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Freie Fahrt für Obst und Gemüse

Frei bewegliche fahrerlose Transportsysteme
Freie Fahrt für Obst und Gemüse

Fahrerlose Transportsysteme kommen immer mehr vom Leitdraht ab. Dies erkannten auch die Verantwortlichen des belgischen Unternehmens Vennootschap Mechelse Veilingen (VMV), einem großen Verpackungs- und Verteilzentrum für Obst und Gemüse. Durch den Einsatz von 2D-Ortungssystemen NAV 200 und die Fahrwegabsicherung per PLS können sich die Fahrzeuge frei zwischen den Produktions- und Verpackungslinien bewegen.

Walter Schneider

Die Auslegung wie auch der Einsatz von fahrerlosen Transportsystemen waren bislang häufig mit einer Reihe von Restriktionen verbunden, die die flexible, gabelstaplerähnliche Nutzung beeinträchtigten. Dies betraf zum einen die Navigationstechnik. Die lange Zeit vorherrschende Fahrzeugführung entlang eines Induktionsdrahtes war mit hohen Kosten für die Verlegung verbunden. Hinzu kam bei der Erstprojektierung für bestehende Transportbereiche die Unsicherheit über den Aufbau des Hallenbodens und das Vorhandensein eventuell störender Eisenarmierungen. Schließlich erwies sich diese Technik als zu inflexibel: neue Fahrstrecken oder Andockplätze konnten nur mit hohem Aufwand – Verlegen des Induktionsdrahtes oder Umbau der stationären Fördertechnik – realisiert werden.
Auch die bislang eingesetzte Sicherheitstechnik beschränkte die Freiheitsgrade von FTS-Anlagen. Die Auslegung mechanischer Stoßfänger, so genannte Bumper, musste Faktoren wie die maximale Fahrzeuggeschwindigkeit, den höchstzulässigen Beladezustand oder die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche und der FTS-Laufrollen berücksichtigen. Die Folge: groß dimensionierte Bumper, die u. a. enges Kurvenfahren erschwerten und zur aufwändigen Auslegung von Übergabeplätzen führten. Auch Ultraschallsensoren zur berührungslosen Absicherung der Fahrwege haben sich aus vielerlei Praxiserfahrungen nicht als endgültige Lösung durchgesetzt.
Mit dem Einsatz von Lasernavigation und Sicherheits-Laserscannern bietet sich für die FTS-Technologie ein völlig neues Szenario: nicht mehr die Hardware der Umgebung muss angepasst werden, sondern nur noch die Überwachungs- und Auswertesoftware der Sensoren. Damit entfallen die bislang vorhandenen Nutzungseinschränkungen. Die hierfür notwendige Technik liefert Sick mit dem Laser-Positioniersystem NAV 200 und dem Sicherheits-Laserscanner PLS.
Präzise Transportsteuerung
Ob Paprika, Tomaten oder Gurken, Bananen, Äpfel oder Kiwis – bei VMV werden alle Arten von Gemüse und Obst in verbrauchergerechte Mengen verpackt und zur Auslieferung an die Großhändler bereitgestellt. Dies geschieht auf mehr als einem halben Dutzend Linien, die jeweils mit zwei Palettenstellplätzen ausgerüstet sind. Ist eine Palette fertig mit dem verpackten Obst und Gemüse beladen, fordert der Maschinenbediener per Knopfdruck ein FTS an, das eine neue Leerpalette bereitstellt sowie die beladene Palette abholt und zum Zwischenlager- oder Verladeplatz transportiert.
Am höchsten Punkt des FTS, der auch von einem Transportgut nicht verdeckt wird, ist der rotierende Laserkopf des zweidimensionalen Ortungssystems NAV 200 angebracht, der im Winkel von 360° einen unsichtbaren Lichtstrahl aussendet. Dieser Strahl wird auf Entfernungen bis zu 30 m von Reflektormarken an den Wänden, Pfeilern oder anderen, ortsfesten Gegenständen im Raum reflektiert. Das Hallenlayout mit den darin verzeichneten Anbringungsorten der Reflektoren ist im internen Rechner des FTS gespeichert. Durch Vergleich der gemessenen relativen Winkelposition unter Berücksichtigung der Entfernung zu den Reflexfolien mit den Sollwerten des Parcours wird die absolute Position und Ausrichtung der freifahrenden Transporter bestimmt. Dieses Verfahren bietet eine hohe Genauigkeit und ermöglicht das Einhalten von Fahrwegen sowie Andockvorgängen mit hoher Präzision.
