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Die Rückkehr der Salzbatterien

Alte Technologie könnte neue Anwendungen erschließen
Rückkehr der Salzbatterien

Ursprünglich wurde sie für Elektroautos entwickelt, heute versorgt sie Mobilfunkantennen mit Strom, und morgen vielleicht ganze Wohngebiete: Die Salzbatterie ist eine sichere und langlebige Batterietechnologie mit enormem Potenzial. Empa-Forscher arbeiten mit einem Industriepartner daran, diese besonderen Batterien weiterzuentwickeln.

 

1997 kippte die Mercedes-Benz-A-Klasse beim Elchtest aus der Kurve. Eine der Ursachen für den berühmt-berüchtigten Vorfall: Die A-Klasse war ursprünglich als Elektroauto konzipiert. Durch den Wechsel auf den Verbrennungsmotor entfiel die schwere Batterie, und der Schwerpunkt verlagerte sich zu weit nach oben.

Die Batterie, die in der A-Klasse hätte verbaut werden sollen, war eine sogenannte Salzbatterie. Im Gegensatz zu den meisten anderen Batterien, bei denen Kathode und Anode in einem gemeinsamen flüssigen Elektrolyten „schwimmen“, ist der Elektrolyt bei einer Salzbatterie ein Feststoff, namentlich ein keramischer Ionenleiter auf Natriumaluminiumoxid-Basis. Der Festelektrolyt ist nicht brennbar und ermöglicht zudem eine Abtrennung von Anode und Kathode, was die Lebensdauer der Batterie erhöht. Die Kathode einer Salzbatterie basiert auf einem Granulat aus Kochsalz und Nickelpulver, die Natriummetallanode entsteht erst beim Aufladen.

Für die Elektromobilität hat sich diese Batterietechnologie nicht bewährt: Heutige Elektroautos fahren mit Lithiumionen-Akkus, die leichter sind und sich schneller laden lassen. Doch in anderen Anwendungsbereichen ist die Salzbatterie ihrer Lithiumionen-Konkurrenz überlegen. Deshalb werden Salzbatterien heute aktiv erforscht – unter anderem an der Empa.

Langlebig und sicher

Die Forschungszusammenarbeit begann 2016, als der Tessiner Salzbatteriehersteller Horien Salt Battery Solutions auf die Empa zuging. Das Unternehmen wollte im Rahmen eines Innosuisse-Projekts den keramischen Natriumaluminiumoxid-Elektrolyten in ihren Batteriezellen verbessern. Daraus folgten weitere Projekte zu Zellgeometrie und Elektrochemie der Salzbatterie, denn diese unterscheidet sich stark von anderen Batterietypen. „Der Zusammenbau von Salzbatteriezellen für Forschungszwecke ist sehr aufwendig, und es gibt kaum Studien zu deren genauer Funktionsweise. Das macht diese Projekte so interessant für uns: Wir können sehr viel lernen und entwickeln unser Verständnis zusammen mit dem Industriepartner weiter“, sagt Empa-Forscherin Meike Heinz aus der Abteilung Materials for Energy Conversion, die von Corsin Battaglia geleitet wird.

Vor- und Nachteile der Salzbatterie

Ihr andersartiger Zellaufbau bringt der Salzbatterie aber auch einige Vorteile gegenüber Lithiumionen-Batterien. Zum Beispiel in Sachen Sicherheit: Zwar brauchen Salzbatterien eine Betriebstemperatur von rund 300 °C, aber sie können weder brennen noch explodieren. Deshalb kommen sie auch an Orten zum Einsatz, wo Lithiumionen-Akkus gar nicht erst zugelassen sind, etwa im Berg- und Tunnelbau und auf Offshore-Öl- und Gasförderplattformen. Durch die hohe Betriebstemperatur sind Salzbatterien außerdem wesentlich weniger temperaturempfindlich als ihre Lithiumionen-Kontrahenten. Dies macht sie zu idealen Notstromspeichern für kritische Infrastruktur, beispielsweise Mobilfunkantennen. Selbst an abgelegenen und exponierten Orten können die langlebigen und wartungsfreien Salzbatterien ihre Arbeit über Jahrzehnte zuverlässig verrichten.

Die Betriebstemperatur ist aber auch ein Nachteil dieser Batterietechnologie: Salzbatterien brauchen eine Standheizung, um einsatzbereit zu sein. Aber ist eine Batterie, die Strom braucht, überhaupt wirtschaftlich? „Je nach Anwendung ist es wirtschaftlicher, eine Batterie warmzuhalten als sie zu kühlen“, erklärt Meike Heinz. „Beim Laden und Entladen entsteht durch die natürlichen Zellwiderstände Wärme. In einem optimalen System kann sich eine große Batterie dadurch selbst heizen“, fügt Empa-Forscher Enea Svaluto-Ferro hinzu.

Zellchemie für die Zukunft

Als Materialforschende fokussieren sich Meike Heinz und ihr Team auf die Zellchemie. Die Rohstoffe für Schmelzsalzbatterien sind mehrheitlich günstig und in großen Mengen verfügbar. Die Architektur der Zelle ermöglicht zudem ein einfaches Recycling. Da das Kathodenmaterial Nickel aber zunehmend als kritisch eingestuft wird, machten sich Horien und die Empa im Rahmen des durch das Bundesamt für Energie (BFE) geförderten Projektes „HiPerSoNick“ unter anderem daran, den Nickelgehalt der Zellen zu reduzieren. Keine leichte Aufgabe, da für eine effiziente und langlebige Salzbatterie die Zusammensetzung und die Mikrostruktur in der Zelle sehr genau aufeinander abgestimmt sein müssen.

Im Rahmen des EU-Projekts „Solstice“, das noch bis Mitte 2025 läuft, untersuchen Horien und die Empa, gemeinsam mit weiteren Projektpartnern, ob sich das Nickel in Schmelzsalzbatterien sogar ganz durch Zink ersetzen ließe. „Der niedrige Schmelzpunkt von Zink ist bei der aktuellen Betriebstemperatur aber eine Herausforderung“, so Meike Heinz. Dennoch konnten die Forschenden bereits vielversprechende Ansätze finden, um die Kathodenmikrostruktur zu stabilisieren.

Weitere Projekte angedacht

Auch weitere Folgeprojekte sind bereits angedacht, in denen die Empa-Forschenden versuchen wollen, Nickel-freie Salzbatterien weiter zu verbessern – und zu skalieren. Denn mit ihrer Sicherheit, ihrer langen Lebensdauer und dem Verzicht auf kritische Rohstoffe würden sich Salzbatterien ausgezeichnet als stationäre Speicher eignen. Wenn es gelingt, Salzbatterien günstig und in grossen Mengen herzustellen, könnten sie eines Tages nicht nur Mobilfunkantennen, sondern ganze Wohngebiete mit Strom versorgen.

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