Der Trend zu pflanzlichen Fleischalternativen ist ungebremst. Immer mehr Menschen ernähren sich vegan, vegetarisch oder flexitarisch. Vor allem die Gruppe der Flexitarier, die bewusst ihren Fleischkonsum reduziert, ohne dabei aber auf den Fleischgenuss verzichten zu wollen, ist in den letzten Jahren stark gewachsen und mit ihr die Nachfrage nach Fleischalternativen. Das Angebot an entsprechenden Produkten wächst weltweit beständig und hat sich fest in Handel und Gastronomie etabliert. Mittlerweile existiert zu so gut wie allen klassischen Fleischprodukten ein veganes Pendant.
Ein besonders wichtiges Segment sind geformte Produkte. Dazu zählen z. B. Produkte wie Burgerpatties, Nuggets, Sticks und Bällchen. Bei der Herstellung dieser Produkte kommen Misch- und Zerkleinerungssysteme zur Herstellung der Grundmasse sowie Verarbeitungslinien zur automatisierten Portionierung, Formgebung und Verpackung zum Einsatz. Die Produkte werden größtenteils im rohen Zustand oder vorgegart als Kühlwaren oder TK-Waren angeboten. Die Zubereitung für den Verzehr unterscheidet sich nicht von herkömmlichen Fleischprodukten. Sie werden gebraten, gegrillt, gebacken, frittiert und mehr. Zu den Herstellern von Fleischalternativen zählen Start-ups, Produzenten für vegan-vegetarische Lebensmittel und auch immer mehr klassische Fleischproduzenten, die ihr Sortiment um pflanzliche Fleischersatzprodukte erweitern.
Vegane Hackmasse als Basis
Bei allen Schritten des Herstellungsprozesses für vegane Formprodukte lassen sich kritische Punkte identifizieren, auf welche besonders geachtet werden muss. Bei der Produktgruppe der geformten Fleischalternativen bildet häufig vegane Hackmasse die Basis. Die fein zerkleinerte Masse besteht im Wesentlichen aus Pflanzenproteinen, Wasser, pflanzlichen Fetten und Ölen, Gewürzen, Bindemitteln, Farbstoffen und Aromen.
Zur Herstellung veganer Grundmassen bietet Handtmann Inotec Misch- und Zerkleinerungstechnik Spielraum mit vielseitigen Zusatzoptionen wie z. B. der Möglichkeit, Produkte direkt über Injektion oder indirekt durch Doppelmantel zu erwärmen bzw. zu kühlen. Das Zudosieren von Flüssigkeiten und Trockenstoffen während des laufenden Prozesses ist ebenfalls möglich.
Die Textur der Produktmasse kann durch individuelle Prozessschritte wie dem Einsatz von Vakuum beispielsweise bei der effizienten Rehydrierung und Färbung von Texturaten, über die Mischrichtung, Mischzeit oder das Mischintervall sowie Pausenzeiten spezifisch gestaltet werden.
Nach dem Mischen muss für die Herstellung qualitativ hochwertiger veganer Formprodukte die Ausgangsmasse schonend, qualitätserhaltend und effizient gepumpt, portioniert und geformt werden. Die Systemlösung von Handtmann bietet die Voraussetzungen dafür, denn als Basismodul kommt ein Vakuumfüller der Serie VF 800 zum Einsatz.
Dieser arbeitet mit dem volumetrischen Portionierprinzip des Flügelzellenförderwerks. Die vegane Masse wird ohne Umwälzung über einen kurzen Weg gefördert. Die mechanische Belastung des Produkts ist dabei aufgrund der kleinen Kontaktfläche mit bewegten Teilen sehr gering. Das unerwünschte Verschmieren von Fett- und Proteinpartikeln wird vermieden und ein klares Produktbild erreicht.
Dieser Effekt kommt bei veganen Produkten besonders zum Tragen, denn in vielen Produkten wird das enthaltene Pflanzenfett (z. B. Kokosfett) in der Regel in isolierter, freier Form und nicht als strukturiertes Fett oder wie bei Fleischprodukten als zelluläres Fett zugegeben. Daraus resultiert ein starker Hang zum Verschmieren bei unkontrollierter mechanischer Belastung, da das Fett nicht von einer schützenden Hülle umgeben ist.
