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Hoher Feststoffanteil im oszillierenden Reaktor

Macht Bioraffinerien effizienter
Hoher Feststoffanteil im oszillierenden Reaktor

Bisher werden oszillierende Reaktoren kommerziell in chemischen Prozessen mit geringen Feststoffgehalten eingesetzt. Das österreichische Forschungsinstitut AEE Intec erforscht nun den Einsatz der Reaktoren für biochemische Prozesse mit hohem Biomasseanteil wie die enzymatische Hydrolyse von Zellulose.

Der oszillierende Reaktor ist in seinem Grundaufbau ein Rohrreaktor, der mit Einbauten ausgestattet ist. Eine Oszillationspumpe versetzt das Fluid, das durch den Reaktor strömt, in Schwingungen. An den Einbauten in der Röhre bilden sich Turbulenzen, die sich durch Amplitude und Oszillationsfrequenz der Pumpe steuern lassen. Der Volumenfluss durch den Reaktor erfolgt in Form einer überlagernden Pfropfenströmung. Die Fließgeschwindigkeit durch den Reaktor kann so von der Partikelgeschwindigkeit entkoppelt werden. Dadurch lässt sich ein langsamer Prozess kontinuierlich betreiben, während sichergestellt ist, dass die Einsatzstoffe durch die Oszillationsbewegung sehr gut durchmischt werden.

Flexibel skalierbar

In den bisherigen Versuchen wurden doppelwandige Glasreaktoren eingesetzt, um die Strömungen im Inneren besser untersuchen zu können. Je nach geforderten Produktionsbedingungen sind aber auch andere Materialien möglich, z. B. Edelstahl. Je nach Anwendungsbereich sind verschiedene Baugrößen und Abmessungen des Reaktors möglich.

Der Reaktor ist modular aus mehreren Rohrstücken aufgebaut. Die Länge des gesamten Reaktors ergibt sich aus der im Prozess benötigten Verweildauer und der Flussgeschwindigkeit. Letztere kann sehr langsam sein, da die Oszillationsbewegung die nötigen Turbulenzen erzeugt und die Durchmischung selbst von dickflüssigen Suspensionen ermöglicht. Medienspezifisch kann das Verhältnis von Flussgeschwindigkeit und Oszillation für eine optimale Rheologie optimiert werden. Neben der Länge kann man auch den Durchmesser an die Prozessanforderungen anpassen. Der Reaktor kann durch die parallele oder serielle Verschaltung der Rohrstücke einfach skaliert werden.

Auf Basis der bisherigen rheologischen Testreihen hat AEE Intec mögliche Reaktorgrößen berechnet. In erster Näherung kann man damit rechnen, dass man für eine einstündige Verweilzeit und gleichzeitig gute Durchmischung einer hochviskosen Suspension einen Reaktor mit 7 cm Durchmesser und einer Länge von 20 m benötigt. In der Praxis ist natürlich noch eine genaue Dimensionierung nötig und eine Optimierung möglich.

Hohe Ressourceneffizienz

Der oszillierende Reaktor ermöglicht es, die Vorteile eines Rohrreaktors auch für Prozesse mit langsamer Reaktionskinetik zu nutzen. Durch die Oszillation werden die Suspensionen optimal durchmischt und gleichzeitig langsam und kontinuierlich durch den Reaktor transportiert. Das funktioniert selbst bei hohen Feststoffkonzentrationen. Im Test mit suspendierter α-Zellulose war im Vergleich zu herkömmlichen Reaktoren eine Steigerung der eingesetzten Konzentration um den Faktor 3,5 möglich – um diesen Faktor könnte das Prozessvolumen also bei gleichem Massenstrom kleiner ausfallen. Die hohen Feststoffkonzentrationen bedeuten auch, dass in vielen Fällen die Verdünnung und anschließende Aufkonzentrierung entfallen können.

Die optimierte Durchmischung zieht eine Reihe weiterer ökonomischer und ökologischer Vorteile nach sich. Im Test in enzymatischen Prozessen erbrachte der Reaktor ähnliche Ergebnisse wie herkömmliche Reaktoren mit 20 % geringerem Enzymeinsatz. Ein weiterer Effekt ist der bessere Wärmeübergang. Dieser wiederum ermöglicht es, eine bestimmte Zieltemperatur im Prozess auch mit niedriger Temperatur von Wärmequellen zu erreichen, zum Beispiel Abwärme oder Solarthermie.

Enzymatische Hydrolyse

Ein wichtiges Beispiel für einen langsamen Prozess mit hohem Feststoffanteil ist die enzymatische Hydrolyse von Lignozellulose, bei der Zellulose zu ihren Einzelbausteinen, den Zuckern abgebaut wird. Die Zuckerlösungen wiederum sind Grundstoffe für eine Vielzahl von Downstream-Prozessen. Hier kommen die Vorteile des oszillierenden Reaktors zum Tragen: Ein optimal durchmischter Reaktor ermöglicht selbst bei hoher Feststoffbeladung einen effizienten Prozess. Das führt zu einer hohen Zuckerkonzentration im Produkt. Durch die gute Durchmischung ist es möglich, die Menge der teuren Enzyme zu reduzieren. Darüber hinaus entfallen die bisher übliche Verdünnung vor und die Aufkonzentrierung nach der Hydrolyse. Das spart Energiekosten. Die hohe Zuckerkonzentration hat zudem einen positiven Einfluss auf die weiteren Produkte.

Die möglichen Anwendungen gehen jedoch deutlich weiter. Die Vorteile des oszillierenden Reaktors kommen auch in anderen Prozessen zum Tragen, in denen eine gute Durchmischung wichtig und bisher schwer erreichbar ist. Gemeinsam mit Partnerunternehmen untersucht AEE Intec, wie verschiedene Reaktionen durch die oszillierenden Reaktoren intensiviert werden können und wie das jeweils optimale Prozessdesign aussieht. Im Projekt Hipsters (High value Proteins via Sustainable Technologies from Residual Streams) erprobt AEE Intec zusammen mit der Technischen Universität Graz und interessierten Stakeholdern aus den Bereichen Anlagenbau, Produktion ionischer Flüssigkeiten und Nahrungs- und Futtermittelproduzenten den Einsatz des oszillierenden Reaktors für die Proteinextraktion mit hochwertigen Extraktionsmitteln. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit sind katalytische Prozesse.

AEE Intec, Gleisdorf, Österreich


Autorin: Dr. Bettina Muster

Leiterin der Forschungsgruppen Wasser- und Prozesstechnologien,

AEE Intec

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