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Phos4green-Verfahren zur gesetzeskonformen Phosphorrückgewinnung

Phos4green-Verfahren zur gesetzeskonformen Phosphorrückgewinnung
Phosphorrecycling aus Klärschlamm

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Phosphor wird global immer knapper, so dass Regionen, die nicht über größere natürliche Phosphatvorkommen verfügen, verstärkt auf Rückgewinnung bzw. Recycling sekundärer Rohphosphate setzen. Glatt Ingenieurtechnik hat seinen Phos4green-Prozess zur Düngemittelherstellung in einem Forschungsprojekt weiterentwickelt, sodass auch Klärschlammaschen aus Ballungsräumen verwendet werden können, die erhöhte Schwermetallgehalte aufweisen.

Der Aufbau von Kreislaufwirtschaften hat im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens mittlerweile einen hohen Stellenwert in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik eingenommen. Ein gutes Beispiel sind Klärschlammaschen. Aufgrund ihres teilweise hohen Phosphoranteils bieten sie vielversprechende Ansätze für Recyclingstrategien. Klärschlammaschen haben je nach Region (ländlich, Ballungsräume), Herkunft (kommunal, industriell) und Ursprung (tierische Abfälle, Biomasse, usw.) zum Teil hohe Phosphor-Massenanteile von bis zu ca. 10 wt%, was etwa 25 wt% Phosphorpentoxid (P2O5) entspricht. Aus der Erklärung des Europäischen Parlaments zur Aufnahme von Phosphor in die Liste der kritischen Rohstoffe im Jahr 2017 resultierte die Verordnung zum Aufbau von Recyclingstrategien für diesen Rohstoff.

Phosphor – ein unentbehrlicher Nährstoff

Phosphor spielt eine essenzielle Rolle für das irdische Leben und ist ein Schlüsselelement im Energiestoffwechsel und der Zellstruktur eines Großteils des tierischen und pflanzlichen Lebens. In den Organismen ist Phosphor die Basis für Wachstum, Entwicklung und Fortpflanzung. Während Menschen das chemische Element über die Nahrung aufnehmen, wird für Nutzpflanzen auf Mineraldüngung zurückgegriffen. Hierfür wird der Phosphor aus Erzlagerstätten in Form diverser Gesteinsformationen abgebaut und zu Phosphorsäure verarbeitet. Sie ist die Basis, um verschiedenartige Düngemittel herzustellen. Da die Erzvorkommen als natürlich gelten, unterliegen die daraus resultierenden Düngemittel keinen Verordnungen zur Einhaltung von Grenzwerten von Schadstoffen. Das gilt im Besonderen für Schwermetalle wie Arsen, Cadmium und Uran. Dies führt unter anderem zu vermehrten Grenzwertüberschreitungen von Uran im Trinkwasser. Aufgrund ihres nicht biogenen Ursprungs müssen Klärschlammaschen über gewisse Qualitäten verfügen, um sie zu Düngemittelgranulat verarbeiten zu können. Das richtet sich nach der Herkunft des Klärschlamms und den organischen und anorganischen Kontaminationen. Grenzwerte sind in der deutschen Düngemittelverordnung in der Anlage 2 DüMV und auf europäischer Ebene in der Verordnung EU-2019/1009 festgelegt. Eine Übersicht über Grenzwerte anorganischer Kontaminationen ist in Tabelle 1 zusammengestellt.

Glatt hat sich dieser Herausforderung angenommen und die Phos4green-Technologie entwickelt. Mit diesem Verfahren können aus Klärschlammaschen Düngemittelgranulate in genau definierter Zusammensetzung und mit spezifischen Partikeleigenschaften produziert werden (Bild 1). Die Partikelgrößenverteilung kann im Bereich von 2 bis 3 mm frei eingestellt werden.

Die Grundlage für diesen Prozess bildet die Verarbeitung von Suspensionen in Wirbelschicht- und Strahlschichtapparaten. Bei der Ascheverarbeitung mit dem Phos4green-Verfahren können Makronährstoffe wie Stickstoff, Schwefel und Phosphor flexibel zur Sprühsuspension für den Granulationsprozess hinzugefügt werden. So können aus beliebigen Aschen maßgeschneiderte Mehrkomponenten-Düngemittel hergestellt werden, die in dieser Zusammensetzung bisher nicht auf dem Markt angeboten werden.