Einsatz von Füllwolftechnik
Je nach Beschaffenheit der Ausgangsmasse und gewünschtem Aussehen des Endprodukts kann beim Einsatz der beschriebenen Formsysteme mit oder ohne integriertem Füllwolf gearbeitet werden. Geht es um den Erhalt der Fett- und Texturatpartikel oder der Struktur anderer Rezepturbestandteile, ist mit dem produktschonenden Fördern bereits ein wichtiger Schritt getan. Sollen beispielsweise Fettpartikel oder andere Rezepturbestandteile im Endprodukt nicht nur gleichmäßig verteilt, sondern auch klar sichtbar vorliegen, ist der Einsatz von Füllwolftechnik hilfreich.
Handtmann-Füllwolftechnik bietet durch einen separaten Wolfantrieb ein variables Verhältnis von Förderwerks- und Wolfdrehzahl. Dadurch kann die Durchmischungs- und Zerkleinerungsintensität im Füllwolf flexibel eingestellt werden. Produktbild und -textur können so über die variable Füllwolfdrehzahl gezielt beeinflusst werden.
Vor allem bei geformten Produkten mit kleinem Portionsgewicht ist eine einheitliche Faserlänge in der zu formenden Ausgangsmasse vorteilhaft für einen exakten Form- und Trennprozess. Beim Einsatz bestimmter pflanzlicher Fasern muss auf Zerkleinerungsvorgänge verzichtet werden, um diese während des gesamten Herstellungsprozesses bestmöglich zu erhalten.
Form- und Schneidsystem
Für die anschließende Formgebung bietet Handtmann das 1-bahnige Form- und Schneidsystem FS 525. Es vereint zwei unterschiedliche Formtechnologien. Das System kann sowohl frei formen als auch formen und schneiden und ist damit flexibel für eine große Produktvielfalt geeignet.
Mit der Lochplattenformtechnik lassen sich frei geformte 3D-Produkte mit einem Durchmesser von 18 bis 100 mm herstellen. Die Produktionsleistung liegt bei bis zu 250 Takten pro Minute. Beispiele für frei geformte und wahlweise geplättete Produkte sind Burger, Bällchen, Frikadellen, Cevapcici und mehr. Es besteht die Möglichkeit zur Integration in Komplettlinien, um die Produkte unter hygienischen Bedingungen direkt zu verpacken. Des Weiteren können die Produkte mithilfe von automatisierten Prozessen an weiterfolgende Systeme wie Wasser- oder Ölbad oder Panadesystem übergeben werden. Mit dem Rotationsschneidprinzip können unterschiedliche Querschnitte von 15 bis 130 mm mit glattem Schnitt produziert werden bei einer Produktionsleistung von bis zu 350 Schnitten/min, mit einem 2-flügligen Messer oder bis zu 200 Schnitten/min mit einem 1-flügligen Messer. Beispiele für geformte und getrennte Produkte sind Burger und Patties, Nuggets, Stäbchen, Sticks, Scheiben, Riegel und mehr. Der optionale Einsatz eines Plättbandes sowie unterschiedliche Strukturrollen erweitern den Variantenreichtum zusätzlich.
Die Produktion erfolgt auf weiterfolgende Transfersysteme, Rückzugsband und Schaleneinleger oder z. B. der Übergabe auf eine Bratstraße oder Ähnliches. Die hohe Flexibilität des FS 525 geht nicht zulasten einer wirtschaftlichen Produktion, denn der Wechsel der Formentechnik ist in unter 3 min möglich und im kontinuierlichen Produktionsprozess werden konstant hohe, industrielle Leistungen erzielt.
Zuführen und Einlegen in Schalen
Das Form- und Schneidsystem FS 525 lässt sich in ganzheitliche Prozesse integrieren oder mit Automatisierungssoptionen synchronisieren. Es sind sowohl einzelne automatisierte Prozessschritte, aber auch vollautomatische Lösungen bis in die Verpackungseinheit möglich wie beispielsweise mit dem Handtmann-Transfersystem.
