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Wunderwaffen Sauerstoff und Kohlendioxid

Gasebasierte Verfahren zur Wasseraufbereitung
Wunderwaffen Sauerstoff und Kohlendioxid

Ob zur Abdeckung von Spitzenbelastungen, zur Neutralisation von Abwasser, zur Geruchselimination oder zur Entfernung von Mikroschadstoffen: Die Anwendung von Sauerstoff (O2), Kohlendioxid (CO2) und Ozon (O3) lohnt sich in vielen Bereichen des Wasserkreislaufs – das Spektrum reicht dabei vom Trinkwasser über die kommunale und industrielle Abwasseraufbereitung bis hin zum Oberflächenwasser in Seen und Flüssen.

Der globale Wasserverbrauch steigt seit den 1980er-Jahren laut dem Weltwasserbericht 2019 der Vereinten Nationen um etwa 1 % jährlich. Mit dem wachsenden Bedarf nehmen auch die Herausforderungen zu, die mit der Bereitstellung von sauberem, schadstofffreiem Wasser verbunden sind. Kritische Punkte sind beispielsweise immer größere Abwassermengen bzw. Schadstofffrachten, die Komplexität von Mikroschadstoffen und strenge Umweltvorschriften. Innovative Lösungsansätze für die Wasserbehandlung bietet der Einsatz von technischen Gasen. Mithilfe von Sauerstoff, Kohlendioxid und Ozon lassen sich unterschiedliche Aufgabenstellungen meistern.

Kohlendioxid zur Neutralisation

Wird Kohlendioxid in Wasser gelöst, bildet sich Kohlensäure, ein ausgesprochen wirksames Neutralisationsmittel mit sehr flach verlaufender Neutralisationskurve. Dadurch lässt sich der gewünschte pH-Wert auch bei schwankenden Rohwasserparametern exakt einstellen und kontrollieren. Zudem führt die Neutralisation mit Kohlensäure zu einer Erhöhung des Puffervermögens des Wassers. Das bedeutet, es kann Säuren oder Basen in einer bestimmten Menge aufnehmen, ohne dass sich dies wesentlich auf den pH-Wert auswirkt. Die Gefahr einer Übersäuerung ist folglich so gut wie ausgeschlossen. Damit lässt sich Kohlendioxid bei der Behandlung von Oberflächenwasser zur Stabilisierung des pH-Werts und im Trinkwasserbereich zur Einstellung des Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichts nutzen. Auch bei der Neutralisation alkalischer Abwässer stellt Kohlendioxid eine umweltfreundliche und wirtschaftliche Lösung dar. In der Vergangenheit kamen hier häufig Mineralsäuren wie Salzsäure, Schwefelsäure oder stark oxidierende Salpetersäure zum Einsatz. Die Verwendung von Kohlendioxid hat gegenüber diesen ätzenden, korrosiven Mineralsäuren deutliche Vorteile: Denn anders als diese führt Kohlendioxid nicht zu einer Aufsalzung des Abwassers mit Nitraten, Chloriden und Sulfaten. Und auch die Notwendigkeit einer Regelungstechnik wird bei der Verwendung von Kohlendioxid als Neutralisationsmittel auf ein Minimum reduziert. Nicht zuletzt sind Mineralsäuren in der Handhabung mit einer Reihe potenzieller Gefahren wie Verätzungsgefahr oder der Entstehung giftiger Dämpfe verbunden, die Vorsichtsmaßnahmen wie Notduschen oder Auffangwannen erforderlich machen. Auch hierauf kann beim Einsatz von Kohlendioxid verzichtet werden. Trotzdem ist im Umgang mit dem Gas natürlich Vorsicht geboten, da es sauerstoffverdrängend und in hohen Konzentrationen narkotisierend wirkt. Allerdings lässt sich die Gefahr durch Aufstellung im Freien oder eine ausreichende Lüftung und im Bedarfsfall durch eine entsprechende Sensorik deutlich verringern.

Eintragstechnik für Kohlendioxid

Für den Eintrag von Kohlendioxid in das zu behandelnde Wasser stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Entscheidende Faktoren für die Wahl des Verfahrens sind die Menge und der pH-Wert des Wassers sowie die baulichen Gegebenheiten. Linde bietet mit Solvocarb ein breites Spektrum an Eintragstechnik – per Schlauch, Reaktor, Düse oder Venturi-Injektor. Dieser kann – auch nachträglich – in Rohrleitungen integriert werden und gewähreistet einen hohen Stoffübergang sowie eine ausgezeichnete Lösungswirkung. Das Venturi-System ist für Anwendungsfälle konzipiert, die eine exakte Regelung des pH-Werts erfordern und eignet sich sowohl für Frischwasser als auch für feststoffarmes Abwasser.

