Gesetzliche Vorschriften wie die Fertigpackungsverordnung (FPV) sorgen dafür, dass in Fertigverpackungen tatsächlich auch die angegebenen Mengen enthalten sind. Hierzu überprüfen moderne Kontrollwaagen entweder stichprobenartig oder in einer 100 %-Kontrolle, ob die vorgegebenen Maßangaben unter- oder überschritten werden. Dabei sind die Anforderungen an die Kontrollwaagen beachtlich. Damit sie auch unter externen Störeinflüssen dennoch zuverlässige Ergebnisse liefern, ist einiges an Know-how gefragt.
Der österreichische Süßwarenhersteller Manner ist weit über Österreichs Grenzen bekannt. Die Geschichte der Süßwarendynastie geht weit zurück in das Jahr 1890. Das Firmengebäude, in dem die Wiener Produktionsstätte und die Firmenzentrale untergebracht sind, wurde bereits vor dem ersten Weltkrieg zu seiner heutigen Größe ausgebaut. Im Innern der Produktionsräume gerät beim Anblick hochmoderner Fertigungs- und Verpackungsanlagen jedoch jegliche Nostalgie in Vergessenheit. Bei Manner legt man Wert auf Qualität und Zuverlässigkeit, nicht nur bei den Produkten selbst, sondern selbstverständlich auch bei deren Herstellung. Zur gesetzlich vorgeschriebenen Gewichtskontrolle setzt der Süßwarenhersteller sowohl in seinem Werk in Wien als auch in den Produktionsstätten in Wolkersdorf und Perg auf modernste Kontrollwaagen von OCS Checkweighers.
Insgesamt sind in den drei Produktionsstätten circa 45 Kontrollwaagen im Einsatz. Die größten Anforderungen an die Waagen werden dabei in der Produktionslinie für die Haselnusswaffeln gestellt. Die im Detail aufeinander abgestimmte Produktionslinie beginnt mit der Herstellung der Waffeln. Aus vielen leckeren Zutaten zusammengestellt, bewegen sie sich in Richtung Verpackungsmaschine. Dort verpackt geht es anschließend weiter über die Kontrollwaage der HC-Serie zur Roboterinsel, wo die Waffeln zu Zehnerpaketen gebündelt und zur Verpackung in Kartons weitergeschoben werden.
640 Waffeln pro Minute
Dabei ist die Geschwindigkeit beachtlich: Je nach Format der Waffeln müssen die Waagen mit einem Durchsatz von über 10 Tafeln in der Sekunde zurechtkommen. Rudolf Schwaighofer, Verpackungstechniker bei Manner: „Als wir uns auf die Suche nach einem Waagenhersteller machten, war eine wesentliche Vorgabe, dass die Waagen einen Durchsatz von 640 Stück pro Minute fahren können. Dank individueller Anpassungen der Kontrollwaagen an unsere Anwendung ist das mit den Produkten von OCS Checkweighers möglich. Soweit ich weiß, sind diese Waagen die schnellsten geeichten Kontrollwaagen für Einzelpackungen, die es derzeit auf dem Markt gibt.“
Neben dem Durchsatz hatten die Süßwarenhersteller aber weitere Anforderungen an die Waagen. „Das wesentliche Problem für die Kontrollwaagen ist sicher die Straßenbahn, die an unserem sechsstöckigen Produktionsgebäude vorbeifährt. Da wackelt und vibriert alles. Wir hatten etliche Produkte vor Ort getestet. Dabei war das Problem immer wieder, dass die Waagen durch die Erschütterungen keine korrekten Werte lieferten und somit unter- oder übergewichtige Verpackungen nicht zuverlässig ausgeschieden werden konnten. Nur die Waagen von OCS konnten die Vibrationen durch ihre Technik kompensieren“, so Schwaikhofer.
