Das CO2 in der Atmosphäre absorbiert Infrarotstrahlung, was den Treibhauseffekt verstärkt. Das wiederum führt zur globalen Erwärmung, schweren Wetterereignissen und anderen Umweltproblemen. Momentan erhöht sich die CO2-Konzentration um rund 3 ppm/a. Wäre die Zementindustrie ein Land, wäre sie alleine der weltweit drittgrößte CO2-Emittent. Der internationale Technologiekonzern GEA hat ein umfassendes Carbon-Capture-Portfolio entwickelt, um die Dekarbonisierung solch kohlenstoffintensiver Industrien wie die Zement-, Glas- und Chemieindustrie voranzutreiben. Der Praxistest in einer Pilotanlage der Phoenix-Zementwerke in Beckum zeigt: Eine CO2-Reduktion um 90 % ist möglich.
Vorreiter in der Abgasreinigung
GEA verfügt über fundierte Kenntnisse im Bereich der Gasreinigungs- und Wärmerückgewinnungsverfahren. Das Carbon-Capture-Portfolio erweitert nun das Angebot um Technologien zur CO2-Abtrennung, Transport und Nutzung.
Kohlendioxid kann mit verschiedenen Methoden aus Gasströmen abgetrennt werden – vor oder nach der Verbrennung oder durch Oxyfuel-Verfahren. GEA konzentriert sich auf die der Verbrennung nachgeschaltete CO2-Abtrennung, da die Nachrüstbarkeit bei bestehenden Anlagen gegeben ist und die Auswirkungen auf vorgelagerte Prozesse auf ein Minimum reduziert werden. Das Abscheidungskonzept basiert auf modernen Aminlösungssystemen und kombiniert diese mit der bewährten Wäschertechnologie.
Ziel ist es, die CO2-Abtrennung zu einer praktikablen Lösung zu machen, die eine breite Anwendung findet und in bestehende Infrastrukturen integriert werden kann.
Praxistest in Beckum
Die Phoenix-Zementwerke in Beckum emittieren bei einer Produktionskapazität von 500 000 t Zement pro Jahr ca. 1000 t CO2 pro Tag. Im Werk werden nun in einer mehrmonatigen Praxistestphase Daten zu CO2-Emissionen in der Abluft ermittelt. GEA wird auf dieser Grundlage CO2-Anlagen für größere Emissionsmengen skalieren und weiterentwickeln. Möglich ist eine Einlagerung (Carbon Capture & Storage, CCS) oder eine Wiederverwertung des abgeschiedenen Kohlendioxids (Carbon Capture & Utilization, CCU). Mit der gemeinsam entwickelten Lösung sollen mindestens 90 % der Emissionen abgefangen werden.
Anlagen für die CO2-Abtrennung
Das Carbon Capture Solutions Portfolio mit dem aminbasierten CO2-Abtrennverfahren besteht aus den folgenden Einheiten:
- Xeco-Abwärmerückgewinnungsanlage: Die Nutzung von überschüssiger Wärme aus industriellen Prozessen und Rauchgasen ist der erste Schritt in Richtung Carbon Capture & Utilization. Die überschüssige Wärme kann mithilfe der Xeco-Abwärmerückgewinnungsanlage gesammelt und an die Carbon-Capture-Anlage weitergeleitet werden. Das Wärmerückgewinnungssystem besteht aus einem Wärmetauscher (WHRU) und einem Wärmeträgerkreislauf. Im WHRU wird die Wärme, die sonst ungenutzt an die Atmosphäre abgegeben oder über Wasser oder Luft abgeschreckt würde, auf ein Wärmeträgermedium übertragen. Das Wärmeträgermedium und das Prozessgas werden im Gegenstrom geführt, um die Effizienz der Wärmeübertragung zu optimieren. Das Wärmeträgermedium kann entweder Thermoöl oder Dampf sein.
