Firmen im Artikel
In der Süßwarenbranche zu bestehen, ist wahrlich kein Zuckerschlecken. Steigende Rohstoff- und Energiepreise setzen den Herstellern zu. Dazu kommen die hohen Qualitäts- und Hygieneanforderungen. Wie sich mit dem Einsatz intelligenter, speziell auf die Bedürfnisse zugeschnittener Maschinenlösungen Wirtschaftlichkeit und Kapazität der Produktion steigern lässt, zeigt ein Anwendungsbeispiel aus der Siebtechnik.
Bei der Herstellung von Schokolade, Pralinen und anderen, saisonal wechselnden Produkten verarbeitet ein führender Süßwarenhersteller Zutaten wie gehackte Haselnüsse und Mandeln. Nach der Zerkleinerung der Nüsse werden die Nussfragmente gesiebt, um sie nach der Größe zu trennen und danach als Zutat für verschiedene Pralinen bzw. Schokoladentafeln weiterzuverarbeiten. Dazu setzte der Hersteller eine Vibrationssiebmaschine ein. Sie verursachte jedoch immer wieder Probleme. So setzte sich das Siebgewebe durch die fetthaltigen, zur elektrostatischen Aufladung neigenden Produkte innerhalb kürzester Zeit mit kleinen Nussstückchen zu. Um das Sieb durchlässig zu halten, musste das Bedienpersonal das Gewebe fortwährend mit einem Besen abkehren. Ein weiteres Problem ergab sich dadurch, dass aufgrund der Vibration der Maschine Produkt herausgeschleudert wurde und das Umfeld verunreinigte. Der Reinigungsaufwand und hohe Stillstandszeiten führten dazu, dass man sich für eine Ersatzinvestition entschied, um die genannten Probleme zu lösen.
Das Anforderungsprofil für die neue Maschine war vielfältig: Dazu gehörten eine höhere Durchsatzleistung, ein besserer Aussiebegrad, die Erfüllung sämtlicher Hygieneanforderungen, die Eignung für die unterschiedlichen Nussprodukte sowie leichte Bedien- und Reinigbarkeit.
Im Technikum erprobt
Bei der Internetrecherche möglicher Lieferanten stieß man u. a. auf den Siebtechnik-Spezialisten J. Engelsmann, der schon Erfahrungen im Sieben von fetthaltigen Süßwaren, insbesondere Nüssen vorweisen konnte. Nach einem ersten Kontakt mit Feststellung der Aufgabenstellung und des genauen Bedarfs vereinbarte man im nächsten Schritt ausgiebige Tests mit mehrtägigen Versuchsreihen im Technikum. Dank der Umsetzung zahlreicher Siebtechnik-Lösungen für die Süßwarenbranche wussten die Engelsmann-Ingenieure um die Problematik beim Sieben fetthaltiger Produkte. Als Maschinenlösung setzten sie aufgrund der hohen Durchsatzleistung und des besonders präzisen und schonenden Siebvorgangs auf den Einsatz eines Langhubsiebs des Typs JEL Freischwinger. Ein Leistungstest unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen im firmeneigenen Technikum brachte schnell die Erkenntnis: Eine speziell auf die Anforderungen zugeschnittene Anschlagsiebmaschine kann die vorhandenen Defizite lösen. Die Freischwinger-Siebmaschine mit Anschlag wird überall dort eingesetzt, wo ein Kugelabreinigungssystem beim Säubern des Siebgewebes an seine Grenzen stößt bzw. eine Beeinträchtigung des Siebguts durch den Abrieb der Kugeln verhindert werden soll.
Aufgrund ihrer Referenzen und der überzeugenden Versuchsergebnisse bekamen die Ludwigshafener Maschinenbauer den Zuschlag. Nach Erteilung des Auftrags erfolgte eine Begehung vor Ort, um die räumlichen Verhältnisse zu prüfen. Hierbei wurde schnell klar, dass in der Bauweise der neuen Siebmaschine eine weitere Herausforderung bestand. Der Aufstellort befand sich im dritten Obergeschoss der Produktionshalle und war nur über einen Fahrstuhl und einen Flur zu erreichen. Am Standort der Maschine musste diese zudem ohne aufwendige Umbauarbeiten an einen vorgeschalteten Zerhacker anschließbar sein.
Die Auslegung im Detail
Um die Kundenanforderungen realisieren und die einfache Wartung und Reinigung zu ermöglichen, wurde die JEL Freischwinger mit geschraubtem Untergestell in offener Bauweise mit direktem Zugang zum Siebdeck konstruiert. Drei hintereinander angeordnete Siebeinleger mit Maschenweiten von 1,5 (1. Einleger) und 2,5 mm (2. und 3. Einleger) sorgen für das Absieben von Unterkorn, Gutkorn und Überkorn bei einem Aussiebegrad von 99 % und einer Durchsatzleistung von 300 kg/h. Zudem wurden acht weitere Siebeinleger mit Maschenweiten von 1,5 bis 10 mm geliefert, um verschiedene Körnungen auszusieben.
