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Ätherische Öle wirken natürlich antimikrobiell

Hochschule Coburg forscht nach alternativen Konservierungsmitteln
Ätherische Öle wirken natürlich antimikrobiell

Hefen und Schimmelpilze verderben nicht nur Lebensmittel, sie können Verbraucher auch krank machen. Um Lebensmittel so lange wie möglich haltbar zu machen, nutzen Produzenten unterschiedliche Maßnahmen. Ein von der Adalbert-Raps-Stiftung gefördertes Projekt an der Hochschule Coburg hat gezeigt, dass auch ätherische Öle das Wachstum von Mikroorganismen hemmen. Doch haben sie auch das Potenzial, in der Industrie künftig als natürliches Konservierungsmittel zum Einsatz zu kommen?

Weil sie ungenießbar geworden sind, werden etwa ein Drittel der global produzierten Nahrungsmittel entsorgt – noch bevor sie beim Verbraucher auf dem Teller landen. In den Entwicklungsländern werden sie bereits unmittelbar nach der Ernte oder im Zuge der Verarbeitung vernichtet. Hauptgrund dafür sind beispielsweise ungeeignete Lagerungsbedingungen, die Mikroorganismen optimale Wachstumsvoraussetzungen bieten oder mangelnde Hygiene bei der Produktion. In den Industrieländern hingegen verderben Nahrungsmittel überwiegend bei den Verbrauchern: Sie kaufen zu viel ein, lagern diese falsch oder verschätzen sich mit den Verpackungsgrößen.

Gefährliche Pilzgifte

Neben Bakterien, Viren und Protisten beeinflussen vor allem Pilze und Hefen Textur, Geschmack, Geruch, Aroma und Aussehen negativ. Insbesondere Pilze stellen eine Gefahr dar, weil sie teilweise schwerwiegende Krankheiten, sogenannte Mykosen, hervorrufen können oder durch sekundäre, giftige Stoffwechselprodukte (Mykotoxine) bereits in geringen Dosen schwerwiegende gesundheitliche Folgen bei Mensch und Tier auslösen – bis hin zum Tod.

Trotz aller Anstrengungen auf der Produzentenseite – ob Fungizideinsatz in der Landwirtschaft, höhere Hygienestandards in der Produktion und chemische oder physikalische Haltbarmachungsverfahren – erleiden jährlich etwa 30 % der Bevölkerung in den Industrienationen eine lebensmittelassoziierte Krankheit (WHO 2002). Dass immer mehr Verbraucher Zusatzstoffen und vorbehandelnden Produktionsmethoden kritisch gegenüberstehen, macht es für die Lebensmittelwirtschaft nicht einfacher.

Als Alternative zu herkömmlichen Konservierungsstoffen werden zunehmend ätherische Öle und ihre Bestandteile diskutiert – ihre antimikrobielle Wirkung ist bereits durch Untersuchungen belegt, die Wirkmechanismen sind jedoch bislang wenig erforscht. In einem durch die Adalbert-Raps-Stiftung geförderten Projekt hat die Hochschule Coburg ein Screening neuer natürlicher Substanzen und Substanzmischungen auf ihre antimikrobielle Wirkung besonders gegen Schimmelpilze und Hefen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden kürzlich beim 1. Stiftungstag der Lebensmittelforschung vorgestellt, den die Adalbert-Raps-Stiftung ins Leben gerufen hatte.

Lücken in den Datensätzen

In der ersten Förderphase wurde anhand einer Literaturrecherche der aktuelle Wissensstand zusammengefasst mit dem Ergebnis, dass besonders die definierten Bestandteile ätherischer Öle noch wenig erforscht und für die Anwendung vielversprechend waren. Bisherige Untersuchungen hatten sich jedoch überwiegend auf Schimmelpilze konzentriert, Hefen waren unterrepräsentiert. Aufgrund dieser Lücke wurden elf unterschiedliche Bestandteile ätherischer Öle auf ihre Wirkung gegen zehn Hefen und drei Schimmelpilze getestet, die häufig an Verderbnisprozessen beteiligt waren.

