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Fraunhofer Umsicht entwickelt Hochtemperatur-Wärmespeicher

Demonstrationsanlage am Hauptsitz der Bitburger Braugruppe
Fraunhofer Umsicht entwickelt Hochtemperatur-Wärmespeicher

Fraunhofer Umsicht entwickelt Hochtemperatur-Wärmespeicher
Versuchsanlage eines Latentwärmespeichers mit Phasenwechselmaterialien im Centrum für Energiespeicherung von Fraunhofer Umsicht in Sulzbach-Rosenberg. Bild: Fraunhofer Umsicht

Im Projekt ISSDEMO entwickelt das Intitut Fraunhofer Umsicht mit Projektpartnern einen ultra-dynamischer Hochtemperatur-Wärmespeicher auf Basis einer besonderen Metalllegierung. Er soll flexibel Prozessdampf aus erneuerbaren Energien bereitstellen. Eine Demonstrationsanlage des Speichers wird bei der Bitburger Braugruppe aufgebaut und getestet. Das Projekt wird im Rahmen des Clean Energy Transition Partnership Joint Call 2022 gefördert und von der EU kofinanziert.

ISSDEMO steht für “Industrial process Steam Supply – DEMOnstration of an ultradynamic thermal energy storage“ und verfolgt das Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien in der industriellen Prozesswärmeerzeugung zu erhöhen. Der Fokus liegt dabei auf Wärmespeicherung zur Erzeugung von Prozessdampf, einem wesentlichen Bestandteil vieler industrieller Prozesse.

Hierfür wird ein Hochtemperatur-Latentwärmespeicher bis zur Anwendungsreife entwickelt, der auf einem so genannten Phasenwechselmaterial (PCM = Phase Changing Material) basiert, in diesem Fall einer speziellen Metalllegierung, die ihren Aggregatszustand von fest nach flüssig und umgekehrt wandelt. Er kann Wärme mit einem Temperaturniveau zwischen 250 und 500 °C bereitstellen und daraus Dampf erzeugen.

Speicher bietet hohe Flexibilität

Der Speicher soll eine hohe Flexibilität und Dynamik bieten, was ihn ideal für die schnelle, bedarfsgerechte Erzeugung von Prozessdampf macht. Er soll im Projekt auf eine Kapazität von 1 MWh skaliert werden. Die Demonstrationsanlage wird am Hauptsitz der Bitburger Braugruppe in Bitburg errichtet und in das dortige Prozesswärmenetz eingebunden.

„Das Thema Energiespeicherung ist bei uns in der Bitburger Brauerei nicht neu. Seit vielen Jahren betreiben wir erfolgreich Dampf- und Warmwasserspeicher. Ebenso nehmen wir am Regelenergiemarkt teil, was wir weiter intensivieren wollen. Dafür soll der phasenweise zu erwartende Überschussstrom aus den eigenen regenerativen Energien oder dem Netz im geplanten Latent-Wärmespeicher gepuffert und bei Bedarf als Prozessdampf abgegeben werden. Die Batch-Fahrweise im Braubetrieb führt zu teilweisen Spitzen im Dampfverbrauch, die durch einen schnell reagierenden Latent-Wärmespeicher neben dem vorhandenen Dampfspeicher geglättet werden können. Damit entlasten wir vor allem unser Kesselhaus. Für uns ist der Hochtemperatur-Wärmespeicher daher ein weiterer innovativer Ansatz zur Dekarbonisierung der Brauerei“, erklärt Christian Prechtl, leitender Projektingenieur Anlagenplanung bei der Bitburger Braugruppe.

Im Projektbetrieb sollen zunächst 300 Lade- und Entladezyklen und 1000 Betriebsstunden absolviert werden. Felix Kugler, Gruppenleiter Thermische Speicher und Prozesswärme bei Fraunhofer UMSICHT beabsichtiget, den Speicher gemeinsam mit einem Anlagenhersteller zur Marktreife zu bringen. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass sich in einer industrialisierten Version nahezu unbegrenzte Lade- und Entladezyklen und damit sehr lange Betriebszeiten realisieren lassen.

Prinzip der Phasenumwandlung

Die Forschenden von Fraunhofer machen sich bei der Entwicklung des Latent-Wärmespeichers das Prinzip der Phasenumwandlung zu Nutze. Wenn Materialien eine Änderung ihres Aggregatszustands durchlaufen, zum Beispiel von fest zu flüssig, können sie in ihrem Phasenwechsel sehr große Energiemengen in Form von Wärme speichern. Solange die Phasenumwandlung nicht vollständig abgeschlossen ist, steigt die Temperatur des Materials trotz Wärmezufuhr nicht weiter an, die zugeführte Wärme bliebt verborgen (lateinisch: latere). Dies ermöglicht eine höhere Energiedichte im Vergleich zu sensiblen Hochtemperatur-Wärmespeichern, die als Speichermaterialien Feststoffe wie Beton oder Schotter nutzen, ihre Temperatur aber ändern müssen, um Wärme zu speichern.

Für Latentwärmespeicher ist die Entwicklung geeigneter Phasenwechselmaterialien, zum Beispiel Metalllegierungen und deren Verkapselung entscheidend. In Vorprojekten bei Fraunhofer Umsicht wurden entsprechende Werkstoffe identifiziert, getestet und patentiert, die nun für die industrielle Anwendung genutzt werden.

Vorteile für die Industrie

Hochtemperatur-Wärmespeicher bieten für die industrielle Anwendung mehrere Vorteile. Durch die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen zur Erzeugung von Prozessdampf können fossile Brennstoffe ersetzt und CO2-Emissionen signifikant reduziert werden. Der Speicher kann schnell auf wechselnde Anforderungen reagieren und bietet somit eine stabile Prozessdampfversorgung. Die bestehende Prozessdampfinfrastruktur kann weiter genutzt werden, was eine kosteneffiziente und schnelle Implementierung ermöglicht und der Speicher kann netzdienlich geladen werden und somit zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen.

Zukunftsaussichten und Markteinführung

Nach der Demonstration in der Getränkeindustrie soll die Technologie skaliert und auf weitere Industriesektoren wie Chemie, Zellstoff & Papier oder Lebensmittel übertragen werden. Anwendungsszenarien in den entsprechenden Unternehmen werden bereits im Projekt entwickelt. Durch Lizenzierungspartner soll schließlich der europaweite Roll-Out erfolgen.

Die Projektpartner

Das Projekt wird in einem Konsortium mit insgesamt fünf beteiligten Partnern durchgeführt. Die Gesamtkoordination liegt beim Fraunhofer Institut Umsicht, weitere Partner sind die Silesian University of Technology, verantwortlich für CFD-Simulationen und techno-ökonomische Analysen, die Universidad de Lleida, für die Durchführung von Materialanalysen und einer umfassenden ökologischen Bewertung, die Unternehmen Build to Zero (B2Z) und Proen Gliwice unterstützen bei der Fertigung und Integration des Speichersystems sowie bei der Durchführung von Hazop-Analysen.

Als selbstfinanzierte Industriepartner nehmen die Bitburger Braugruppe, Freudenberg Services GmbH und der Wirtschaftsverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie e.V. aus Deutschland sowie die Sanok Rubber Company SA aus Polen am Projekt teil.

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