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„Nachhaltigkeit bedeutet für uns, für optimalen Produktschutz zu sorgen“

Folienhersteller setzt auf Mono-Materialien und wiederverschließbare Verpackungen
„Nachhaltigkeit bedeutet für uns, für optimalen Produktschutz zu sorgen“

Die Wentus GmbH entwickelt flexible Verpackungslösungen für die Lebensmittel- und Konsumgüterindustrie. Geschäftsführer Christof Renz und Market Development Managerin Melanie Zurmöhle erklären im Interview, wie das Unternehmen aus Höxter auf den Trend zu Nachhaltigkeit reagiert, wie seine Forschungs- und Entwicklungsabteilung aufgestellt ist und welche Rolle es bei der Kooperation mit dem Recycling-Start-up Saperatec spielt.

Frau Zurmöhle, Herr Renz, können Sie uns zu Beginn bitte einen kleinen Überblick über das Sortiment von Wentus geben?

Christof Renz: Als Anbieter flexibler Verpackungslösungen spielt Wentus eine zentrale Rolle bei der Belieferung der internationalen Lebensmittelindustrie: Im Bereich der Skinfolien bieten wir Produkte an, die auf sämtliche Maschinentypen abgestimmt sind. Unser Portfolio umfasst die gesamte Range an Fresh-Food-Folien: Für Frischfleisch, Frischfisch, Käse und mehr produzieren wir außer Skinfolien auch Deckelfolien und Unterbahnen. Unsere siegelfähigen Beutel werden zur Verpackung von Cerealien, Müsli, Aromen und Gewürzen eingesetzt. Darüber hinaus fertigen wir Zulauffolien für Kaffeeverpackungen. Im Pet-Food-Segment liefern wir Laminate für Pouches, die für Nassfutter geeignet sind. Eine weitere Kompetenz von Wentus ist das Inline-Lasern: Wir können damit bei verschiedenen Verpackungen definierte Öffnungswege durch Laserperforation vorgeben, ohne die Barriere der Folie zu beschädigen. Diese Kompetenz schätzen nicht nur unsere Kunden aus dem Lebensmittelsegment, sondern auch aus dem Hygiene-Bereich. Sie setzen unsere Produkte z. B. zur Verpackung von Feuchttüchern ein. Diese Produktvielfalt erreichen wir, weil wir sowohl über eine Flachfolienextrusion für Polypropylen als auch über eine Blasfolienextrusion für Polyethylen verfügen.

Umweltgerechtes Verpacken ist weiterhin das zentrale Thema der Branche. Wie hat sich Wentus darauf vorbereitet?

Christof Renz: Wir haben in den vergangenen Jahren einen Großteil unserer Ressourcen in die Erarbeitung nachhaltiger Produkte gesteckt. Bei flexiblen Verpackungen für empfindliche Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Käse und mehr geht es darum, einen maximalen Produktschutz mit der Recyclingfähigkeit der Verpackungslösung zu vereinen. Um ein gutes Recycling zu gewährleisten, geht die Marktentwicklung ganz klar in Richtung Mono-Materialien. Das bedeutet, der sogenannte Fremdkörperanteil einer Verpackung, der beispielsweise die Barriere ausmacht, muss unter 5 % liegen. Das ist uns im vergangenen Jahr mit unserem Skin-Portfolio bei nahezu allen Rezepturen gelungen – und das unter Beibehaltung oder sogar Verbesserung der Barriereeigenschaften. Mit der neuen Pure-Folienfamilie hat Wentus eine Produktrange entwickelt, die diesen Zeitgeist trifft und dabei vollumfänglich alle hohen Anforderungen an den Produktschutz erfüllt. Die Pure-Range beinhaltet verschiedene Einstofflösungen, die das Recycling vereinfachen und dabei unterstützen, Kreisläufe zu schließen.

Welches sind die Highlights in diesem Programm?

Melanie Zurmöhle: Dazu zählen unsere Produkte Wentoplex Pure PE und PP. Das sind Folien mit einer hohen Sauerstoffbarriere, die sich durch hervorragende Optik auszeichnen, gut zu verarbeiten sind und sich sehr gut für Deckellösungen oder Flowpack-Verpackungen einsetzen lassen. Passend dazu gibt es verformbare Pure-Unterbahnen, also ebenfalls aus Mono-Materialien. Damit bieten wir unseren Kunden komplette Verpackungslösungen aus einer Hand, die vollständig recyclingfähig sind. Diese haben unsere umfangreichen Tests erfolgreich durchlaufen, sind hervorragend maschinengängig und lassen sich hochwertig bedrucken. Das Komplettsystem ist bei verschiedenen Kunden erfolgreich im Einsatz, z. B. als Tiefziehverpackung mit Deckelfolie für Wraps oder als Flowpack für Partybrötchen. Mit Pure-Folien lassen sich u. a. auch Klappacklösungen herstellen, also spezielle Umschlagverpackungen für den weiter wachsenden Markt für geschnittene Ware wie Käse oder Wurst. Damit verpacken unsere Kunden ihre geslicten Produkte nicht nur besonders aufmerksamkeitsstark, sondern sparen im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen aus Tray und Oberfolie um bis zu 60 % Material ein. In der Variante Wentoplex Light & Safe gibt es diese Verpackungen mit Wiederverschluss zum Erhalt von Frische und Qualität. Dafür wird ein spezieller Kleber verwendet, damit die Verpackung kein Extraetikett für den Verschluss benötigt.

