Um die Bedeutung von H1-Schmierstoffen einordnen zu können, ist es zunächst wichtig, die Eigenschaften und den Aufbau von Schmierstoffen im Allgemeinen zu verstehen: Der Hauptbestandteil von Schmierstoffen besteht aus Grundölen. Letztere verfügen über unterschiedliche Sättigungsgrade, die sich auf die Anzahl der chemischen Bindungen zwischen den einzelnen Molekülen beziehen. So sind stark ungesättigte Moleküle reaktionsfreudiger und reagieren deshalb leichter mit anderen Molekülen, wie zum Beispiel Sauerstoff. Dadurch können unter anderem Säuren, Schlamm und Ablagerungen entstehen. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, präferieren Schmierstoffhersteller einen hohen Anteil gesättigter Moleküle. Zudem werden unerwünschte, ungesättigte und krebserregende Aromate wie PAH (Polycyclic Aromatic Hydrocarbons, polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) aufwendig abgeschieden und durch Aufspalten der Moleküle mit Wasserstoff verändert, um die Schmierstoffe sicher zu machen.
Manche Aromate sind jedoch auch erwünscht, um bestimmte Eigenschaften des Schmiermittels zu beeinflussen. In Schmierstoffen für Anwendungen, in denen keine Lebensmittel verarbeitet werden, ist ein Anteil von 60 bis 99 % gesättigter Kohlenwasserstoffmoleküle mit geringen Mengen nicht krebserregender Aromaten normal.
Lebensmittelschmierstoffe im Fokus
Schmierstoffe für Anwendungen, bei denen ein unbeabsichtigter Kontakt mit Lebensmitteln nicht auszuschließen ist, oft H1-Schmierstoffe genannt, müssen weitaus strengere Richtlinien als Standardschmierstoffe erfüllen, um im Kontakt mit Lebensmitteln einen sicheren Gebrauch zu gewährleisten. Weißöle und Polyalphaolefine (PAO, die gängigsten synthetischen Grundöle) sind fast zu 100 % gesättigt. Die Moleküle dieser Öle werden in mehreren Prozessen neu angeordnet, damit höchstens Spuren von Aromaten darin verbleiben und die Sättigung erhöht wird.
Außerdem muss ein H1-Schmierstoff strenge Vorschriften erfüllen, beispielsweise die Norm CFR 178.3620 der FDA, laut der ein Lebensmittelschmierstoff enge Grenzwerte einhalten, sehr rein und für den jeweiligen Gebrauch geeignet sein muss.
Darüber hinaus muss ein H1-Schmierstoff von unabhängigen Gremien, beispielsweise der NSF International oder InS Services, überprüft sowie mit einer eindeutigen Registriernummer ausgezeichnet und etikettiert werden. Zu beachten ist, dass die korrekte Nutzung eines Schmierstoffs in der Lebensmittelindustrie durch eine international anerkannte Risikoanalyse, wie dem HACCP, begleitet werden sollte, um das Kontaminationsrisiko zu minimieren.
Was steckt hinter Moh, Mosh & Co.?
Es handelt sich hierbei um eine Gruppe von Kohlenwasserstoffverbindungen mit unterschiedlichen Kettenlängen. Dabei steht Moh für Mineral Oil Hydrocarbons (Mineralölkohlenwasserstoffe), Mosh für Mineral Oil Saturated Hydrocarbons, Moah für Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons und Posh für Polyolefinic Oligomeric Saturated Hydrocarbons. Für diese Moleküle gibt es derzeit noch keine allgemeingültige Definition. Die aktuellen Analyseverfahren, die zur Identifikation von Mosh, Moah und Posh eingesetzt werden, können nicht zweifelsfrei die Herkunft der Kohlenwasserstoffmoleküle bestimmen.
Sobald in einem ansonsten gesättigten Molekül, ein aromatischer (ungesättigter) Ring enthalten ist, gehört es zu dieser Stoffgruppe. Zu den aromatischen Ringen gehören unproblematische Kohlenwasserstoffe, aber auch krebserregende, polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe. In konventionellen Mineralölen sind sowohl gesättigte Kohlenwasserstoffe als auch aromatische Ringe.
Worauf basieren die Bedenken?
In letzter Zeit gab es alarmierende Medienberichte über neue, nicht standardisierte analytische Testverfahren, die Spuren von Mosh, Moah und Posh in Lebensmitteln nachweisen. Wichtig zu wissen ist dabei: Jene Prüfmethoden zeigen nur, dass diese oder ähnliche synthetische oder natürlich vorkommende Moleküle vorhanden sind. Sie können jedoch zwischen diesen und daraus resultierenden Gefahren keinerlei aussagekräftigen Zusammenhang herstellen.
Außerdem konnten die Prüfmethoden nicht ermitteln, woher die Substanzen stammen. Mögliche Quellen sind z. B. Pestizide, Druckfarben, Recyclingpapier, Verpackungsmaterial, Wachsbeschichtungen, Heizöle, einige Nahrungsmittelzusätze, Hilfsstoffe zur Entstaubung, Dämpfe aus Erntemaschinen, Lösemittel, Reinigungsmittel oder sogar Naturprodukte wie beispielsweise Fisch und Bienenwachs.
H1-Schmierstoffe sind speziell für den sicheren Einsatz in lebensmittelverarbeitenden Anlagen konzipiert und gereinigt. Die Prüfmethoden konnten jedoch nicht zwischen Molekülen der H1-Schmierstoffe und denen nicht H1-klassifizierter Schmierstoffe unterscheiden, die im Fall eines gelegentlichen Lebensmittelkontakts nicht sicher sind. Die Prüfmethoden konnten zwar Kohlenwasserstoffe aus Mineralöl (Mosh und Moah) sowie Kunststoffe (Posh und PAO) in Verpackungsmaterial und trockenen Lebensmitteln erkennen, diese jedoch nicht unterscheiden. So können zum Beispiel auch Schmierstoffe, die nicht mineralische, synthetische PAO-Grundöle nutzen, als Mosh erkannt werden.
Erdölbasierte Stoffe sicher einsetzen
Exxonmobil bietet H1-zertifizierte Schmierstofflösungen und kümmert sich um die Bedenken in der Branche. So unterstützt das Unternehmen beispielsweise die internationale Organisation Concawe (Conservation of Clean Air and Water in Europe), die sich unter anderem dem Ziel des sicheren Einsatzes erdölbasierter Stoffe widmet. Concawe unterstützt die Europäische Kommission bei der Ausarbeitung technischer Fakten und Daten als fundierte Entscheidungsgrundlage.
Derzeit gibt es keine Gesetze oder Vorschriften zu Mosh/Moah in Lebensmitteln. Um fundierte Entscheidungen treffen zu können, hat die Europäische Kommission empfohlen, dass die Mitgliedsstaaten 2017/2018 den Moh-Gehalt in verschiedenen Lebensmittelinhaltsstoffen prüfen und überwachen sowie möglichst die Ursache ermitteln. Unabhängig davon denkt der Lebensmittelhandel über eigene Grenzwerte für Mosh/Moah nach.
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