Sauerstoff macht Bakterien Dampf

Sauerstoff schafft optimale aerobe Bedingungen für die biologische Aufbereitung von Wasser und unterstützt die Beseitigung biologischer Nährstoffe. Häufig ist der Eintrag von Luftsauerstoff jedoch der limitierende Faktor für die Reinigungsleistung. Denn konventionelle Belüftungssysteme stoßen schnell an ihre technischen Grenzen, wenn es um hohe Wassertemperaturen, kritische Inhaltsstoffe und erhöhte Zulauffrachten geht. So können saisonale Temperaturschwankungen eine Herausforderung für die Anlagenbetreiber in der kommunalen und industriellen biologischen, aeroben Abwasserbehandlung darstellen. Denn aerobe Bakterien sind in warmen Gewässern aktiver, was zu einem erhöhten Sauerstoffbedarf bei gleichzeitig verringerter Löslichkeit von Sauerstoff führt. Der sinkende Sauerstoffgehalt im Belebungsbecken kann Prozessstörungen verursachen wie unerwünschte Ablagerungen in den Nachklärbecken. In extremen Fällen ist zudem eine Freisetzung von Schwefelwasserstoff möglich, die eine Geruchsbelästigung nach sich zieht.

Mehr Sauerstoff – weniger Probleme

In zahlreichen Fällen ist die systematische Zugabe von Sauerstoff ein wirksames Mittel, um zusätzliche Kapazitäten als Ergänzung zum vorhandenen Belüftungskonzept bereitzustellen, saisonale oder produktionsbedingte Lastspitzen abzufedern oder verfahrenstechnische Probleme wie übermäßige Schaumbildung, die Entstehung von Aerosolen oder problematischen Gerüchen zu beseitigen. Die biologische Behandlung von Abwässern kann durch die wesentlich höhere O2-Löslichkeit von Reinsauerstoff gegenüber Luft erheblich verbessert werden. Auch hierbei ist, wie beim Einsatz von Kohlendioxid, ein möglichst effizienter Eintrag des Gases entscheidend. Linde begegnet dieser Herausforderung mit der Solvox-Produktreihe. Durch die Kombination des hohen Wirkungsgrades von reinem Sauerstoff mit einer effizienten Misch- und Sauerstoffübertragungsleistung führen die Solvox-Lösungskonzepte zur bestmöglichen Nutzung des Sauerstoffs. Zudem sind sie aufgrund des geringen Montage- und Installationsaufwands innerhalb kürzester Zeit einsatzbereit und können auch in bereits in Betrieb genommenen Becken installiert werden. Die mit Prozessstillständen verbundenen Kosten und Komplikationen werden so vermieden.

Mit Ozon gegen Mikroschadstoffe

Ozon ist eines der stärksten Oxidationsmittel und wird in der Wasseraufbereitung eingesetzt, um Verunreinigungen zu beseitigen, den Gehalt von Mikroschadstoffen im Trinkwasser zu reduzieren und industrielle Abwässer mit hohem chemischem Sauerstoffbedarf – wie sie beispielsweise in der Pharmabranche anfallen – zu behandeln. Insbesondere, wenn es um die Beseitigung von Mikroverunreinigungen aus Wasser geht, ist der Einsatz von Ozon eine der wirksamsten Methoden. Die herkömmliche Ozonherstellung ist jedoch energieaufwendig, denn die meisten Ozongeneratoren nutzen hierfür Sauerstoff als Einsatzstoff, wobei lediglich ein geringer Prozentsatz tatsächlich in Ozon umgesetzt wird, während rund 90 % des Sauerstoffs ungenutzt bleiben. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, bietet Linde das Sauerstoff-Rückgewinnungssystem Ozora an. Das System ermöglicht es, Sauerstoff zu recyceln und wiederzuverwenden, bevor er entweicht. So lassen sich bis zu 60 % des Sauerstoffs rückgewinnen. Damit verringern sich die Betriebskosten erheblich und machen die Ozonherstellung wesentlich wirtschaftlicher.

Linde AG, Unterschleissheim


Autor: Johann Kaltenegger

Anwendungstechnik Chemie,

Linde Gases Division

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