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Lebensmittel aus dem 3D-Drucker

Hohe Reproduzierbarkeit, Genauigkeit und Präzision
Lebensmittel aus dem 3D-Drucker

Der industrielle 3D-Druck hat bereits in vielen Branchen Einzug gehalten. Doch in der Lebensmittelindustrie steckt er noch in der Entwicklungsphase. Dennoch bietet der Lebensmittel-3D-Druck viele Möglichkeiten. Welche das sind und was notwendig ist, diese zu nutzen, das lesen Sie hier.

Additive Fertigungsmethoden wie der 3D-Druck ermöglichen eine schnelle Prototypenherstellung und Generierung dreidimensionaler Strukturen in einem schichtbasierten Ansatz unter Einbezug digitaler CAD-Modelle. Hierfür wird das Model in eine endliche Anzahl von Schichten aufgeteilt und sukzessive zu einem Lebensmittel rekonstruiert. Im Vergleich zu klassischen Fertigungstechnologien gewährleistet der 3D-Druckprozess somit eine hohe Reproduzierbarkeit, Genauigkeit und Präzision. Darüber hinaus ermöglicht dieser die Erstellung geometrisch komplexer Designs und Strukturen, welche durch herkömmliche Herstellungsmethoden nicht oder nur bedingt produziert werden können. In letzter Zeit etablierte sich der 3D-Druck vor allem im wissenschaftlichen Bereich der Lebensmitteltechnologie. Aktuelle Forschungsgebiete umfassen die personalisierte Ernährung, Reduktion von Lebensmittelverschwendung durch Nebenstromfunktionalisierung, Design personalisierbarer Strukturen und Entwicklung neuer Druckmaterialien aus alternativen Nahrungsquellen.

Intensive Entwicklungsphase

Seit der Verwendung der extrusionsbasierten 3D-Drucktechnologie (FDM) im Lebensmittelbereich finden zudem pulverbasierte Technologien wie selektives Lasersintern (SLS) und Binder Jetting (BJ), sowie koaxiale Extrusion Anwendung. Obwohl die Anzahl an verfügbaren 3D-Druckern und Firmen stets zunimmt, befindet sich der Lebensmittel-3D-Druck jedoch noch in einer intensiven Entwicklungsphase [1]. Aspekte wie niedrige Druckgeschwindigkeiten und instabile Materialextrusionen gehen mit hohen Kosten und niedrigen Umsätzen einher und müssen somit optimiert werden. Nichtsdestotrotz birgt der Lebensmittel-3D-Druck ein großes Potenzial in den verschiedensten Bereichen der Ernährungsversorgung. Die Möglichkeit, Material-Prozessinteraktionen von Lebensmittelmaterialien mithilfe des 3D-Drucks aufzuklären, erlaubt es, nicht nur den 3D-Druckprozesses zukünftig effizienter und materialgetriebener zu gestalten, sondern das generierte Wissen auch auf traditionelle Produktionsprozesse zu transferieren.

Im Hinblick auf den technologischen Stand von FDM-Lebensmittel-Druckern konzentriert sich deren Entwicklung primär auf vier grundlegende Bereiche: Optimierung von Firmware-Software-Routinen, Extrusionsmethoden, inline-thermische Behandlung sowie die Etablierung adaptiver Prozesskontrolltechnologien. Maßgeblich für Letzteres ist die Entwicklung von Inline-Überwachungsmethoden, die derzeit mittels optischer Methoden, kombiniert mit autonomer, geometrischer Bewertung und Erkennung von Defekten, realisiert werden. Im Bereich der Materialextrusion entwickelt sich der 3D-Druck unter Verwendung multipler Extrusionssysteme sowie koaxialer Düsen weiter. Thermische Inline-Behandlungsmethoden ermöglichen es, Nachbehandlungsprozesse zu ersetzen und die Strukturen nach der Materialextrusion zu festigen, um geometrische Defekte zu minimieren. Hierfür finden Heiz- und Kühlansätze entweder an der Materialkartusche oder Extrusionsdüse, aber auch Inline-Nah-Infrarot-Laser erfolgreich Anwendung. Die kontinuierliche Entwicklung von 3D-Druckern und Strukturdesignmethoden sind die treibende Kraft im Bereich der ganzheitlichen Digitalisierung von Lebensmittelherstellungsansätzen. Basierend auf diesen Lebensmittel-3D-Druckkonzepten für den privaten Hausgebrauch lassen sich zukünftige Ernährungsstrategien und die Art, wie Lebensmittel on demand produziert werden können, ableiten.

Präzise 3D-Drucksysteme für die Forschung

Für wissenschaftliche Untersuchungen sind diese 3D-Drucker aufgrund der limitierten Präzision, Beschränkungen bei den verwendbaren Materialien und der stark eingeschränkten Soft- und Hardwaremodulierbarkeit nicht geeignet. Für diesen Bereich sind Systeme mit hoher Flexibilität, Präzision, kontrollierbarer Umgebungen und Modulierbarkeit notwendig, die speziell auf die Forschungsschwerpunkte abgestimmt sind. Eigens konstruierte 3D-Drucksysteme entsprechen den erwähnten Anforderungen und stellen fundierte Systeme dar, die im wissenschaftlichen Bereich Einsatz finden.