Reif für weitere Aufgaben
Durch sein berührungsloses Funktionsprinzip ist das Ortungssystem reif für weitere Aufgaben, die bei VMV nach der Inbetriebnahme der Anlage anstehen. So ist ein hohes Maß an Flexibilität hinsichtlich der Möglichkeit von Wegstrecken- und Layout-änderungen in der Halle erforderlich und durch die Sensorik gegeben. Die bestehenden sieben Produktionslinien befinden sich aus Gründen der optimalen Raumnutzung auf Rädern, können also verfahren werden. Darüber hinaus sollten nicht nur weitere Linien mit entsprechenden FTS-Haltepunkten hinzukommen, sondern auch das Streckennetz der FTS bis in ein Kühllager erweitert werden. Diese Vielzahl neuer oder veränderter Andock- und Übernahmepositionen für die FTS lässt sich in der Regel nicht mit mechanischen, induktiven oder kameragestützten Führungssystemen erreichen, wohl aber per Lasernavigation.
Kollisionsfreier FTS-Verkehr
Parallel zum Positioniersystem überwacht der Sicherheits-Laserscanner PLS als virtueller Stossfänger den Fahrweg der fahrerlosen Transportfahrzeuge. Über rotierende Spiegel fächerförmig ausgestrahlte Infrarot-Laserstrahlen scannen die Umgebung berührungslos ab. Das Gerät misst die Zeit zwischen dem Aussenden des Lichtes und Empfangen der Reflektion und berechnet daraus die Entfernung eines Objektes. Als erfassungsrelevanten Überwachungsbereich überstreicht der PLS eine Halbkreisfläche mit insgesamt 25 m², innerhalb der beliebig große Überwachungsfelder, Schutzfelder mit einem maximalen Radius von vier Metern und Warnfelder mit bis zu 15 m über einen PC frei programmiert werden können. Mit der zum Messstrahl zugehörigen Winkelinformation kann dank der hohen Auflösung von 0,5° auch die exakte Position des Gegenstandes oder der Person auf dem Fahrweg bestimmt werden.
Potenzial der freien Navigation voll nutzbar
Insgesamt hat der Ersatz von Führungen und mechanischen Bumpern durch die Integration von lasergestützter Navigation und Sicherheitstechnik in fahrerlose Transportfahrzeuge weitreichende Auswirkungen auf die Auslegung und den Betrieb von Anlagen. So sind Lager- und Fahrwege frei festleg- und optimierbar, können Kurvenradien enger ausgelegt werden und die Fahrzeuge können sowohl in Hallen wie auch im Freigelände eingesetzt werden. Darüber hinaus ist durch eine entsprechende Schutzfeldumschaltung der Platzbedarf bei Kolonnenfahrten optimierbar, sind Andockstationen an die stationäre Fördertechnik einfacher konzipierbar und können hinzugefügt oder abgemeldet werden. Die Übergabespiele laufen schneller ab. Die Integration der Laser-FTS-Anlage führt während des laufenden Betriebs nur zu einer minimalen Beeinflussung.
Mehr Effizienz
Der in die Lasertechnik zu investierende Mehraufwand amortisiert sich durch mehr Flexibilität und bessere Anlagenverfügbarkeit bereits nach kurzer Zeit. Im Einzelfall kann dies sogar bedeuten, dass eine FTS-Flotte mit Lasernavigation und Laser-Sicherheitstechnik weniger Fahrzeuge umfassen muss als eine konventionell ausgerüstete Flotte, die die gleiche Anzahl Transportfahrten und Übergabespiele durchführen muss. Mit der lasergestützten Navigations- und Sicherheitstechnik eröffnen sich somit neue Möglichkeiten zur Flexibilisierung und Effizienzsteigerung im Materialfluss.
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