Die Neigung der Siebebene bestimmt die Verweilzeit und die Schichthöhe des Siebgutes. Sie kann über eine Vorrichtung mit stirnseitig angeordneter Gewindespindel und Mutter verstellt und dem Produkt angepasst werden. Des Weiteren kann der Antrieb per Hubverstellung flexibel je nach Eigenschaften des zu siebenden Nussprodukts auf 15, 30 oder 50 mm eingestellt werden. Um die höhere Durchsatzleistung zu erzielen, muss die wegen einer möglichen elektrostatischen Aufladung des Produkts geerdete Maschine eine maximale Laufzeit erreichen und so wenig und so kurz wie möglich zu Reinigungszwecken stillstehen. Hierfür muss das Siebgewebe trotz des fetthaltigen, schmierenden Nussprodukts so lange wie möglich durchlässig bleiben. Das für diese Aufgabe entwickelte Anschlagssystem funktioniert aus einem Zusammenspiel von Maschinenantrieb und Siebtrog. Dabei versetzt das Antriebssystem den Rahmen gemeinsam mit dem Siebtrog in eine horizontale Schwingung. Durch die Erschütterung beim Anschlag wird in den Siebmaschen festsitzendes Produkt freigesetzt und das Siebgewebe rückstandsfrei gereinigt, ohne dass es wie bisher manuell von Hand frei gehalten werden muss. Die Intensität der Abreinigung ist ohne Einsatz von Werkzeugen individuell einstellbar. Der Siebtrog selbst kann ebenfalls mit geringem Aufwand gesäubert werden, indem die durch Pressleisten arretierten Siebeinleger mithilfe der angebrachten Schnellspanner demontiert werden.
Sämtliche Dichtungen sind FDA-konform, alle produktberührenden Teile aus hochwertigem Edelstahl ausgeführt und nass reinigbar. Somit werden die Reinigungsintervalle vergrößert und erheblich kürzere Stillstandszeiten erreicht, da die Anschlagsiebmaschine nur einmal pro Stunde gereinigt werden muss.
Energieeffizienz inklusive
Für einen ressourcenschonenden Maschineneinsatz ist die Anschlagsiebmaschine mit einem speziell entwickelten Schwungantrieb ausgestattet, der in einer Schutzverkleidung untergebracht ist. Angetrieben über einen Elektromotor, der seine Kraft mittels eines Keilriemens auf eine mit elastisch gelagerten Schubstangen versehene Schwungmasse überträgt, ist diese exakt auf die Masse des Siebtrogs abgestimmt. Dabei wiegt der Antriebsstrang (Welle und Schwungscheibe) in etwa so viel wie der Trog inklusive Produkt. Der Motor treibt die Masse etwa 15 s mit vollem Nennstrom an und hält sie dann mit lediglich 10 bis 20 % des Nennstroms in Schwung. Dabei wird die elektrische Energie in Rotationsenergie umgewandelt, in den Schwungscheiben gespeichert und nach und nach abgegeben. Dieser auf dem Massenausgleich basierende Antrieb verbraucht nicht nur weniger Energie, sondern damit werden auch von der Maschine ausgehende Schwingungen weitestgehend vermieden. Im Gegensatz zum Einsatz eines Motorgetriebes unterliegt der Schwungantrieb nur geringem Verschleiß, was wiederum den Wartungsaufwand verringert.
Um den räumlichen Gegebenheiten gerecht zu werden, musste die Standardbauweise der JEL Freischwinger entsprechend verändert werden. Der Antrieb wurde beispielsweise gegenüber der Einlaufseite verbaut, um die Anschlagsiebmaschine an den vorgeschalteten Zerhacker, wo die Nüsse zerkleinert und direkt auf die Siebmaschine gefördert werden, anzupassen. Dabei durfte die Maschine eine bestimmte Höhe nicht überschreiten, um unter den Auslauf des Zerhackers zu passen. Zudem mussten die drei Ausläufe der Maschine auf die vom Auftraggeber eingesetzten Gebindegrößen zur Abfüllung der gesiebten Nusskörnchen abgestimmt werden. Durch die beengten Platzverhältnisse im Fahrstuhl und Flur wurde die Langhubsiebmaschine in Baugruppen zerlegt, die speziell auf die räumlichen Maße angepasst wurden.
Da das Gestell dennoch zu groß war, musste es geschraubt anstatt wie sonst üblich geschweißt werden. Vor der Anlieferung wurde die Anschlagsiebmaschine in die einzelnen Baugruppen zerlegt und am Aufstellort beim Auftraggeber montiert, in Betrieb genommen und das Bedienpersonal eingewiesen.
Mit dieser Anschlagsiebmaschine konnte der Süßwarenhersteller die Produktionszeit verlängern und die Durchsatzleistung von 90 auf 300 kg/h um über 230 % erhöhen. Das Siebabreinigungssystem arbeitet so effektiv, dass man einen Mitarbeiter weniger zur Bedienung benötigt.
www.prozesstechnik-online.deSuchwort: dei0616engelsmann
Michael Blanz
Kundenberater,J. Engelsmann
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Neuen, klimafreundliche Wasserstoffwirtschaft
Firmen im Artikel
Teilen: