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Zwischen Pellets und Scale-up-Prozess

Oystar Hüttlin veranstaltete Seminar über Prozess-Know-how für Granulation und Coating
Zwischen Pellets und Scale-up-Prozess

Um ein gutes Medikament herzustellen, ist mehr nötig als nur ein guter Wirkstoff. Vielmehr spielen Technologie, Prozesse, Trägerstoffe und Beschichtungen eine entscheidende Rolle. Dies wurde einmal mehr im Rahmen eines internationalen Seminars deutlich, zu dem Oystar Hüttlin eingeladen hatte. Das Thema Prozess-Know-how für Granulation und Coating lockte rund 180 Teilnehmer aus 35 Ländern nach Schopfheim. Besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Scale-up-Prozess und der Herstellung multipartikulärer Arzneistoffträgersysteme.

Bernhard Hochlehnert

Wirk- und Trägerstoffe müssen nicht nur medizinische, sondern auch im wechselseitigen Zusammenspiel die pharmazeutischen Aufgaben erfüllen. Zum einen sind für die Herstellung des Arzneimittels günstige Prozesseigenschaften notwendig. Hierbei muss zum Beispiel bei der Tablettierung das Tabletttiergut starke Bindeeigenschaften besitzen, andererseits darf es beim Pressen nicht an der Maschine haften bleiben. Darüber hinaus sind gute Fließeigenschaften wichtig, um hohe Geschwindigkeiten auf der Tablettenpresse zu erzielen und so Herstellungskosten gering zu halten. Zudem muss über die Auswahl der Trägerstoffe und des Herstellungsprozesses sichergestellt werden, dass der Wirkstoff im Körper wirkt, wie er soll. Hierzu ist es notwendig, dass sich die Konzentration des Wirkstoffes am Wirkort innerhalb des therapeutischen Fensters befindet. Zu hohe Konzentrationen verursachen Nebenwirkungen bei zu geringer Konzentration kann die gewünschte Wirkung nicht erreicht werden.
Mischeffizienz entscheidend
George Smith von der britischen Oystar-Hüttlin-Schwestergesellschaft Oystar Manesty wies darauf hin, dass die Effizienz beim Mischen innerhalb der Beschichtungstrommel entscheidenden Einfluss auf die Qualität des Produktes und die Bearbeitungszeit nimmt. Er zitierte neuere Forschungsergebnisse, wonach die Mischeffizienz ausschlaggebend dafür ist, ob Beschichtungen gleichmäßig und innerhalb einer bestimmten Zeit aufgebracht werden können. Eine zentrale Rolle spielen hierbei – neben der Chargen- und Tablettengröße sowie der Tablettenform – auch die Trommelgeschwindigkeit sowie die Position der Sprühvorrichtungen. Beim Mischvorgang spielt die Form des Umlenkblechs eine wichtige Rolle; zwischen ihr und der Tablettenform und den physikalischen Eigenschaften besteht eine starke Wechselwirkung. Eine weitere entscheidende Erkenntnis beim Scale-up-Prozess ist die Tatsache, dass es sehr wichtig ist, einen wachsenden „toten Bereich“ innerhalb der Mischtrommel zu unterbinden, da dieser sonst den Sprüh- und Mischvorgang beeinträchtigt. Laut Smith können entsprechend gestaltete Umlenkbleche viel dazu beitragen, eine einheitliche Beschichtung und geringere Bearbeitungszeiten zu erreichen. Röhrenförmige Umlenkbleche haben hier zu den besten Ergebnissen im Scale-up-Prozess geführt.
Process Analytical Technology
Um das Thema PAT drehte sich der erste Vortrag von Dr. Marcus Knöll von der gastgebenden Oystar Hüttlin GmbH. PAT steht für Process Analytical Technology und geht auf eine Initiative der US-amerikanischen Food and Drug Administration zurück. Sie hat eine höhere Produktsicherheit und gleichzeitig – durch eine geringere Anzahl von Fehlchargen – eine Reduktion der Herstellungskosten zum Ziel. Durch ein Zusammenspiel von Messtechnik, Datenanalyse und Prozessdesign soll der Herstellungsprozess verstanden und gesteuert werden, so Knöll. Die Tiefe des Prozessverständnisses ist laut FDA umgekehrt proportional zum Prozessrisiko. Ein Herstellungsprozess ist dann aufgeklärt, wenn alle prozesskritischen Variablen identifiziert und beschrieben worden sind und diese Variablen vom Prozess selbst gesteuert werden. Zudem können genaue Vorhersagen über die Produktqualität getroffen werden. Für die Umsetzung dieser hohen Ansprüche wurden von Oystar Hüttlin Messmethoden für die Inline-Produktfeuchte sowie Partikelgrößenmessung in die Wirbelschichttechnologie integriert. Knöll stellte diese Messmethoden vor und präsentierte erfolgreiche Fallbeispiele. Im nächsten Schritt wird Oystar Hüttlin versuchen, die Messergebnisse in Regelkreise zu integrieren und so einen PAT-konformen Herstellungsprozess zu verwirklichen. Mit diesen Inline-Messungen und der Steuerung der kritischen Produktparameter soll ein effizienterer und sicherer Herstellungsprozess erzielt werden.
Hochwirksame Stoffe (APIs – Active Pharmaceutical Ingredients) sind häufig, da in der Regel schwer wasserlöslich, hinsichtlich ihrer Bioverfügbarkeit schwer zu handhaben. Andererseits entwickeln diese APIs ihre volle Wirkung erst in festen Darreichungsformen wie Tabletten, Pellets oder Granulaten. Deshalb wird es nach Ansicht von Dr. Carsten Timpe von der Novartis AG, Basel, zunehmend wichtiger für die Entwicklung von Pharmazeutika, dieses Problem einer befriedigenden Lösung zuzuführen. Timpe zeigte den technischen Wandel und das Potenzial auf, das insbesondere durch Wirbelschichtanlagen auf diesem Feld erschlossen wird. Zudem setzte er sich mit den Vor- und Nachteilen eines Top-Spray- und eines Bottom-Spray-Systems auseinander. Sein Fazit: Das Bottom-Spray-System mit dem patentierten Prozessgasverteilerboden DiskJet von Oystar Hüttlin ist für Herstellung von Solida besser geeignet, da es leichter zu kontrollieren und robuster ist als das Top-Spray-System. Das Ergebnis dieses Prozesses sind Granulatkörnern, die über eine überlegene Prozessfähigkeit verfügen. Auch die Tabletten können, so Timpe, kleiner dimensioniert werden.
Applikationssicher und akzeptiert
Das Unternehmen Colorcon stellt vollständig formulierte Filmcoatingsysteme, Bindemittel, Füllstoffe und osmotische Agenzien her, die sowohl für die Schnell- als auch die verzögerte Freisetzung von Wirkstoffen genutzt werden können. Jörg Crönlein von Colorcon erläuterte in seinem Beitrag insbesondere die neuen Hilfsstoffe und Coatingsysteme für Wirbelschichtprozesse und die High-Shear-Granulation – etwa Starch 1500, StarCap 1500, Acryl-EZE oder Nutrateric. Er ging insbesondere auf MUPS (Multi Unit Particulate System) ein und kam zu dem Schluss, dass das Verpressen von multipartikulären Wirkstoffsystemen zu einer monolithischen Einheit ausgesprochen wünschenswert ist – insbesondere hinsichtlich der Applikationssicherheit und der Patientenakzeptanz. Die größte Herausforderung beim Verpressungsprozess liegt im Vermeiden von Absonderungen oder von Beschädigungen des Coatings. Hierfür können laut Crönlein Hilfsstoffsysteme, die auch bestimmte Wachse enthalten, eingesetzt werden. Über ein solches Verfahren kann erreicht werden, dass die verpressten Wirkstoffpellets sicher, mit nur minimalen Veränderungen der Wirkstofffreisetzung gegenüber den nicht-verpressten Pellets hergestellt werden können.
Micro-Sphere SA ist ein Unternehmen, das Auftragsentwicklungen für flüssige und trockene mikroverkapselte Formulierungen pharmazeutischer Wirkstoffe übernimmt, wie Dr. Michele Müller in seinem Vortrag erläuterte. In der Mehrzahl der Fälle, so Müller, muss die Formulierung zunächst im flüssigen Zustand hergestellt werden. Welche Lipidformulierung dabei zum Einsatz kommt hängt davon ab, welchen Charakter das Endprodukt haben soll, also wie die APIs wirken sollen, wie hoch die Dosierung sein soll, welche Form die Darreichung haben soll usw.
Als Lipidformulierungen stehen zur Verfügung: multi- und monolamellare Liposome sowie lipide Mikro- oder Nanoemulsionen. Die weitaus meisten dieser Lipidformulierungen müssen getrocknet und zu Pulver oder Granulat verarbeitet werden. Zusammen mit der Mutterfirma Micro-Macinazione S.A. hat Micro-Sphere hierfür die zwei Verfahren SAS (Supercritical Atomization anti-Solvent) und SAA (Supercritical Assisted Atomization) entwickelt und in Zusammenarbeit mit der Universität Salerno in einer neuen Maschine kombiniert. Ob nun SAS oder SAA genutzt wird, hängt davon ab, wie das API auf CO2 oder die Flüssigkeit reagiert. Im Labor wird die Oystar-Hüttlin-Unilab-5-DJ verwendet und im Scale-up stellt Micro-Sphere Testchargen/ industrielle Chargengrößen von bis zu 45 kg mit eine Oystar-Hüttlin-HKC-50-DJ her, erläuterte Müller.
Einen kleinen Einblick in die Hexenküche der Entwicklung bei Oystar Hüttlin gab Uwe Schmidt. Er stellte zwei innovative Projekte des Gastgebers für die Granulation und das Coating-Equipment vor.
High-Speed-Mixer
Ein bodenbetriebener Hochgeschwindigkeitsmixer kombiniert die Vorteile des Gentlewing-Mischers mit der etablierten Boden-Antriebs-Technologie. Das Rührwerk trägt auch dem Umstand Rechnung, dass es so positioniert sein muss, dass das Granulat nicht zerstört wird. Dabei sichert ein neues Versiegelungskonzept den hohen Standard des GMP-Designs. Beim Reinigen muss der Mischer zudem weder entfernt noch angehoben werden. Dies ist von besonderer Bedeutung, da Oystar Hüttlin eine Erweiterung des Produktportfolios bis hin zu HMG-1800-Maschinen plant.
Als zweite Innovation präsentierte Schmidt ein vollkommen neues Reinigungskonzept für die Granulations- und Wirbelschichtmaschinen von Oystar Hüttlin. Dabei handelt es sich um ein patentiertes Metallfilter-System, das sowohl alle Teile mit Produkt- als auch Reingaskontakt reinigt. Zudem ist ein herausnehmbares Jet-Cleaning-System integriert. Handarbeit bei der Reinigung wird überflüssig und es ist nur eine geringe Umrüstzeit notwendig, wie Schmidt hervorhob.
cav 426

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