Mikronährstoffe – mit Ausnahme von Bor und Chlorid – sind Schwermetalle, die in hohen Konzentrationen Pflanzenschäden verursachen können oder in die Nahrungskette gelangen und so Lebensabläufe und Gesundheit beeinträchtigen. Glatt hat daher im Forschungsverbundprojekt RePhoRM (Regional Phosphorus Recycling in the Rhine-Main Region) verschiedene flexible Verfahren entwickelt, um die Konzentration von Schwermetallen je nach Anforderung und gesetzlichen Vorgaben im Phos4green-Prozess zu reduzieren.

Die Grenzen der Klärschlammverwertung erweitern

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verbundprojekt RePhoRM (Förderkennzeichen 02WPR1545A-G), wurde nach einer erfolgreichen Erprobungsphase jetzt gestartet und soll eine technologische Gemeinschaftslösung für das Phosphorrecycling im Rhein-Main-Gebiet entwickeln und umsetzen. Grundlage dafür sind die örtlichen Klärschlammverbrennungskapazitäten und deren mögliche Erweiterung in der Metropolregion Frankfurt Rhein-Main.

Für das Projekt wurde die Phos4green-Technologie zur Herstellung von Düngemittelgranulat durch die Entfernung von Schwermetallen aus Klärschlammasche weiterentwickelt und das Verfahren im großen Maßstab umgesetzt. Darüber hinaus brachte Glatt seine Expertise in zwei Teilprojekte ein: die Planung und den Bau einer Containeranlage im Industriepark Höchst sowie in die Untersuchungen zur Sprühgranulation von gereinigtem Sekundärphosphor.

Abhängig von der erforderlichen Leistung und der Qualität der eingesetzten Asche wurden im Rahmen des Projekts drei verschiedene Möglichkeiten für den Betrieb des Phos4green-Prozesses ermittelt.

Phosphorextraktion

Für Aschen mit hoher Schwermetallbelastung (Cadmium, Blei und Arsen) wurde eine Wäsche mit ausgewählten Mineralsäuren empfohlen, um den Phosphor zu extrahieren. Je nach Reaktionszeit verbleiben schwer lösliche Schwermetallverbindungen als Feststoffe in der Suspension. Kürzere Reaktionszeiten können die Auflösung anderer Schwermetalle minimieren. Mitgelöste Elemente wie Kupfer können ausgefällt und durch Zugabe weiterer Additive entfernt werden. Die Trennung der Flüssigkeit vom Feststoff führt zu einer schwermetallarmen Phosphorsäure, die sich zur Herstellung verschiedener Düngemittelgranulate wie NPS, NPK, Superphosphatanalog, P38 oder P46 eignet (Bild 2). Die zuvor abgetrennten, mit Schwermetallen angereicherten Feststoffe fallen als Abfall an.

Um die Anwendbarkeit des Verfahrens zu beurteilen, wurde eine Asche (Zusammensetzung siehe Tabelle 2) verwendet. Diese wurde mit zwei Formulierungen (R1 und R2) behandelt. Die Vorgabe war, mindestens 80 % des Phosphors bei möglichst geringer Rücklösung der Schwermetalle zu extrahieren. Der Verlauf der Reaktion wurde 60 Minuten lang beobachtet.

Bild 3 zeigt, dass die Formulierung R2 trotz des längeren Zeitraums und des höheren Feststoffgehalts der Suspension eine konstante Rücklösungsrate des in der Asche gebundenen Phosphors liefert. Die Rücklösung von Schwermetallen ist bei der Formulierung R1 geringer als bei R2 (mit Ausnahme von Arsen, Tabelle 3).

Eine zusätzliche Schwermetallentfernung durch Ausfällung der Schwermetalle (idealerweise als Sulfide) direkt aus der Suspension würde die Konzentration weiter senken. So können auch für Arsen und Kupfer hohe Entfernungsraten erzielt werden.

Schwermetallextraktion

Für Düngemittelhersteller ist es ratsam, so wenig Abfall wie möglich zu produzieren und die gesamte Asche zu verwenden. Im Vergleich zur Phosphorextraktion liegt der Schwerpunkt hier auf der selektiven Entfernung der Schwermetalle. Das kann durch Anwendung ausgewählter Mineralsäuren und Mischungen unter oxidativen Bedingungen, längere Reaktionszeiten und höhere pH-Werte erreicht werden. Schwermetalle werden so selektiv in Lösung gehalten, während der Phosphor überwiegend im Feststoff verbleibt (Rücklöseraten 40 %). Die Suspension wird filtriert und die in der Lösung verbliebenen Schwermetalle werden ausgefällt. Die Abbaurate der Schwermetalle wird durch die Rücklöserate aus der Asche und Fällungsrate aus dem Extrakt bestimmt. Nach der Abtrennung werden die abgereicherten Fraktionen wieder verweint und durch Zugabe weiterer Additive Düngemittelgranulate mit der gewünschten Zusammensetzung hergestellt. Die Abreicherungsraten sind im Vergleich zur ersten Option niedriger, weshalb sich dieses Verfahren für Aschen mit geringen Schwermetallkonzentrationen eignet. Die ausgefällten Schwermetalle müssen als Abfall entsorgt werden.

