Statt auf chemische Extraktionsverfahren oder die klassische Pressung zu setzen, bevorzugen Hersteller hochwertiger Lebensmittel zunehmend Rohstoffe aus physikalischen Extraktionsverfahren unter Einsatz von CO2. Der Vorteil: Das Verfahren kommt ohne Erhitzen aus, ist ergiebig, schonend und antibakteriell.
Das Verfahren der CO2-Extraktion besitzt bereits lange Tradition. Publiziert wurde es Anfang der 1970er-Jahre in einer Forschungsarbeit des Max-Planck-Instituts in Mühlheim. Diese Forschungsarbeit bildete 1979 die Grundlage für den Aufbau der ersten Anlage zur Entkoffeinierung von Kaffee mit überkritischem CO2 in Deutschland. Dabei löst unter hohem Druck verdichtetes CO2 die gewünschten Substanzen aus dem Rohstoff. Wird der Druck gesenkt, gibt das CO2 die gewonnenen Inhaltsstoffe als Extrakt wieder ab. Die einzelnen Prozessparameter werden dabei individuell auf das Pflanzenrohmaterial abgestimmt. Auf diese Weise bleiben die natürlichen Inhaltsstoffe erhalten und können in der weiteren Verwendung ihre Wirkung besser entfalten.
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Der Extraktionsdienstleister Nateco2 in Wolnzach ist auf die CO2-Extraktion spezialisiert. In den 1980er-Jahren wurde mit der Extraktion von Hopfen (bei 300 bar) begonnen. Seither wurden alle drei bis fünf Jahre am Standort eine neue Anlage in Betrieb genommen. In Kürze wird eine neue Produktionsanlage für bis zu 1000 bar Druck nach entsprechender Erprobungsphase in den kommerziellen Einsatz gehen. Durch den erhöhten Druck werden die Extraktionszeiten signifikant verkürzt, wodurch das Verfahren noch wirtschaftlicher und die Extraktion großmolekularer Stoffe, wie beispielsweise langkettiger Omega-3-Fettsäuren oder Carotinoiden, noch effektiver wird.
Vielfältige Möglichkeiten
Ein Hersteller von Lebensmittelgrundstoffen, der dieses Verfahren in den vergangenen Jahren immer stärker für seine Produkte entdeckt und ausgebaut hat, ist der biologische Öl- und Rohstofffachhändler AOT – All Organic Trading Company – mit Sitz in Kempten. In Kooperation mit dem Extraktionsdienstleister lässt AOT seit Beginn dieses Jahres in Wolnzach hochwertige, biozertifizierte Öle wie kalt extrahiertes Reiskleieöl, Hafer- oder Kardamomöl produzieren. Ebenso verschiedenste Wachse für die Kosmetikindustrie. Weitere Beispiele aus dem Lebensmittelbereich sind Algenextrakte als Wirkstoff gegen Alterssehschwäche. Auch Sabalbeerenöl-Extrakt zur Abschwächung des Prostatawachstums, Paprikaextrakte zum Würzen und Färben und hochwertige Öle wie Kiwisamenöl oder Granatapfelöl werden in Wolnzach im Auftrag verschiedener Kunden hergestellt. Dies sind nur einige wenige Beispiele aus der Lebensmittelindustrie. Die Anwendungsmöglichkeiten zur schonenden Extraktion von Stoffen sind in der Praxis nahezu unbegrenzt.
Extraktion mit biogenem CO2
Bei Einsatz des CO2-Verfahrens kann dabei vollständig auf die Verwendung von organischen Lösemitteln verzichtet werden, die meist als giftig und gefährlich eingestuft sind und oft im Produkt in Spuren verbleiben. Des Weiteren verursachen sie Kosten und Probleme bei der umweltgerechten Entsorgung. Das von Nateco2 zur Extraktion verwendete biogene CO2 besitzt den GRAS-(generally recognised as safe-)Status der US-Behörden und kann ohne Einschränkungen im Lebensmittel- und Kosmetikbereich eingesetzt werden. Die mit CO2 extrahierten Öle und Extrakte sind in keiner Weise durch diesen Prozess verunreinigt. Sie sind „bio“ und „koscher“ zertifiziert und können ohne weitere Aufbereitung vom Hersteller biologischer Produkte oder vom Endverbraucher verwendet werden.
Zweistufige Verfahren möglich
Nateco2 entwickelt dafür die Parameter und unterstützt den Anwender von der Idee und F&E-Phase bis zur Produktion in beliebig großem Maßstab. Ein besonders interessantes Beispiel hierfür ist das Pfefferöl. Es galt, das ätherische Pfefferöl und den Scharfstoff Piperin getrennt unter vollständig kontrollierbaren Bedingungen aus Pfefferkörnern zu gewinnen, damit diese zuverlässig für Produkte von konstant gleichem Geschmack und gleichen Inhaltsstoffanteilen verwendet werden konnten. Dabei sollte die jeweils maximale Ausbeute erreicht werden. Bei optimal angepassten Extraktions- und Separationsparametern konnten letztlich bei der CO2-Extraktion insgesamt mehr als 90 % der extrahierbaren Anteile aus den Pfefferkörnern gewonnen werden – vom Scharfstoff Piperin sogar über 95 %. Entsprechend weniger Pfefferkonzentrat musste von nun an bei der Produktion der Folgeprodukte im Unterschied zu wasserbasierten Destillaten für die gleiche Würzkraft eingesetzt werden. Zudem waren die so gewonnenen Extrakte im Unterschied zu den herkömmlichen nahezu steril. Ungewöhnlich war es dabei, dass es nicht – wie z. B. beim Hopfen – nur um die Extraktion eines Stoffes ging, sondern um eine zweistufige Extraktion, zunächst des Piperins und danach des Pfefferöls. Gelöst wurde diese Herausforderung, zwei verschiedene Extrakte in einem Extraktionsschritt zu gewinnen, durch stufenweisen Druckabbau. Nateco2 übernahm dafür sowohl die Ermittlung der optimalen Extraktionsparameter als auch nach der F&E-Phase das Up-scaling auf den Produktionsmaßstab. Als optimale Extraktionswerte für den Pfeffer wurden 250 bis 300 bar und +60 bis +80 °C ermittelt. Der Druck bei Abscheidung eins lag dann bei 100 bis 150 bar, der Druck bei Abscheidung zwei bei 60 bar.
Voraussetzung hierfür war ein einheitliches Ausgangsmaterial für die Extraktion. Um dieses zu ermitteln, wurden bei Nateco2 Versuche zur optimalen Vermahlung mit unterschiedlichsten Mühlen und Siebeinsätzen unternommen. Das Rennen machte letztlich eine Kaltvermahlung mit Trockeneiszugabe in einer Hammermühle. Neben der Entwicklung der Extraktionsverfahren (sog. Machbarkeitsstudien) bietet das Unternehmen weitere Schritte der Wertschöpfung, wie zusätzliche Aufreinigung oder anschließende Standardisierung, inkl. Endverpackung und Logistik an. Auch die gesamte begleitende Analytik wird in Wolnzach entwickelt, etabliert und optimiert.
prozesstechnik-online.de/dei0812410
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