- Seto-Gasvorbehandlungsanlage:
Eine wichtige Voraussetzung für die Kohlendioxidabscheidung ist die Rauchgasvorbehandlung. Die Gasvorbehandlung des Rauchgases stellt sicher, dass die notwendigen Einlassbedingungen von Carbon-Capture-Anlagen erfüllt werden, insbesondere hinsichtlich der Reduzierung von Spurenverunreinigungen und der Gaskonditionierung. Die Seto-Technologie bietet verschiedene Lösungen zur Kühlung und Kondensation, zur Entfernung von Feststoffen, Aerosolen, Schwefel- und Stickoxiden und mehr. - Cebo-Kohlenstoffabscheidungsanlage:
Das derzeit ausgereifteste Verfahren zur großtechnischen Abscheidung von Kohlenstoff ist die chemische Absorption mit Aminen. Als Teil der Cebo-Reihe stehen CO2-Abscheidungsanlagen auf Aminbasis in verschiedenen Größen zur Verfügung, die eine Abscheidung aus einem breiten Spektrum von Abgaszusammensetzungen ermöglichen. - Navo CO2-Nutzung & Sequestrierung:
Abgetrenntes CO2 muss fossilen Kohlenstoff ersetzen, um anthropogene Treibhausgasemissionen zu vermeiden. Dies kann durch die Nutzung zur Herstellung von CO2-basierten Produkten oder durch die Verflüssigung und Sequestrierung in Langzeitlagern erreicht werden.
Prinzip der Aminwäsche
GEA Carbon Capture Systems nutzt die Flüssigwäsche mittels Aminchemie zur Abscheidung von CO2 aus Rauchgasströmen. Das aminbasierte Verfahren hat einen technischen Bereitschaftsgrad von 9 (bezeichnet als „ready for commercial use“) und repräsentiert damit den Stand der Technik. Darüber hinaus handelt es sich bei der aminbasierten Abscheidung um eine Tail-End-CO2-Abscheidungslösung, die eine schnelle Implementierung in bestehende Anlagen ermöglicht.
Die Prozesskonfiguration ist als Kombination von Absorber- und Desorberkolonnen konzipiert: Das Rauchgas tritt in die CO2-Abscheideeinheit, d. h. die Absorberkolonne, ein, in der die chemische Absorption des Kohlendioxids in die Aminlösung stattfindet. Das CO2-abgereicherte Rauchgas wird am oberen Ende der Absorberkolonne direkt in die Umwelt abgeleitet, nachdem die Aminemissionen durch zusätzliche Reinigungsstufen gereinigt wurden.
Aus dem Sumpf der Absorberkolonne wird die reiche Aminlösung in die Desorberkolonne geleitet. Zuvor durchläuft die Lösung einen Wärmetauscher zur Vorwärmung. Im Desorber wird die Lösung weiter erhitzt, um das chemisch gebundene CO2 freizusetzen. Das CO2 kann dann am Kopf der Desorberkolonne nach der Kondensation von Wasser als Produktstrom zurückgewonnen werden. Die Reinheit des CO2-Stroms beträgt typischerweise 97 %, wobei die Rückstände hauptsächlich aus Wasserdampf bestehen. Je nach Verwendungszweck werden weitere Reinigungsschritte durchgeführt. Die verwendeten Aminlösungen sind handelsüblich und werden kontinuierlich in verschiedenen Industrien getestet.
CO2-Nutzung und -Sequestrierung
Das gasförmige CO2 wird in der Verflüssigungsanlage auf die gewünschte Spezifikation konditioniert. So kann es z. B. als flüssiges, lebensmitteltaugliches Produkt zur Verfügung stehen und direkt genutzt werden. Je nach Kundenwunsch lässt sich ein Anschluss für die Abholung per Bahn/LKW oder Pipelineanschluss vorsehen. Auf Wunsch kann die thermische Energie aus dem CO2-Verdichtungsprozess in ein Wärmeübertragungssystem reintegriert werden, um einen möglichst wirtschaftlichen und nachhaltigen Betrieb zu ermöglichen.
Die Herstellung von Methanol aus Wasserstoff und CO2 erfordert sowohl Synthese- als auch nachfolgende Veredelungsschritte. GEA kann die Wertschöpfungskette von H2 und CO2 bis hin zu gebrauchsfertigem, hochkonzentriertem Methanol durch industrielle Partnerschaften abdecken.
Die Herstellung von Karbonaten hat im Vergleich zu anderen Möglichkeiten der CO2-Nutzung den Vorteil, dass keine Aktivierung des CO2 mit Wasserstoff erforderlich ist. Karbonate sind in der Glas-, Chemie-, Zellstoff- und Papier- sowie Eisen- und Stahlindustrie weit verbreitet und werden für eine Vielzahl von Zwecken eingesetzt. Die Erfahrung von GEA mit Kristallisationstechnologien ermöglicht eine Produktionskapazität von mehreren 100 t/d.
GEA Group AG, Düsseldorf