3D-Drucker für die Produktion gewinnen an Bedeutung

Mit der Integration von 3D-Drucktechnologien im Bereich der Lebensmittelwissenschaften lag der Fokus zunächst auf der Entwicklung einer bedarfsgesteuerten Produktion und Personalisierung von Lebensmitteln. Dieser lenkte die technologische Entwicklung in Richtung Kleinformatdrucker und batchweiser Produktion.

Seit Kurzem gewinnen jedoch Entwicklungen für die Großproduktion aus industrieller Sicht zunehmend an Bedeutung. Der Wandel von einer bedarfsgesteuerten Produktion hin zu einer kontinuierlichen wird primär durch zwei Hauptansätze getrieben: Druckerfarmen und kontinuierlicher Multidüsendruck.

Druckerfarmen in Produktionslinien

Bei Druckerfarmen werden durch Kombination mehrerer 3D-Drucker in Produktionslinien Lebensmittelstrukturen direkt auf Verpackungsplatten gedruckt und anschließend auf Förderbänder überführt.

Im Hinblick auf den kontinuierlichen Multidüsendruck werden Methoden entwickelt, Lebensmittelstrukturen mithilfe eines einzigen, großen Drucksystems zu erstellen. Zukünftige Herausforderungen umfassen zudem die adaptive Kontrolle der Produktion, da derzeit die Prozessoptimierung lediglich auf Basis des Materials erfolgt, wodurch der Erhalt einer hohen Genauigkeit, Reproduzierbarkeit und Qualität limitiert ist. Anschließend werden hygienische Maschinendesigns und CIP-Systeme erforderlich sein, um ein weites Implementierungsspektrum in der Lebensmittelindustrie zu ermöglichen.

Bedarfsgesteuerte Produktion und Personalisierung

Innovative Technologien wie der Lebensmittel-3D-Druck verzeichnen beträchtliche Fortschritte in der Lebensmittelwissenschaft und bergen ein großes Potenzial im Bereich der personalisierten Ernährung, Reduzierung von Lebensmittelverschwendung und Funktionalisierung neuer Druckmaterialien. Des Weiteren ermöglicht die Integration der 3D-Drucktechnologie in die Lebensmittelverarbeitung eine bedarfsgesteuerte Produktion und Personalisierung von Lebensmitteln, v. a. im Bereich Targeted Nutrition, also der Entwicklung von speziellen Ernährungskonzepten für bestimmte Verbrauchergruppen. Insgesamt hat der Lebensmittel-3D-Druck das Potenzial, die Lebensmittelherstellung grundlegend zu revolutionieren und innovative Ansätze zu ermöglichen. Fortlaufende Forschung und Entwicklung sind entscheidend, um technische und wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen und die Leistungsfähigkeit und Anwendungsbreite stetig zu optimieren.

Referenzen

[1] A. O. Agunbiade et al., “Potentials of 3D extrusion-based printing in resolving food processing challenges: A perspective review,” Journal of Food Process Engineering, vol. 45, no. 4. John Wiley and Sons Inc, Apr. 01, 2022. doi: 10.1111/jfpe.13996.

Fachgebiet Pflanzliche Lebensmittel, Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie,

Universität Hohenheim, Stuttgart


Autoren:

Dr.-Ing. Ahmed R. Fahmy

Postdoc am Fachgebiet Pflanzliche Lebensmittel, Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie,

Universität Hohenheim

Robert Fribus

Doktorand am Fachgebiet Pflanzliche Lebensmittel, Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie,

Universität Hohenheim

Prof. Dr. Mario Jekle

Leiter des Fachgebiets Pflanzliche Lebensmittel und stellvertretender Geschäftsführer des Instituts für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie,

Universität Hohenheim


Uni Hohenheim:    Lebensmittel-3D-Druck

Das Fachgebiet Pflanzliche Lebensmittel am Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie an der Universität Hohenheim fokussiert seine multidisziplinären, wissenschaftlichen Fähigkeiten auf die Extraktion und Funktionalisierung pflanzlicher Biopolymere für den nachhaltigen Einsatz in der Lebensmittelproduktion. Durch den Einsatz von sicheren und schonenden Methoden zur Gewinnung funktionaler Fraktionen aus Pflanzenmaterialien entstehen fortschrittliche und innovative Technologien, um Lebensmittel funktional zu gestalten und ihre Struktur zu verbessern. Ziel des Fachgebietes ist es, eine umfassende Wissensbasis für das Design von hochqualitativen und sicheren Clean-Label-Lebensmitteln zu schaffen.

Die Prozessierung funktioneller pflanzlicher Lebensmittel mittels 3D-Druck ist einer der Forschungsschwerpunkte des Fachgebietes. Letzteres konzentriert sich auf die Kontrolle sensorischer Eigenschaften von Lebensmitteln durch Modulierung der Textur und des Aromas, die Modifikation von Protein-Ballaststoffsystemen für eine verbesserte Lebensmittelfunktionalität, auf 4D-Druck und Proteinstrukturierung sowie auf die Entwicklung neuer additiver Strukturierungsverfahren und Inline-Überwachungssysteme.

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