auf kleinem Raum. Für das Unternehmen, das mehrere Öfen zum Brennen von Graphit-Elektroden betreibt, hatte Theisen 1997 drei Anlagen zur Prozessgasreinigung geliefert, die seitdem kontinuierlich parallel betrieben werden. Dabei werden die beim Brennen der Elektroden entstehenden heißen, teer- und staubhaltigen Abgase aus den Graphitierungsöfen in einer Nasswäsche mittels Theisen-Desintegratoren gekühlt und gereinigt. Eine besondere Herausforderung im Prozess ist das Handling der in der Gasreinigung aus dem Gas abgeschiedenen Teerbestandteile.
Jede der drei Gasreinigungslinien besteht aus einem Gegenstromgaskühler, einem Desintegrator-Gaswäscher und einem Wasserabscheider, der das gereinigte Prozessgas vom jetzt schmutzigen und erwärmten Kühl- und Waschwasser trennt. Alle drei Apparate sind jeweils auf einem geschlossenen und beheizten Wasserbecken aufgebaut, über das das Kühl- und Waschwasser der Anlage weitestgehend in einem geschlossenen Kreislauf gefahren wird.
Ein wesentlicher Bestandteil der Gesamtanlage ist die Gasverteilung, in der die einzelnen Reingasströme der parallel arbeitenden Desintegratoranlagen zusammengefasst werden und über die das Reingas nachfolgend entweder einem Verbraucher (thermische Nachverbrennung) zugeführt oder über den Reingaskamin abgeleitet wird. Durch die in den Behältern der Gasverteilung integrierten Wassertauchungen erfolgt ein sicherheitstechnisch erforderlicher, gasdichter Abschluss der einzelnen Anlagenteile gegeneinander und zur Umgebung. Über die variable Tauchtiefe der gaszuführenden Rohrleitung in den Tauchbehältern kann der Weg des Reingases vorgegeben werden.
Nachdem die Anlage seit mehr als 20 Jahren in Betrieb war, beauftragte der Betreiber Theisen 2019 mit dem Umbau der Gasverteilung mit einigen Modifizierungen an den Apparateabmessungen, bei der Anlagenaufstellung und der integrierten Messtechnik. Auch wegen der nur sehr begrenzt zur Verfügung stehenden De- und Montagezeit wurde der neue Anlagenteil auf einem gemeinsamen Stahlprofilgrundrahmen aufgebaut und in einer Vormontage bereits intern komplett verrohrt. Seit Oktober 2019 läuft die Anlage problemlos.
Gaskonditionierung erforderlich
2020 beauftragte der Betreiber Theisen mit einer Erweiterung der bestehenden Anlage um eine Gaskonditionierung: Nach den Desintegratoranlagen ist das gereinigte Prozessgas entsprechend der vorliegenden Gastemperatur wasserdampfgesättigt. Um eine Kondensation des im Gas enthaltenen Wasserdampfes in der Zuleitung zur nachfolgenden Entschwefelung oder in der Entschwefelung selbst zu vermeiden, muss die Feuchtigkeit der Ofenabgase reduziert werden. Theisen entwickelte dafür ein Verfahrenskonzept, bei dem das Reingas erst gekühlt und damit der Wasserdampfgehalt durch Kondensation gesenkt und anschließend wieder erwärmt wird. Ein Gebläse übernimmt das Prozessgas von der Gasreinigung und fördert es über die Entschwefelung zur Nachverbrennung. Die Gaskühlung erfolgt in zwei parallel angeordneten Röhrenbündelwärmetauschern, wobei immer nur ein Wärmetauscher in Betrieb ist, während der andere gereinigt werden kann. Das Prozessgas durchströmt die senkrecht stehenden Wärmetauscher von oben nach unten durch das Rohrbündel. Außen um die Rohre wird im Gegenstrom Kühlwasser aufgegeben, sodass das Gas gekühlt wird und ein Teil des im Gas enthaltenen Wasserdampfes kondensiert. Im Unterteil des Wärmetauschers trennen sich Gas und Kondensat: Das Wasser fließt durch eine beheizte Kondensatleitung zurück zum Wasserbecken des Reingassammlers der Gasverteilung, während das gekühlte Gas seitlich aus dem Wärmetauscher abgeleitet wird. Die Regelung der erforderlichen Kühlwasserzulaufmenge erfolgt temperaturgeführt über eine FU-geregelte Kühlwasserpumpe.
Beim Durchströmen des Rohrbündels kommt es in den Rohren der Wärmetauscher auch zu Anbackungen von noch im Reingas enthaltenen Teeraerosolen, sodass sich mit zunehmender Betriebszeit der Wärmeübergang im Wärmetauscher zwischen Gas und Kühlwasser verschlechtert. Der Wärmetauscher muss also periodisch aus dem Prozess herausgenommen und die Wärmetauscherrohre von innen gereinigt werden. Dazu erfolgt eine Umschaltung des Gaspfades auf den zweiten, parallel installierten Gaskühler.
Nach den Gaskühlern wurde ein Rohrbündelwärmetauscher zur Gaserwärmung installiert, um das Prozessgas wieder aufzuheizen und die relative Feuchte des Prozessgases abzusenken. Auch in diesem Wärmetauscher wird das Prozessgas von oben nach unten durch die Rohre geführt, während das Heizwasser im Gegenstrom außen um die Wärmetauscherrohre geleitet wird. Da hier kaum noch Teeranbackungen in den Wärmetauscherrohren anfallen, ist dieser nur einfach ausgeführt, kann bei Bedarf aber auch durch einen Bypass umfahren werden. Die Regelung der erforderlichen Heizwassermenge erfolgt temperaturgeführt über eine FU-geregelte Warmwasserpumpe.
Anschließend übernimmt ein Druckerhöhungsgebläse das Reingas und fördert es über die Entschwefelungsanlage zur Nachverbrennung. Zwischen Entschwefelungsfilter und Nachverbrennung soll in einem nächsten Schritt auch noch ein wassergesperrtes Überströmventil eingebaut werden, als Flammenrückschlagsicherung und Möglichkeit der Ableitung der Prozessgase auf einen Notkamin.
Bei beiden Anlagenteilen wurden alle Rohrleitungen in Edelstahl ausgeführt und alle Apparate, Rohrleitungen, Armaturen und die vielfältige Messtechnik auf engstem Raum innerhalb einer Ex-Zone verbaut. Insbesondere die interne Verrohrung der Anlage mit den verschiedenen Medienleitungen (Prozessgas und -wasser, Kühl- und Heizwasser, Sperrgas und -wasser) in Edelstahlausführung war wegen der sehr kompakten Bauweise der Anlage eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Nur die enge Zusammenarbeit mit dem Anlagenbetreiber und mit den Zulieferern der einzelnen Komponenten ermöglichte die problemarme Umsetzung des Projektes.
Theisen GmbH, München