Niedrige Temperaturen und ein saures Milieu begünstigen die Nutzung einer wirksamen Methode zur Inaktivierung von Listerien und anderen Keimen bei der Weiterverarbeitung von Molkenproteinen – ohne wertvolle Inhaltsstoffe zu zerstören: Dies hat ein Team der Universität für Bodenkultur Wien (Boku) in Zusammenarbeit mit einem internationalen Nahrungsmittelkonzern herausgefunden und jetzt publiziert. Die Inaktivierung der gesundheitsschädlichen Bakterien erfolgt dabei durch Elektroporation – ein Verfahren, das im Gegensatz zur konventionellen Haltbarmachung durch Erhitzung ohne drastische Temperaturerhöhung auskommt und somit zum verbesserten Erhalt von Nährstoffen beitragen kann. Die vom Boku-Team nun identifizierten Bedingungen ermöglichen somit die schonende Konservierung von Molkenproteinlösungen, ohne wesentlichen Verlust an Nährstoffen.
Das Problem: Methoden zur Keimbekämpfung zerstören auch die Nährstoffe
Nahrungsmittel von bakteriellen Verunreinigungen zu befreien, ist eine Herausforderung. Viele Methoden stehen zur Verfügung, doch ihre Dosierung ist ein Balanceakt. Was eine vollständige Keimfreiheit ermöglicht, macht auch wertvollen Nährstoffen den Garaus; schonendere Verfahren wiederum beseitigen die Problembakterien nicht immer zur Gänze. Eine zunehmend verwendete Methode beruht auf sogenannten gepulsten elektrischen Feldern, die Zellmembranen von Bakterien zerstören, wobei deutlich geringere Temperaturen verwendet werden können, als bei der sonst üblichen Haltbarmachung durch Erhitzung. Dieses Verfahren wird bisher vor allem für Fruchtsäfte und andere dünnflüssige Lebensmittel verwendet. Nun ist es einem Team der Universität für Bodenkultur Wien und eines weltweit tätigen Nahrungsmittelkonzerns dank modernster Geräte der Partnerorganisation EQ Boku gelungen, Bedingungen zu finden, die eine sichere Abtötung von Listerien durch gepulste elektrische Felder in dickflüssigeren Molkenproteinlösungen erlauben – bei gleichzeitiger Schonung der wertvollen Nährstoffe.
Kühl und sauer: Gute Bedingungen für Elektroporation
„Temperaturen von ca. 20 °C und ein saures Milieu mit einem pH-Wert von ca. 4 sind gute Bedingungen zur Anwendung der Elektroporation für Proteinlösungen, wie für das von uns getestete Molkenprotein“, fasst Prof. Henry Jäger, stellvertretender Leiter des Instituts für Lebensmitteltechnologie an der Boku, die Ergebnisse der jetzt im Journal of Food Engineering publizierten Studie zusammen.
„’Gut’ bedeutet, dass eine ausreichende Inaktivierung von Bakterien bei gleichzeitig bestmöglicher Erhaltung wertvoller Inhaltsstoffe gewährleistet ist.“ Möglich wurde die sehr genaue Analyse der Prozessbedingung sowie deren Umsetzung durch die umfassende Geräteausstattung der Partnerorganisation der Universität für Bodenkultur, der EQ Boku. Deren moderne Technologien, Analysegeräte und Know-how stehen sowohl Nutzern aus akademischen Einrichtungen als auch der Industrie zur Verfügung. Tatsächlich nutzte in diesem Fall ein namhafter Großkonzern, der weltweit in der Nahrungsmittelindustrie tätig ist, dieses Angebot und kooperierte mit dem Boku-Team für diese Studie.
Vergleich von zwei unterschiedlich konzentrierten Molkenproteinen
Konkret wurden in der Studie zwei verschiedene Konzentrationen von Molkenproteinen miteinander verglichen (2 % und 10 %). Diese Lösungen wurden mit einem für den Menschen ungefährlichen Listerienstamm versetzt und dessen Inaktivierung durch pulsierende elektrische Felder unterschiedlicher Intensität verglichen. Dabei wurde die Temperatur zwischen 20 und 40 °C variiert und ein pH-Wert von 4 bzw. 7 gewählt. Nach der Elektroporation wurde sowohl der verbliebene Gehalt an empfindlichen Nährstoffen, wie Vitaminen und Immunglobulinen, ermittelt als auch die noch vorhandene Listerien-Konzentration bestimmt.
Es kommt auf die richtige Balance an
„Die Temperatur ist bei diesem Vorgang ein entscheidender Faktor. Die durch die pulsierenden elektrischen Felder wirkende Energie führt nämlich rasch zu einer Erwärmung des Mediums, wodurch viele wertvolle Proteine Schaden nehmen“, erläutert Prof. Henry Jäger. „Ein Effekt, der bei zunehmender Stärke und Dauer der elektrischen Felder ansteigt, was aber wiederum eine effizientere Abtötung der Keime ermöglicht. Es kommt also auf die Balance an.“ Diese, so konnte das Team nun zeigen, liegt eben bei einer niedrigen Anfangstemperatur von ca. 20 °C bei pH4, was eine größere Intensität der elektrischen Pulse und damit eine gute Inaktivierung der Listerien ermöglicht.
Insgesamt leistet die Studie einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung effizienterer und schonenderer Verfahren zur Keimbefreiung empfindlicher Produkte und zur Erhöhung der Lebensmittelsicherheit.