Inhalt
- Wie gefährlich ist Wasserstoff?
- Primärer Explosionsschutz durch geeignete Bauweise
- Zoneneinteilung und sekundärer Explosionsschutz
- Unterschiedliche Konzepte für Nieder- und Hochdruck-Elektrolyseure
- Atex-zertifizierte Betriebsmittel in Zone 0 bis Zone 2
- Fazit und Ausblick: Kompletter Explosionsschutz für Gigawatt-Anlagen
Wie gefährlich ist Wasserstoff?
Zur Erzeugung von grünem Wasserstoff in Elektrolyseuren gibt es vier grundsätzliche Verfahren. Sicherheitstechnisch sind alle Verfahren vergleichbar. Der gebildete Wasserstoff liegt zunächst in Wasser gelöst vor. Falls Elektrolyt austritt, kann Wasserstoff freigesetzt werden. Wasserstoff kann mit dem ebenfalls entstehenden Sauerstoff bzw. mit der Umgebungsluft ein äußerst explosionsfähiges Gemisch bilden – und das in einem sehr breiten Explosionsbereich. Gemische mit einem Gehalt zwischen 4 Vol.% und 77 Vol.% können explodieren. Dafür ist nur eine sehr geringe Zündenergie von 0,02 mJ nötig. Damit gehört Wasserstoff explosionsschutztechnisch in die gefährlichste Zündgruppe IIC. Extrem ist auch die hohe Flammausbreitungsgeschwindigkeit, durch die Wasserstoffexplosionen sehr zerstörerisch wirken.
Nicht zuletzt der über 100jährigen Verwendung von Wasserstoff in der chemischen Industrie ist es zu verdanken, dass diese Gefahren gut bekannt und beherrschbar sind. Heute regeln die Normenreihen IEC 60079 und IEC 80079 den Explosionsschutz. Die Anforderungen an den sicheren Bau und Betrieb von Elektrolyseanlagen ist im internationalen Standard ISO 22734 beschrieben.
Primärer Explosionsschutz durch geeignete Bauweise von Elektrolyseuren
Naturgemäß steht im Vordergrund, ein explosionsfähiges Gemisch erst gar nicht auftreten zu lassen. Die Dichtigkeit der gesamten Anlage, die verhindert, dass Wasserstoff entweicht, ist eine der wichtigsten Maßnahmen des primären Explosionsschutzes bei Elektrolyseuren. Gassensoren in der Umgebung würden bereits bei einer sehr geringen Wasserstoffkonzentration Alarm schlagen. Diesen primären Explosionsschutz zu gewährleisten, ist nicht trivial. Denn Wasserstoffmoleküle sind mit 0,276 nm sehr klein; sie können durch viele metallische Werkstoffe diffundieren. Dabei können Metalle verspröden. Dichte Apparaturen und Rohrleitungsverbindungen sind daher aufwendiger zu realisieren als bei den meisten anderen Prozessen. Insbesondere bei Hochtemperaturverfahren wie der SOE, die bei Temperaturen über der Mindestzündtemperatur (585 °C) von Wasserstoff ablaufen, bestehen hohe Anforderungen. Es muss auch verhindert werden, dass der entstandene Wasserstoff durch Sauerstoff verunreinigt werden kann.
Zoneneinteilung und sekundärer Explosionsschutz
Risikoanalysen, die der Anlagenbauer durchzuführen hat, stellen potenzielle Gefahren systematisch dar – und mit ihnen die nötigen Gegenmaßnahmen. Basis für Sicherheit ist die Zoneneinteilung nach IEC 60079-10-1, für die der Betreiber zuständig ist. Nicht nur der Elektrolyseur, sondern auch die folgende Gasaufbereitung, etwaige Verdichter, Rohrleitungen und Speicher sind zu betrachten. Zonen charakterisieren explosionsgefährdete Bereiche in Abhängigkeit von der Dauer und Häufigkeit mit der eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre (g. e. A.) auftreten kann:
Zone 0: Bereich, in dem g. e. A. ständig, über lange Zeit oder häufig vorhanden ist.
Zone 1: Bereich, in dem sich im Normalbetrieb gelegentlich eine g. e. A. bilden kann.
Zone 2: Bereich, in dem im Normalbetrieb eine g. e. A. nicht oder nur selten und für kurze Zeit auftritt.