Um die Anwendbarkeit des Verfahrens zu prüfen, wurde eine Asche (Zusammensetzung siehe Tabelle 4) verwendet. Diese wurde mit vier verschiedenen Formulierungen (F1-F4) für bis zu 60 Minuten behandelt. Die Rücklöserate ist stark von der verwendeten Mineralsäure bzw. dem Mineralsäuregemisch abhängig. Es wurde festgestellt, dass eine Reaktionszeit von 40 Minuten zu ausreichend hohen Extraktionsraten der Schwermetalle führt (Bild 4).

Die Schwermetalle wurden nach Abtrennung aus der flüssigen Phase als Sulfide ausgefällt (Bild 5). Die Abbauraten hängen von der verwendeten Formulierung ab. Das liegt an der Rücklöserate der Schwermetalle aus der Asche, aber auch an der Fällungsrate aus der flüssigen Phase (insbesondere Arsen). Wird jedoch der pH-Wert der flüssigen Phase zu stark erhöht, fällt Phosphor als schwerlösliche Verbindung mit Eisen, Aluminium und Calcium aus, was vermieden werden sollte. Im Allgemeinen führt eine Erhöhung des Fällungsmittelanteils auch zu höheren Schwermetallabbauraten. Das Verfahren kann daher flexibel an die jeweiligen Bedingungen angepasst werden.

Kombinationsverfahren

Das zweite Verfahren kann erweitert werden, indem zunächst der Phosphor aus der Asche extrahiert und die mitaufgelösten Schwermetalle ausgefällt werden. Die dabei entstehende schwermetallarme Phosphorsäure wird vom Feststoff abgetrennt. In einem zweiten Verfahrensschritt werden die Schwermetalle durch Oxidation aus der festen Matrix extrahiert. Nach der Separation von Flüssigkeit und Feststoff, werden die Schwermetalle wieder aus der Lösung ausgefällt. Da ein Großteil des Phosphors bereits im ersten Schritt extrahiert wurde, fällt bei der Erhöhung des pH-Wertes nur ein kleiner Teil der Phosphate aus. Bei pH-Werten über 5 können die meisten Schwermetalle vollständig entfernt werden. Das ist ein wesentlicher Vorteil, wenn hohe Gehalte an Nickel und Zink entfernt werden müssen. Durch die Kombination von fester und flüssiger Phase und die Zugabe weiterer Additive können Düngemittel der gewünschten Zusammensetzung hergestellt werden. Die ausgefällten Schwermetalle sind Abfall, können aber gereinigt und zurückgewonnen werden.

Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund der EU-Vorschriften und der deutschen Düngemittelverordnung wird die Einführung von Phosphor-Recyclingstrategien aus Klärschlammasche immer wichtiger. Die Herausforderung besteht dabei darin, Schwermetalle zu entfernen und die Grenzwerte einzuhalten. Im Grundverfahren liegt der Fokus auf dem Aufbau lokaler Lieferketten und der Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Mittels Sprühgranulation wird dazu aus Klärschlammasche ein Düngemittelgranulat hergestellt. Die Phos4green-Technologie ermöglicht es, die Zusammensetzung und Partikeleigenschaften des Granulats individuell einzustellen.

Wird das Verfahren um die selektive Schwermetallentfernung erweitert, entsteht weniger Abfall, weil die komplette Asche verwendet werden kann. Schwermetalle werden dabei selektiv durch ausgesuchte Mineralsäuren entfernt. Diese Verfahrensvariante ist für Aschen mit niedrigen Schwermetallkonzentrationen geeignet. Wird das Grundverfahren um eine Doppelextraktion erweitert, können sowohl Phosphor als auch Schwermetalle in zwei Schritten extrahiert werden. In der zweiten Stufe können Schwermetalle wie Nickel und Zink effektiv entfernt werden.

Glatt Ingenieurtechnik GmbH, Weimar


Autor: Dr. Johannes Buchheim

Projektingenieur Prozesstechnologie – Neue Technologien & Geschäftsfeldentwicklung,

Glatt Ingenieurtechnik

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