Welche Weiterentwicklungen hat es im Skinfolien-Segment bei Wentus gegeben?

Christof Renz: Aktuell sorgen wir im Fischsegment mit unserer UHT- bzw. UHT-M-Skinfolien-Range für große Aufmerksamkeit. Diese Folien erfüllen die strengen US-amerikanischen FDA-Vorgaben zur Verpackung von frischem Fisch und sind optimal auf die innerhalb der Verpackung ablaufenden mikrobiologischen Prozesse abgestimmt. Sie verfügen über eine perfekte Sauerstoffpermeabilität, die nicht nur die Haltbarkeit, sondern auch Geschmack, Farbhaltung und Geruch des Packgutes verbessert, wie uns Kunden immer wieder bestätigen. Die Folien sind hauchdünn und umschließen das Produkt enganliegend wie eine zweite Haut, sodass der Fisch fühlbar wird. Optisch fallen sie durch einen herausragenden Glanz auf. Die Folien werden vornehmlich für Lachs genutzt und von großen Anbietern eingesetzt, die mit ihren Produkten auf dem US-Markt vertreten sind. Mit der UHT-M-Variante, die hervorragend gegen Mono-Materialien siegelt, unterstützen wir Hersteller zudem dabei, zu besser recycelbaren Verpackungslösungen zu gelangen.

Pandemie und Kriegsgeschehen haben quer durch alle Branchen zu einem angespannten Rohstoffmarkt, gestörten Lieferketten und steigenden Preisen geführt. Wie ist Wentus durch die anspruchsvollen letzten drei Jahre gekommen?

Melanie Zurmöhle: Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Skinfolien ist weiterhin ungebrochen. Doch wie alle anderen Folienanbieter waren auch wir im vergangenen Jahr stark von der EVOH-Krise betroffen: Die Verfügbarkeit von EVOH, das für die Barriereschichten unserer Folien benötigt wird, war auf dem Weltmarkt äußerst knapp, sodass es überall zu Versorgungsengpässen kam. Dank unserer gut aufgestellten R&D-Abteilung konnten wir unsere Rezepturen jedoch in der Weise verändern, dass wir unsere Folien nun mit verschiedenen Sorten EVOH und von allen Herstellern fertigen können. Außerdem haben wir den Anteil – und damit unseren Bedarf an dem raren EVOH – gesenkt, ohne die Schutzwirkung unserer Folien zu beeinträchtigen. Das hat gleichzeitig positive Auswirkungen auf die Recyclingfähigkeit unserer Produkte, deren Fremdkörperanteil jetzt in den meisten Fällen unter 5 % liegt.

Wentus entwickelt regelmäßig neue Verpackungslösungen. Was zeichnet Ihre R&D-Abteilung aus?

Christof Renz: Sie ist mit Highend-Technik ausgestattet und verfügt über erfahrene Mitarbeiter. Die gute Ausstattung des eigenen Labores erlaubt es z. B., Permeabilitäten und Dicken von Barriereschichten direkt während der Produktion zu messen und Gaschromatographien durchzuführen. Einer der Erfolgsfaktoren von Wentus ist sicherlich, dass neben unseren Anwendungstechnikern auch unsere Entwickler selbst sehr häufig bei unseren Kunden vor Ort sind, z. B. für Testläufe. Sie stecken dadurch tief in der Praxis, wissen über die sich verändernden Anforderungen unmittelbar Bescheid und sind dadurch noch besser in der Lage, auf individuelle Anforderungen einzugehen. Außerdem stehen sie mit in der Verantwortung für reibungslose Abläufe bei unseren Kunden. Gibt es Probleme, so steigen sie direkt wieder in die Entwicklung ein, um Produkte so zu verändern, dass sie spezielle Kundenwünsche erfüllen. Unsere flachen Hierarchen und kurzen Wege bei internen Abläufen, die auch einen kurzfristigen Austausch möglich machen, befähigen uns, sehr schnell zu reagieren.

Melanie Zurmöhle: Wir sind mit unserer R&D immer dort, wo die Themen der Zukunft aufgegriffen werden. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise unsere Partnerschaft mit Saperatec aus Dessau-Roßlau entstanden. Das Unternehmen hat eine vollkommen neue Möglichkeit entwickelt, um die verklebten und beschichteten Strukturen von Verbundmaterialverpackungen wieder aufzutrennen und damit saubere und wertvolle Sekundärrohstoffe wiederzugewinnen. Konkret werden dabei Getränkekartons in ihre Einzelbestandteile Aluminium, Kunststoff und Papier zerlegt. Saperatec ist derzeit in der Engineering-Phase für den Bau und Betrieb der ersten kommerziellen Großanlage für Recycling. Das Besondere: Mit diesem Verfahren gelangt man zu sortenreinem Post-Consumer-PE, das frei von Anhaftungen ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich damit die Quelle des gewonnenen Rezyklats klar benennen lässt.