An der Zoneneinteilung orientiert sich wiederum der sekundäre Explosionsschutz: die Vermeidung von Zündquellen. Ein kritischer Bereich der Zone 2 kann zum Beispiel direkt unter der Decke von Räumen herrschen, in denen Elektrolyseure betrieben werden. Ob der Bereich jedoch tatsächlich so eingestuft werden muss, hängt von weiteren organisatorischen und technischen Maßnahmen ab. Eine Zwangslüftung an dieser Stelle kann z. B. verhindern, dass sich dort Wasserstoff bis zum kritischen, explosionsfähigen Konzentrationsbereich anreichern kann. Da sich gasförmiger Wasserstoff sehr schnell verflüchtigt, reicht dies in der Regel aus, um das Explosionsrisiko zu minimieren. Auf eine Zone kann dann verzichtet werden.
Unterschiedliche Konzepte für Nieder- und Hochdruck-Elektrolyseure
Dies ist in der Regel bei atmosphärischen Elektrolyseanlagen bis 50 mbar Betriebsdruck der Fall, sofern nur äußerst geringe Wasserstoffmengen austreten können. Durch regelmäßige Kontrollen und etwaigen Austausch von Komponenten wie etwa Dichtungen muss dies auf Dauer gewährleistet werden. Zudem sichern Gaswarneinrichtungen den sicheren Zustand ab bzw. warnen, sobald die Raumatmosphäre unzulässig durch Wasserstoff verunreinigt wird.
Bei Druckelektrolyseanlagen, die bei bis zu 100 bar Betriebsdruck arbeiten, sind derartige Gaswarneinrichtungen besonders wichtig. Sie müssen gegebenenfalls die Anlage frühzeitig abschalten. Als Zone 2 ist hier meist ein Bereich von jeweils 0,5 m um den Zellenblock und bis zur Decke eingestuft. Hochdrucksysteme sind energetisch günstig, erfordern aber die genau Kenntnis der Druck- und Temperaturabhängigkeit von Explosionsgrenzen des Wasserstoff-Sauerstoff-Systems. Auch Permeations- und Leckraten sind von Experten sorgfältig zu ermitteln. Der Elektrolyseur muss so betrieben werden, dass gefährliche Verunreinigungen des Wasserstoffs durch Sauerstoff – etwa durch eine fehlerhafte Trennung der Gase im Prozess – vermieden wird.
Atex-zertifizierte Betriebsmittel in Zone 0 bis Zone 2
In Bereichen, die in Zone 0 bis Zone 2 eingestuft sind, dürfen selbstverständlich nur geeignete, entsprechend zertifizierte Betriebsmittel eingesetzt werden. Portable Geräte sollten idealerweise für Zone 0 geeignet sein. Dies bringt maximale Sicherheit, auch wenn sich Mitarbeiter bei Anlagenbegehungen regulär nur in Zone 2 aufhalten sollten. Bedienpanels für Zone 1 und Zone 2 sowie explosionsgeschützte Schalttafeln mit Ex-d- oder Ex-e-Gehäuse können nahe der Elektrolyseure installiert werden. Auch Relaismodule und Messumformer-Speisegeräte sollten über eine entsprechende Atex-Zulassung für Zone 1 oder 2 verfügen. Die Schaltschränke können zudem mit einem Belüftungssystem ausgerüstet werden, das die Anreicherung von Wasserstoff bis in den kritischen Bereich verhindert.
Fazit und Ausblick: Kompletter Explosionsschutz für Gigawatt-Anlagen
Bei der Erzeugung von Wasserstoff gelten strenge Regeln. Je nach Bau- und Betriebsart der Elektrolyseure sowie der weiteren Anlagen des Wasserstoffsystems ergeben sich spezielle Anforderungen an den primären, sekundären und tertiären Explosionsschutz. Auch Pumpen zur Zuführung von Wasser und/oder Elektrolyt, Gastrockner und vieles mehr müssen den hohen Sicherheitsanforderungen genügen. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die eingesetzten Produkte für die Stromversorgung und die Steuerung der Anlagen sowie etwaige Ventilatoren, Leuchten, Sensoren und vieles mehr jederzeit sicher betrieben und ein eventuell auftretendes Wasserstoff-Luft-Gemisch nicht entzünden können. Elektrolyseanlagen, die sich auf dem Weg zur Massenfertigung befinden, müssen besonders sorgfältig konzipiert werden. Neben dem Faktor Sicherheit gilt es auch, ihre Zuverlässigkeit zu optimieren. So können künftig Gigawatt-Anlagen in Modulbauweise entstehen, die einen maßgeblichen Beitrag zur sicheren Energieversorgung mit grünen klimaneutralen Technologien leisten.
Literatur
https://prozesstechnik.industrie.de/gruener-wasserstoff/