In Vorversuchen wurde zunächst die Löslichkeit und Emulgierbarkeit der Bestandteile im Emulgator Tween 20 sowie in den Lösemitteln Ethanol und Dimethylsulfoxid (DMSO) ermittelt, bevor die Wachstumshemmung durch verschiedene Konzentrationen des Emulgators bzw. des Lösemittels bestimmt werden konnte. Zudem wurde evaluiert, wie sich verschiedene Konzentrationen des Emulgators bzw. der Lösungsmittel auf die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) auswirken. Mithilfe einer In-vitro-Testung suchten die Wissenschaftler nach dem MHK-Wert für die Schimmelpilze und Hefestämme gegenüber den Bestandteilen der ätherischen Öle. Verwendet wurden die Bestandteile Carvacrol, Citral, Citronellal, Citronellol, Dipenten, Eugenol, Geraniol, Isoeugenol, Linalool, Vanillin und Zimtaldehyd. Als Referenz wurde das Antimykotikum Amphotericin B verwendet.

Auf die Dosis kommt es an

Die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentrationen zeigte, dass für jede Testsubstanz und für jede Hefe- und Schimmelpilzart eine spezifische Wirkkonzentration ermittelt werden muss. Manche Bestandteile ätherischer Öle waren bereits in niedriger Konzentration wirksam, andere erst in deutlich höherer.

Der Bestandteil mit der geringsten antimikrobiellen Wirksamkeit war Dipenten. Eugenol und Geraniol waren im Spektrum ihrer antimykotischen Wirkung ähnlich. Im Vergleich zu Isoeugenol konnte Linalool in den eingesetzten Konzentrationen nicht alle Hefestämme in deren Wachstum beeinträchtigen. Das als Feststoff vorliegende Vanillin wies Mindestwachstumshemmwerte von 0,5 bis 4 mg/l auf.

Starke antimikrobielle Gegner

Zimtaldehyd hatte – dicht gefolgt von Citral – die geringste minimale Hemmkonzentration bei allen getesteten Mikroorganismen, sodass diese Substanz die höchste antimikrobielle Wirksamkeit besaß. Bereits 31,25 nl/ml Zimtaldehyd waren ausreichend, um das Wachstum der Hefestämme Dekkera bruxellensis, einer Hefe, die auf Obstschalen lebt, effektiv zu inhibieren – ebenso wie die Hefeart Hansenula anomala und die Spalthefe Schizosaccharomyces pombe. Stammspezifisch konnte der Schimmelpilz Penicillium funiculosum mit den geringsten Konzentrationen von allen Substanzen im Wachstum gehemmt werden. Im Gegensatz dazu hatte die etwa bei der Fermentation von Kakaobohnen eingesetzte Hefe Issatchenkia orientalis die höchste Toleranz gegenüber allen getesteten Bestandteilen der ätherischen Öle.

Weiterer Forschungsbedarf

Es fehlt bislang ein tiefergehendes Verständnis der Wirkmechanismen auf die Verderbniserreger – hier könnte beispielsweise die Ermittlung der metabolischen Aktivität ausgewählter Pilzstämme in Abhängigkeit von der Wirkstoffkonzentration weitere Erkenntnisse liefern. Mithilfe einer Kombination von Bestandteilen ätherischer Öle soll geprüft werden, ob diese synergistische, neutrale oder antagonistische antimikrobielle Wirkung entfalten können. In der Folge könnte eine geschickte Kombinatorik die Konzentration der einzelnen Bestandteile reduzieren – ohne dass die antimikrobielle Funktion verloren geht. Tolerante Hefestämme wie I. orientalis könnten so möglicherweise effizienter gehemmt werden.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: dei0818raps-stiftung


Autor: Prof. Dr. Matthias Noll

Leiter des Instituts
für Bioanalytik,

Hochschule Coburg


Autor: Florian Westhäuser

Mitarbeiter am Institut
für Bioanalytik,

Hochschule Coburg

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