Um dies zu erreichen, wurde die so genannte Active Vibration Compensation (AVC) entwickelt. Wägezellen mit dieser aktiven Störgrößenkompensation setzen eine zusätzliche Messtechnik ein, die vorhandene Vibrationen separat ermittelt. Dazu erkennen mehrere Sensoren sowohl translatorische Vibrationen als auch rotatorische Erschütterungen. Durch Subtraktion der Störsignale vom eigentlichen Gewichtssignal erhält man ein weitgehend störungsfreies Wägeergebnis. Die Gewichtsmessung und Ergebnisausgabe ist innerhalb weniger Millisekunden bei voller Messgeschwindigkeit und mit einer Störunterdrückung bis zu einem Faktor von 100 möglich. Dabei entsteht kein Zeitverlust wie bei herkömmlichen Filtertechniken. Grundlage der aktiven Störgrößenkompensation ist die in den Waagen eingesetzte elektrodynamische Kraftkompensation (siehe Kasten).
Ein weiterer Grund, warum die Wahl auf die eingesetzten Waagen fiel, ist das breite Produktspektrum von OCS. Zudem lassen sich die Kontrollwaagen mit zwei Wägezellen und unterschiedlich langen Wägebändern ausstatten. Diese sind somit ebenso für das Wiegen kurzer wie auch langer Produkte geeignet. Auch das schnelle und sichere Auswerfen fehlgewichtiger Produkte ist dank einer intelligenten Folgesteuerung und einem leistungsstarken Schnellschaltventil möglich. Bei einem Durchsatz von 640 Stück pro Minute werden zudem auch hohe Anforderungen an die Bandübergabepunkte gestellt. Die Übergabe der Produkte von einem Wägeband zum nächsten erfolgt über ein Messerkantenband (rollende Messerkante, Durchmesser 6 mm), das den Abstand zwischen den beiden Wägebändern bis auf wenige Millimeter minimiert. Somit lassen sich Produkte „weicher“ übergeben; zudem bleiben die Produktabstände innerhalb der vorgegebenen Toleranzen von +/- 1 mm. Damit die Kommunikation zwischen Verpackungsmaschine und Waage reibungslos funktioniert und somit auch die Übergabe der Waffeln von einem Band zum nächsten, haben die Waagenspezialisten eng mit dem Verpackungsmaschinenhersteller zusammengearbeitet.
Zudem sollten die Einzelprodukte punktgenau in die Roboterinsel eintakten, wo sie dann zu Sammelpackungen zusammengefasst werden. Damit es zu keiner Störung im Produktionsablauf kommt, müssen die einzelnen Packungen takt- und millimetergenau ankommen. Gelöst wird dies mit einem Folgeantrieb, der auf einer elektronischen Königswelle basiert. Neben der Gewichtsprüfung sollten die Verpackungen auch stichprobenartig optisch untersucht werden. Dazu können Stichproben aus dem laufenden Produktionsprozess mittels Touch Screen über eine In-Process-Control-Taste ausgeschleust werden. Diese Funktion wurde auf Wunsch von Manner erstellt und entsprechend programmiert.
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Weitere Informationen zum Produkt
Interpack 2008
Elektrodynamische Kraftkompensation EDK
Das Grundprinzip von Wägezellen, die auf der elektrodynamischen Kraftkompensation basieren, lässt sich mit einer einfachen Balkenwaage vergleichen. Auf einer Seite des Wägebalkens wird das zu wiegende Objekt aufgebracht. Dessen Gewicht führt dazu, dass sich die auf der anderen Seite des Wägebalkens befestigte Spule aus ihrem Magnetfeld (Permanentmagnet) herausbewegt. Eine Optik erkennt schon minimalste Auslenkungen und meldet diese an einen hochpräzisen Positionsregler. Dieser regelt durch den Spulenstrom die elektromagnetische Gegenkraft so, dass der Wägebalken im Gleichgewicht bleibt. Das alles passiert in Millisekunden, sodass die maximal auftretende Auslenkung wenige Nanometer beträgt. Die von dem aufgelegten Gewicht verursachte Kraft wird so durch den Spulenstrom kompensiert. Dabei ist die Stärke des Spulenstroms proportional zur Gewichtskraft. Dieser kraftproportionale Strom lässt sich über einen Messwiderstand messen, mit einem Analog-Digital-Wandler digitalisieren und in einem Signalprozessorsystem zur direkten Ausgabe als digitaler Gewichtswert weiterverarbeiten.
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