Die Verordnung (EU) 2016/127 verpflichtet Hersteller von Säuglingsanfangs- und Folgenahrung ab dem 22. Februar 2020, 20 bis 50 mg DHA (Docosahexaensäure) pro 100 kcal zuzusetzen; gleichzeitig wird der Rückstandshöchstgehalt für alle Pestizide auf 0,01 mg/kg gesenkt. Die meisten Lebensmittelhersteller kennen die Herausforderungen beim Einsatz von Ölen mit mehrfach ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren nur zu gut. Bereits die Veredelung in der Raffinerie erfordert einen Spagat zwischen besonders schonenden und möglichst gründlichen Prozessen. Die Rohöle sind instabil, sie oxidieren leicht und bringen in der Regel eine Belastung an potenziell gesundheitsschädlichen Kontaminanten entweder schon mit oder bilden sie beim Aufreinigungsprozess aufgrund harscher Prozessbedingungen. Hierzu gehören Weichmacher, MOSH/MOAH (gesättigte und aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe), Pestizide, Transfettsäuren und 3-Monochlorpropandiol (MCPD)-Fettsäureester.
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Sensitiv und wertvoll
Omega-3- (DHA) und auch Omega-6-Fettsäuren (ARA) verfügen über mehrere Doppelbindungen, weshalb sie innerhalb kürzester Zeit mit der Umgebungsluft reagieren. Das Ergebnis sind unerwünschte Oxi-dationsprodukte, etwa Hydroperoxide und sekundäre Abbauprodukte wie Ketone und Aldehyde. Diese erzeugen bei Fischöl beispielsweise den typisch ranzigen Fischgeruch und eine dunkle Verfärbung.
Langkettige Omega-3-Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle beim Wachstum und der Entwicklung des Gehirns, auf die Blutdruckregulation, Nierenfunktion, Blutgerinnung sowie auf entzündliche und immunologische Reaktionen. Als Bestandteil der Zellmembranen sind die ungesättigten Fettsäuren in der Muttermilch – vor allem DHA – gerade in den ersten beiden Lebensjahren wichtig für eine gesunde Entwicklung der Augen und des Gehirns. Entsprechend müssen auch ungestillte Kinder über die Anfangsnahrung mit den wichtigen Mikronährstoffen versorgt werden.
Anfällig für Kontaminanten
Für die apolaren Lipide, die anfällig für fettlösliche Kontaminanten sind, bestehen Risiken entlang der gesamten Prozesskette. Von allen gängigen Omega-3-Quellen weisen Algen, die unter kontrollierten Bedingungen in Tanks fermentiert werden, die geringste Schadstoffbelastung und einen hohen Fettgehalt von bis zu 50 % auf. Das in Algenöl enthaltene DHA ist für den menschlichen Organismus direkt bioverfügbar. Bei Raps und anderen Ackerpflanzen nehmen klimatische Bedingungen bereits bei der Aussaat Einfluss auf den späteren Fettsäuregehalt. Ferner wirken Umweltkontaminanten, Mykotoxine und Pflanzentoxine ein. Später kommen mitunter hochmolekulare Pestizide, Fungizide oder Herbizide hinzu. Weitere Eintragsquellen lauern bei Ernte und Transport (Mineralölkohlenwasserstoffe) und in den Vorverarbeitungsprozessen (Lösemittelrückstände) der Rohöle. Fischöl ist ebenfalls schadstoffbelastet, zum Beispiel mit polychlorierten Biphenylen (PCB) oder Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT). Noch kritischer ist jedoch die rasant fortschreitende Oxidation, die nur durch ausgeklügelte Raffination aufgehalten und sogar rückgängig gemacht werden kann. Alle Omega-3-Öle erfordern eine individuelle Behandlung und einen höheren Grad an Sorgfalt als gewöhnliche Öle, um die essenziellen Fettsäuren, Mikronährstoffe und Vitamine zu erhalten.
Anspruchsvolle Raffinationsprozesse
Beim Schweizer Marktführer für Spezial- und Biospeiseöle Nutriswiss werden Rohöle allen Ursprungs aufgereinigt, also neutralisiert, gebleicht, filtriert und desodoriert, modifiziert und gemischt. Die Zusammensetzung einer Babynahrungsformulierung mitsamt optimalem Verhältnis von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren wird jeweils individuell nach Kundenwünschen entwickelt. Insbesondere bei hochreinen Spezialölen und Nischenprodukten genießt das Unternehmen weltweit einen sehr guten Ruf. Bei Fischöl gelingt es durch das Entfernen der sekundären Oxidationsprodukte den Anisidinwert unter 10, teilweise sogar unter 5, zu senken, was einer Premium-Qualität entspricht. Hinzu kommen die sensorische Neutralität und die hellgelbe Farbe, die der von Rapsöl ähnelt. Damit das Kennzahlen- und Sensorikprofil die Anforderungen für Spezialernährung erfüllt, werden die Raffinationsschritte sorgsam geplant und überwacht.
Schonende Kurzwegdestillation
Klassische alkalische oder physikalische Raffinationsprozesse laufen bei Temperaturspektren zwischen 180 und 250 °C ab. Die hohen Temperaturen beschleunigen die Oxidation und führen zur Bildung neuer Schadstoffe. Moderate Belastungen lassen sich mit der alkalischen Neutralisation entfernen. Rohöle können jedoch so stark kontaminiert sein, dass sie eigentlich nicht mehr für Lebensmittel geeignet wären. Die Kurzwegdestillationsanlage der Schweizer setzt hier neue Maßstäbe. Sie soll zukünftig das Mittel der Wahl für Härtefälle sein, wenn das Material stark vorbelastet oder ein extrem reines Endprodukt gefordert ist.
Bei der Kurzwegdestillation (engl. Short Path Distillation, kurz SPD) handelt es sich um ein besonders schonendes physikalisches Trennverfahren, das bereits in der Fischölindustrie etabliert ist. Für das breite Spektrum an Speiseölen ist die Nutriswiss-Anlage jedoch individuell geplant und mit zusätzlicher Prozesstechnik ausgestattet worden. Damit ist man in der Lage, den Gehalt an Omega-3 Fettsäuren zu maximieren. Mithilfe des kontrollierten Feinvakuums mit einem Druck von weniger als 0,01 mbar und der kurzen Verweilzeit lässt sich die thermische Belastung verringern, was die Bildung von Prozesskontaminanten wie 3-MCPD oder Glycidylfettsäureester minimiert. Zeitgleich werden freie Fettsäuren, Weichmacher und Pestizide in einem Umfang entfernt, der so mit keiner herkömmlichen Technologie erreichbar ist. Auch MOSH/MOAH können deutlich reduziert werden.
Nutriswiss AG, Lyss, Schweiz