Es bietet die prozesssichere Zuführung und Einlage der geformten Fleischalternativen in Schalen. Im Prozess der Schalenzuführung und dem Einlegen der Produkte in die Schalen sind unterschiedliche Ablagemuster der jeweiligen Produkte möglich. Schalen sind in den Abmessungen von maximal 325 mm × 265 mm × 100 mm und minimal 80 mm × 80 mm × 20 mm möglich.
Die Produktionsleistung liegt bei bis zu 120 Schalen/min (schalenabhängig) bzw. bis zu 200 Produkten/min (produktabhängig). Geformte Produkte können in einer Produkthöhe von 10 bis 100 mm, einer Produktlänge von 50 bis 300 mm und einer Produktbreite von 30 bis 240 mm einzeln, geschindelt oder gestapelt abgelegt werden.
Zentrale und vernetzte Steuerung
Alle Module des Transfersystems sind in die zentrale und vernetzte Handtmann-Steuerung integriert, was für eine perfekte Synchronisation und einfache Bedienung sowohl der Module als auch der Gesamtlinie sorgt. Die integrierte Qualitätsüberwachung inklusive Kontrolle der Produktlängen und gezielter Ausschleusung sichert einen kontinuierlichen und wirtschaftlichen Gesamtprozess. Dazu gehört auch die kontinuierliche, automatische Überwachung entscheidender Prozessparameter wie Fülldruck, Temperatur und Vakuumlevel durch den VF-800-Vakuumfüller. Diese praktische Lösung, deren grundlegende Funktion die automatische Sicherung von Qualitätsstandards im Produktionsprozess ist, vermeidet Fehlproduktionen, die oft erst nach der Fertigstellung eines Produktes erkannt werden.
Give-away und Re-work minimieren
Eine weitere Automatisierungsoption ist die Einbindung des Wägesystems WS 910 advanced in den Produktionsprozess. Neben Monitoring und dem Ausschleusen von unter- und übergewichtigen Portionen direkt nach dem Portionierprozess wird eine deutliche Kosteneinsparung durch die Verringerung von Give-away auf ein Minimum durch Referenzwiegen jeder Portion und damit einhergehender Gewichtsregelung erzielt.
Zusätzlich reduziert der Einsatz des Wägesystems Re-work deutlich, was zu Einsparungen an Verpackung, Ressourcen und Handling führt. Durchgängiges Hygienic Design und das Entfallen von manuellen Eingriffen sichert parallel einwandfreie hygienische Produktionsbedingungen.
Das Potenzial der pflanzenbasierten Alternativprodukte ist für die Lebensmittelhersteller groß. Das gilt nicht nur für die Fleischbranche, sondern auch für alle anderen Branchen, in denen tierische Proteine wie Milch, Fisch oder Eier verarbeitet werden. Großer Vorteil für die Hersteller ist, dass sie aufgrund der pflanzlichen Rohstoffe nicht mehr an die klassische, branchenspezifische Produktpalette gebunden sind.
So kann beispielsweise ein Hersteller aus dem Fleischbereich unkompliziert pflanzliche Molkerei- oder Fischalternativen auf seinen Produktionslinien produzieren. Um diese neue Flexibilität aber voll ausschöpfen zu können, bedarf es einer Prozesstechnik, die flexibel zur Verarbeitung unterschiedlicher Ausgangsmassen sowie zur Herstellung verschiedener Produktformen eingesetzt werden kann.
Genau diesen Spielraum für Produktinnovationen vom veganen Stäbchen Typ Fisch über vegane Käsebällchen bis hin zum veganen Burgerpatty bieten sowohl die Handtmann Inotec Misch- und Zerkleinerungstechnik als auch die Handtmann Linienlösung für geformte Alternativprodukte.
Albert Handtmann Maschinenfabrik GmbH & Co. KG, Biberach an der Riß
Autor Dr. Michael Betz
Leitung Lebensmitteltechnologie und Branchenmanagement
Albert Handtmann Maschinenfabrik
prozesstechnik.tv Interview als Video
Den Autor Dr. Michael Betz traf die dei-Redaktion auf der Anuga Foodtec. Er stellt im Video das Schneidesystem FS 525 vor, das wiederum Teil einer kompletten Produktions- und Verpackungslinie für Fleischersatzprodukte sein kann. Zu sehen auf prozesstechnik.tv.