Sensoren und Messtechnik von Endress+Hauser spielen weltweit eine führende Rolle in der Prozessautomation. Um sich auch auch im Bereich IIoT entsprechend zu positionieren investierte das Unternehmen in den zurückliegenden Jahren nachhaltig in die Entwicklung von Produkten und Lösungen für diesen Bereich. Davon zeugen u. a. mehr als 200 Patente.
Treiber für digitale Lösungen
Haupteinsatzgebiete von IIot-Lösungen sind die Prozessindustrie, Logistik und Wartung, so die Ergebnisse einer Umfrage von Deloitte. „Das sind auch die Geschäftsbereiche, in denen Endress+Hauser schwerpunktmäßig aktiv ist“, betont Dr. Rolf Birkhofer, Geschäftsführer von Endress+Hauser Digital Solutions. „Unsere Entwicklungen in diesem Bereich sind also die Antwort auf die stetig wachsende Nachfrage unserer Kunden. Dabei stehen drei zentrale Ziele im Fokus: Die Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit durch eine schnelle Diagnose und Fehlerbeseitigung bei Feldgeräten und Aktoren, eine verbesserte Zuverlässigkeit der Assets sowie ein deutliches Plus bei der Prozesseffizienz.“
Cloudbasiertes IIoT-Ökosystem
„Eine zentrale Rolle in unserer Digitalisierungsstrategie spielt das das cloudbasierte IIoT-Ökosystem Netilion“, erläutert Dr. Birkhofer. Es bildet die Basis für diverse digitale Services – also webbasierte Anwendungen, die sämtliche Feldgeräte und ihre Daten von überall her zugänglich machen. Die Apps helfen Anwendern zum Beispiel, alle Instrumente einer Anlage zu erfassen und zu verwalten, gerätebezogene Dokumente zu organisieren oder den Gerätestatus zu überwachen und bei einer Störung richtig zu handeln.
Alle Feldgeräte im Blick
„Die Netilion-Apps lassen sich einfach bedienen und liefern sofort einen konkreten Mehrwert“, sagt Julia Grether, Business Development Manager bei Endress+Hauser. Manchmal sorgen sie auch für ein großes Aha-Erlebnis, wie beim deutschen Netilion-Pilotanwender Salzgitter Flachstahl GmbH: Bei der digitalen Erfassung der im Walzwerk installierten Messgeräte tauchten mehr Instrumente auf als erwartet – und zusätzlich wurden einige dieser Geräte als ersetzungsbedürftig erkannt.
Digitale Zwillinge in der Cloud
Mit Netilion kann ein vollständiger Überblick über die installierte Basis erreicht werden. Digitale Zwillinge der oft schwer zugänglichen realen Feldgeräte werden dafür in der Cloud verfügbar gemacht und sind dann von beliebigen Endgeräten aus einsehbar – am PC im Büro ebenso wie auf dem Industrie-Tablet oder sogar dem Smartphone des Technikers. Dieser hat vor einem Einsatz die Anleitung zur Problembehebung gleich zur Hand. „Der Anlagenbetreiber kann mit dem von Netilion generierten Wissen Kosten sparen – durch eine vereinfachte Instandhaltung und eine höhere Anlagenverfügbarkeit“, fasst Grether die Vorteile zusammen.
Kabellose Fernüberwachung von Füllständen
Durch die Digitalisierung von Anlagen kommen Anwender nun auch an Daten heran, die sie bisher gar nicht erfassen konnten, beispielsweise den Füllstand in mobilen Kunststoffbehältern, auch IBCs genannt. Möglich wird dies durch die Kombination von Netilion mit dem 80-GHz-Radar-Füllstandmessgerät FWR30.
Das batteriebetriebene Füllstandmessgerät lässt sich mithilfe eines Montagekits in wenigen Minuten auf IBCs anbringen und sendet seine Messwerte nach einmaliger Inbetriebnahme in regelmäßiger Frequenz kabellos in die Cloud. Die übermittelten Daten werden mit dem cloudbasierten Monitoring-System Netilion Value dargestellt und überwacht.
„Mit dem FWR30 haben wir erstmals eine vollständig auf IIoT-Technologie basierende prozesstechnische Lösung kreiert“, freut sich Grether.
App für die vorausschauenden Wartung
Auch für klassische Prozessanlagen wird es neue Anwendungen geben. Dazu zählt Netilion Predict. Die in der Entwicklung befindliche App soll kontinuierlich Prozess- und Geräteparameter auswerten, um so Kalibrierund Wartungsintervalle zu optimieren und die Anlagenverfügbarkeit zu erhöhen. „Unser Ziel ist dem Anlagenbetreiber im Klartext mitzuteilen, wie lange seine Messstelle noch verlässlich arbeitet,“ so Grether.
Parallel dazu wird Endress+Hauser die Kommunikationsfähigkeit seiner Feldgeräte ausbauen. Um die Vielzahl üblicher Feldbus-Standards abzudecken, werden weitere Datenschnittstellen zu den Feldgeräten hinzukommen und ein neuer Adapter wird Hart-Geräte bluetoothfähig machen. Zudem sind nach dem Vorbild des Micropilot FWR30 weitere Sensoren geplant, die ab Werk „Netilion-ready“ sind – also Daten ohne separate Schnittstellenbausteine direkt in die Netilion-Cloud schicken.
Endress+Hauser (Deutschland) GmbH+Co. KG, Weil am Rhein
Lukas Lehmann
Chefredakteur
Brownfield-Anlagen: Digitalisierung nach NOA
Etwa 90 % der installierten Feldgeräte von Endress+Hauser verfügen bereits über eine digitale Schnittstelle. Das sind Feldbusse wie Profibus oder Foundation Fieldbus und am häufigsten Hart. In der Praxis aber wird das Hart-Signal meist nicht genutzt. Mit dem drahtlosen Adapter Fieldport SWA50 lassen sich nun sämtliche Hart-Signale von Feldgeräten parallel zum Messwert übertragen, auch die von Fremdherstellern. Der Adapter ist Ex-ia eigensicher, schleifenstromgespeist und kann für Hart-Geräte aller Hersteller einfach nachgerüstet werden.
Die Hart-Signale können dann wahlweise via Wireless-Hart oder Bluetooth in die Cloud übertragen werden.
Bei Bluetooth erfolgt die Übertragung über das Fieldedge SGC200 direkt in die Netilion-Cloud. Das eröffnet den Anwendern Zugang zu diversen Services wie Netilion Analytics, Netilion Health oder Netilion Value. Mit ihnen ist u. a. das Condition-Monitoring und eine Messwert-Fernanzeige möglich. Zudem lässt sich mit der Smartblue-App die Fernparametrierung von Feldgeräten durchführen. In einem weiteren Schritt kann auch über eine Programmierschnittstelle (Netilion Connect) die Datenübertragung in kundenspezifische Clouds oder ERP-Lösungen erfolgen.
Bei Wireless-Hart erfolgt die Anbindung über das Fieldgate SWG70 und das Fieldedge SGC500.