Das Fraunhofer IVV Dresden hat ein mobiles Gerät entwickelt, das diese vielfältigen Anforderungen erfüllt. Das „Mobile Cleaning Device“ (MCD) steht als selbstfahrendes System für die vollautomatisierte Reinigung zur Verfügung. Im Gegensatz zu Standardreinigungssystemen ist das MCD nicht fest in einer Anlage installiert, sondern kann flexibel zur Reinigung von mehreren Anlagen genutzt werden.
Die Reinigung von Verarbeitungs- und Verpackungsmaschinen in der Lebensmittelindustrie spielt eine zunehmend große Rolle. Die Tendenz zu größerer Produktvielfalt bei gleichzeitig geringeren Chargengrößen führen zu einer erhöhten Anzahl notwendiger Reinigungsschritte im Produktionsprozess.
Aufgrund der steigenden Flexibilität der Maschinen werden oft mehrere Produkte auf einer Anlage produziert, wodurch die Gefahr von Produktverschleppung und Kreuzkontamination besteht und die Bedeutung der Sicherheit des Reinigungsprozesses wächst. Gleichzeitig steigt der ökologische Anspruch in der Produktion und damit die Forderung, Reinigungssysteme effizienter zu gestalten, um den Ressourcen- und Energieverbrauch bei der Reinigung reduzieren zu können.
Automatisierte Reinigung
Derzeit sind automatisierte Reinigungssysteme weitestgehend am Worst Case ausgelegt, um eine sichere Reinigung aller produktberührenden Flächen zu gewährleisten. Dadurch werden in den meisten Fällen Zeit und Ressourcen verschwendet. Es mangelt an Möglichkeiten zur Inline-Überwachung des Verschmutzungszustands und der Reinigung. Erschwert wird die Integration herkömmlicher, automatisierter CIP-Systeme (Cleaning in Place) zudem durch die steigende Flexibilität und Modularität von Maschinen im Zuge von Industrie 4.0.
Um derartige Maschinen automatisiert reinigen zu können, müsste an jedem einzelnen Maschinenmodul ein eigenständiges System aus Reinigungsdüsen mit passender Schnittstelle zu den benachbarten Modulen angebracht werden. Da dies einen sehr hohen Integrationsaufwand bedeutet, wird die Reinigung in vielen Bereichen auch heutzutage weiterhin manuell von Bedienern durchgeführt. Aufgrund mangelnder Reproduzierbarkeit birgt dies jedoch eine große Fehlerquelle und wirkt sich negativ auf die Prozesssicherheit aus.
Moderne automatisierte Reinigungssysteme müssen daher eine ebenso hohe Flexibilität aufweisen wie die Maschinen, die sie reinigen sollen. Gleichzeitig steigt der Bedarf nach Systemen, mit denen sich der Verschmutzungszustand der Maschine sowie auch die Reinigung überwachen lassen, sodass eine bedarfsgerechte Reinigung möglich wird. Dabei wird anhand der Ausgangsverschmutzungsmenge und dem Reinigungsfortschritt ein möglichst effizientes Reinigungsprogramm gefahren, das gleichzeitig sicher und ressourcenschonend ist.
Vielfältige Anforderungen abgedeckt
Das Fraunhofer IVV Dresden liefert mit seinem mobilen Reinigungsgerät die praxistaugliche Lösung für die vielfältigen Anforderungen. Entwickelt wurde es im Rahmen des EU-Projekts PicknPack entwickelt. Die Aufgabe im Projekt war die Entwicklung eines Reinigungssystems für eine flexible und hochmodulare Verpackungsanlage, bei der die einzelnen Verarbeitungsmodule beliebig über einer zentralen Förderstrecke austauschbar sind.
Da es dabei als nicht zielführend erachtet wurde, für jedes Modul ein separates CIP-System zu entwickeln, entschied man sich stattdessen für eine alternative Lösung, bei der ein mobiles Reinigungsgerät auf dem Produktweg automatisiert durch die gesamte Anlage fährt und dabei ein Modul nach dem anderen individuell reinigt. Das Gerät wird dabei entweder von einem bestehenden Fördersystem durch die Anlage getragen oder es fährt autonom mithilfe eines eigenen Antriebs.
Separat angesteuerte Reinigungsdüsen
Ausgerüstet ist das mobile Reinigungsgerät mit mehreren Reinigungsdüsen, welche alle separat über Ventile angesteuert werden können. Auf diese Weise kann es den unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Maschinenmodule gerecht werden. Größere Robotermodule beispielsweise können großflächig mit einem Schwallreiniger gereinigt werden, wohingegen für kleinere übertunnelte Bereiche wenige Flachstrahldüsen ausreichend sind.
Versorgt wird das Gerät über einen Schlauch, der mit einer zentralen Reinigungsstation verbunden ist. Auf diese Weise ist der Einsatz unterschiedlicher Reinigungsmedien sowie Betriebsparameter für jedes einzelne Maschinenmodul möglich. Mithilfe geeigneter Sensoren erkennt das Gerät dabei, in welchem Maschinenmodul es sich befindet und welches zugehörige Reinigungsprogramm es durchführen muss.
Dabei soll es zukünftig auch den Verschmutzungszustand der Maschine berücksichtigen und eine bedarfsgerechte Reinigung durchführen. Hierfür ist es mit einem optischen Verschmutzungssensor ausgestattet, der mithilfe von UV-Licht und basierend auf der Eigenfluoreszenz der Verschmutzung feststellen kann, welche Bereiche wie stark verschmutzt sind. Dadurch kann zum einen vor der Reinigung festgestellt werden, wo und wie intensiv gereinigt werden muss. Zum anderen lässt sich zusätzlich der Reinigungsvorgang überwachen, sodass nicht länger als tatsächlich notwendig gereinigt wird. Abschließend erfolgt eine Kontrolle und Protokollierung des Reinigungsergebnisses.
Einsatz in Industrieanlagen
Eingesetzt wurde das mobile Reinigungsgerät bisher testweise als Prototyp in vereinzelten Industrieanlagen. Vorteile zeigten sich dabei vor allem bei schwer zugänglichen Bereichen, die sowohl für fest installierte CIP-Systeme als auch Bediener kaum oder nur mit sehr großem Aufwand reinigbar sind. Hier kann das Reinigungsgerät aufgrund seiner Kompaktheit und Mobilität signifikante Verbesserungen bewirken. Zudem konnte für erste Anwendungsbeispiele im Vergleich zur Reinigung mit statischen Düsensystemen auch eine Ressourcenersparnis von etwa 20 Prozent gezeigt werden.
Um das Konzept des mobilen Reinigungsgeräts nun für den industriellen Einsatz in der Lebensmittelproduktion weiterzuentwickeln, kooperiert das Fraunhofer IVV Dresden mit Partnern aus der Lebensmittelindustrie, um so auch neue Anwendungsfelder für das Reinigungsgerät zu erschließen. Das Fraunhofer IVV Dresden ist hier auch weiterhin auf der Suche nach innovativen Einsatzmöglichkeiten und Interessenten an der entwickelten Technologie.
Autor: Dipl.-Ing. Roman Murcek, Gruppe Industrielle Reinigungstechnologien, Team Hygienegerechte Produktion beim Fraunhofer IVV.
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