Welche Rolle spielt Wentus dabei?

Christof Renz: Wir unterstützen die Entwicklungsphase, indem wir den auf diese Weise gewonnenen Kunststoff bei Wentus wieder extrudieren. Damit verarbeiten wir dieses Post-Consumer-Rezyklat industriell. Das Material kann hervorragend für Non-Food-Verpackungen, z. B. für Waschmittel, eingesetzt werden und lässt sich gut bedrucken. Wir halten das für eine spannende Anwendung, die das Potenzial dazu hat, schon bald in großem Stil umgesetzt zu werden.

Das Thema Nachhaltigkeit nimmt demnach viel Raum bei Wentus ein …

Christof Renz: Das ist richtig. Wir verstehen Nachhaltigkeit als ganzheitlichen Wert in allen Prozessen und Entscheidungen. Daran arbeiten wir interdisziplinär mit unserem Sustainability-Team und haben uns dem United Nations-Programm „Global Compact“ angeschlossen. Es spiegelt unsere bereits bestehenden vielfältigen Aktivitäten gut wider und hat uns Anregungen zu weiterführenden Maßnahmen gegeben. Wir bekennen uns aus Überzeugung zur Einhaltung der zehn Prinzipien in den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umwelt und Korruptionsprävention und sind stolz darauf, unseren Anteil zu einer nachhaltigeren Welt zu leisten. Aus diesem Grund haben wir unsere Maßnahmen in Rahmen eines Sustainability-Reports zusammengetragen, obwohl wir aufgrund unserer Unternehmensgröße nicht dazu verpflichtet wären.

Welche Aktivitäten umfasst Ihr Nachhaltigkeitsengagement?

Christof Renz: Nachhaltigkeit auf Produktseite bedeutet für uns, für einen optimalen Produktschutz zu sorgen, um Food-Waste zu vermeiden, z. B. durch in das Material integrierte Barrieren, Wiederverschließbarkeit der Verpackungen und mehr. Ebenso wichtig ist ein schonender Umgang mit Ressourcen, z. B. durch dünnere Folien sowie recycelbare Materialien, wie z. B. unsere Pure-Folienfamilie. Auch eine Veränderung von Prozessschritten unter Nutzung unserer Produkte trägt dazu bei: Bei Fleischanwendungen lässt sich durch das direkte Einskinnen der Produkte nach der Zerlegung der sonst übliche Reifungsbeutel ersetzen. Wir unterstützen Anwender also dabei, nicht nur Material, sondern gleich einen ganzen Zwischenschritt einzusparen. Unsere Kernkompetenz liegt im Kunststoffbereich, aber wir arbeiten auch mit anderen Rohstoffen. So sind wir mit unserer Entwicklung von Linern für Papieranwendungen beispielsweise zu einem tiefziehfähigen Barrierepapier gelangt, das für Anwendungen wie aufgeschnittene Fleisch- und Wurstwaren eingesetzt werden kann. Der Barriereanteil liegt auch hier bei weniger als 5 %. Daher können diese Produkte nach Gebrauch laut aktueller Gesetzgebung problemlos im Altpapier entsorgt werden. Auf die gleiche Weise funktionieren unsere Liner für Papierschalen. Zu weiteren Nachhaltigkeitsmaßnahmen gehören die Energierückgewinnung aus Produktionsmaschinen zum Heizen von Warenlager und Bürogebäude, die Umstellung unseres Fuhrparks auf Hybrid- und vollelektrische Fahrzeuge sowie der Austausch der Hallenbeleuchtung auf LED. Geplant sind außerdem Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach und einer Freifläche.

Wie blickt Wentus in die nahe Zukunft?

Christof Renz: Wir sehen uns mit unserem vorhandenen Produktportfolio sowie durch unsere engagierten und qualifizierten Beschäftigten für zukünftige Aufgaben sehr gut aufgestellt. Aber moderne Verpackungslösungen, die Ressourcen schonen, sich gut recyceln lassen und mehr Umwelt- und Klimaschutz unterstützen, reichen allein nicht aus, um es mit den großen Herausforderungen aufzunehmen, vor denen die Gesellschaft steht. Die dahinterstehende Recyclingkette muss dringend verbessert werden. Das beinhaltet die Entwicklung neuer Verfahren für technisches Recycling sowie die Angleichung der uneinheitlichen europäischen Regelungen. Auch Anreize, die nachhaltiges Handeln belohnen, wünschen wir uns. Hier hat die Politik noch einiges zu tun. Wir werden inzwischen getreu unserem Leitsatz „Think. Create. Protect.“ weiterhin unseren Beitrag zu verantwortungsvollem Verpacken leisten.

Wentus Kunststoff GmbH, Höxter


Das Interview führte für Sie: Claudia Diedrichsen

freie Journalistin

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