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Thermalspeicher: Baustein für die Dekarbonisierung

Prozesswärme und -dampf in der chemischen Industrie
Thermalspeicher: Baustein für die Dekarbonisierung

Die Chemieindustrie ist weiterhin einer der größten industriellen Verbraucher von fossilen Energieträgern. Ein signifikanter Anteil davon wird für die Produktion von Prozesswärme- und dampf aufgewendet. Gerade hier schlummern noch enorme Einsparpotenziale für Unternehmen. Thermische Speicherlösungen stellen bereits heute einen wichtigen Baustein für eine nachhaltige, zuverlässige und kosteneffiziente Dampf- und Wärmeproduktion in der Industrie dar.

 

Vor dem Hintergrund ambitionierter Klimaziele und hoher Energiepreise muss die Chemieindustrie, als einer der größten industriellen Verbraucher von fossilen Brennstoffen, ihren CO2-Fußabdruck reduzieren und die Energieeffizienz verbessern. In diesem Zusammenhang werden Prozesswärme und -dampf oftmals noch vernachlässigt. Dabei weist die chemische Industrie in Deutschland nach Informationen von Agora Energiewende einen Prozessenergiebedarf von 126 TWh auf, von dem Wärme 58 % ausmacht. Ein großer Teil dieser Wärme stammt allerdings aus fossilen Energiequellen wie Erdgas, was mit substanziellen CO2-Emissionen einhergeht.

Gerade in diesem Bereich schlummern also noch enorme Potenziale bei der Einsparung von CO2-Emissionen sowie der Minderung des Energieverbrauchs. Diese Potenziale gilt es so schnell wie möglich zu heben. Hier kommen thermische Speicherlösungen ins Spiel, die schon heute einen wesentlichen Beitrag dazu leisten können, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und die Integration erneuerbarer Energien in der Industrie voranzutreiben.

Zentrales Element der Energiewende

Bekanntermaßen ist die Energiespeicherung ein zentraler Aspekt der Energiewende: Sie soll den Bedarf an fossilen Brennstoffen reduzieren und die Energiewende in der globalen Industrie vorantreiben. Durch die Dekarbonisierung kann sich die deutsche Industrie zudem resilienter und wettbewerbsfähiger aufstellen, indem sie die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern reduziert und somit geopolitische Risiken minimiert.

Die ThermalBattery von Energynest besteht aus Karbonstahl und dem eigens in Zusammenarbeit mit Heidelberg Materials entwickelten Spezialbeton Heatcrete. Je nach Speicherbedarf können die Wärmespeicher modular erweitert werden. Beim Design wurde auf bewegliche Teile verzichtet, weshalb der Speicher eine hohe Lebensdauer aufweist und relativ wartungsarm ist. Die Lebensdauer liegt bei 30 Jahren und mehr.

Der optimale Wirkungsbereich der ThermalBattery liegt zwischen 120 und 400 °C. Der Speicher kann dabei auf verschiedene Anwendungen individuell angepasst werden, wodurch sich vielfältige Konfigurationen und Einsatzgebiete in einem industriellen Kontext ergeben. So können Wärmespeicher unter anderem bei der Abwärmerückgewinnung aus der Pyrolyse, der Destillation, der Rektifikation oder der Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien für Trocknungsprozesse zum Einsatz kommen.

Integration erneuerbarer Energien

Idealerweise kann die Elektrifizierung der Wärme- und Dampfproduktion den Bedarf an fossilen Energien für Teilprozesse gänzlich ersetzen. Doch ohne Speicherung ist die Produktion zumindest bei der Nutzung von Solarenergie nur auf Tagzeiten begrenzt, auch wenn Dampf durchgängig benötigt wird. Thermische Speicher können überschüssige Energie für die Dampferzeugung bei Nacht speichern, wodurch echte Dekarbonisierung ermöglicht wird.

Energynest hat diese Anwendung mit seinem Partner Avery Dennison, einem führenden Hersteller von selbstklebenden Materialien, in Belgien implementiert. Das Projekt umfasst eine Plattform für konzentrierte Solarthermie mit 2240 Oberflächenspiegeln und einem Spitzenertrag des Solarfelds von 2,7 GWh thermischer Energie sowie sechs thermische Speichermodule mit einer Kapazität von 5 MWh thermischer Energie. Dort wird Solarenergie genutzt, um einen Teil der Trocknungsöfen in der Produktion zu betreiben, die im Beschichtungsprozess der am Standort hergestellten Haftklebstoffprodukte eingesetzt werden. Nicht bedarfsgerecht erzeugte thermische Energie wird dabei in der ThermalBattery gespeichert und in der Nacht oder bei sonstigen Bedarfsspitzen abgegeben. Dadurch wird der Einsatz von fossilen Brennstoffen vermieden und somit zu einer weiteren Reduzierung der Emissionen beigetragen.

Verbesserung der Energieeffizienz

Neben der Elektrifizierung können thermische Speicher auch bisher ungenutzte Potenziale bei der Abwärme heben. Die Rückgewinnung von Überschusswärme und ihre Speicherung für die spätere erneute Nutzung als Primärenergie in einer Art Prozesswärme-Recycling verringert ebenfalls den fossilen Energiebedarf, spart damit Kosten und Emissionen.

Dieses Verfahren findet bei einem der weltweit größten Düngemittelhersteller Yara im norwegischen Porsgrunn Anwendung. Die dampfbasierten thermischen Speicher – die ersten ihrer Art im industriellen Einsatz – ermöglichen Yara, nicht bedarfsgerecht erzeugte Energie in Form von Dampf zurückzugewinnen und je nach Einsatzbedarf für verschiedene Prozesse der Anlagen wieder in das Dampfnetz einzuspeisen. Diese Form des sogenannten Steam-Grid-Balancing sorgt dafür, dass weniger fossile Brennstoffe für die Erzeugung zusätzlichen Dampfs eingesetzt werden müssen und Fluktuationen in Produktion und Energieeinspeisung ausgeglichen werden können.

Handlungsdruck enorm

Der Handlungsdruck für die Industrie ist enorm: Die schnelle Implementierung und Skalierung von klimafreundlichen Technologien sind nun unabdingbar. Thermische Speicher können eine zentrale Rolle einnehmen, um die industrielle Wärme- und Dampfversorgung zu sichern und sollten daher ein Kernbestandteil klimaneutraler Produktionsprozesse werden. Sie sind nachhaltig und wirtschaftlich zugleich, schnell implementiert und skalierbar. Das macht thermische Speicher nicht nur zu Nachhaltigkeitsprojekten, sondern insbesondere unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu einem echten Business Case.

Energynest AS, Billingstad, Norwegen


Autor: Dr. Christian Thiel

Chief Executive Officer, Energynest

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