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Chemieindustrie kämpft mit steigenden Energie- und Rohstoffpreisen

VCI-Halbjahresbilanz 2022 der chemisch-pharmazeutischen Industrie
Chemieindustrie kämpft mit steigenden Energie- und Rohstoffpreisen

Von einer Krise zur nächsten: Die chemisch-pharmazeutische Industrie steht aktuell vor großen Herausforderungen. Wie bereits im ersten Halbjahr 2022 behindern lange Lieferzeiten und hohe Frachtkosten sowie Engpässe bei Vorleistungen und Materialien die Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Hinzu kommen nun sprunghaft steigende Preise für Rohstoffe und Energie, vor allem für Erdgas. In diesem schwierigen Umfeld konnte die Branche im 1. Halbjahr ihre Produktion mit 0,5 % nur wenig ausweiten, wie aus der Bilanz des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) für die ersten sechs Monate hervorgeht. Für das leichte Plus sorgte allein die pharmazeutische Industrie. Rechnet man diese weg, sank die Produktion sogar um 3 %.

Erfreulicherweise legte der Branchenumsatz dennoch um 22 % auf 130 Mrd. Euro im Vergleich zum Vorjahr zu. Zahlen müssen das die Kunden, denn die Erzeugerpreise sind im gleiche Zeitraum um 21,5 % getiegenen. Doch die Unternehmen werden die gestiegenen Produktionskosten zukünftig nicht in diesem Maße an die Kunden weitergeben können. Bereits im 1. Halbjahr zeichneten sich daher erste Bremswirkungen ab. Es gibt Unternehemen, die Produktionsrückgänge verzeichenen.

Auch der VCI-Präsident Christian Kullmann zeigte sich bei der Präsentation der Halbjahresbilanz sehr besorgt über die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Branche. „In weiten Teilen unsere Industrie herrschen heute Unsicherheit und Angst vor einer Rezession“, so der VCI-Präsident. „Und“, fügte er hinzu, „für den Herbst kündigt sich uns so etwas an wie ein perfekter Sturm an. Die Lieferzeiten werden länger und die Frachtkosten und Energiekosten steigen. Engpässe bei den Fachkräften und bei den Vorprodukten verschlimmern die Lage zudem. Rund 90 % der Unternehen der Chemie- und Pharmain Deutschland leiden schon jetzt schwer oder sehr schwer unter den Preissteigerungen bei Vorprodukten und bei den Energiepreisen sind es 70 %. Über profitables Wachstumg werden auf Sicht erst einmal nicht mehr sprechen können.“

Verkaufsmengen rückläufig

Das Umsatzplus überdeckt die wirkliche wirtschaftliche Lage in Deutschlands drittgrößtem Industriezweig. Die Verkaufsmengen im klassischen Chemiegeschäft sind daher rückläufig, der Auftragsbestand ist weitgehend abgebaut und die Kapazitätsauslastung der Anlagen ist auf 80 % gesunken. Gleichzeitig geraten die Gewinnmargen vieler Unternehmen zunehmend unter Druck. Der Krieg in der Uktraine hat die Rohstoffverfügbarkeit weiter verschlechtert und der Gaspreisschock hat sich auf die anderen Krisenfaktoren draufgesetzt. So sind Kosten für Rohstoffe und Energie von Januar bis Juni im Schnitt um mehr als ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Bei einem beträchtlichen Anteil der Unternehmen – über 20 % – lag der Anstieg sogar bei mehr als 50 %. Das hat der VCI durch eine für die Branche repräsentative Mitgliederumfrage ermittelt. Gleichzeitig wird es für die Unternehmen immer schwieriger, höhere Kosten durch Preisaufschläge an die Kunden weiterzugeben. Über 50 % konnten nur weniger als die Hälfte des Kostenanstiegs überwälzen. Dies wirkte sich in Verbindung mit dem rückläufigen Verkaufsmengen negativ auf die Ertragslage der Unternehmen aus.

Fast alle Geschäftsbereiche der Branche mussten im ersten Halbjahr 2022 Produktionseinbußen hinnehmen. Besonders schwer traf es das Segment Fein- und Spezialchemie mit einem Rückgang von 9 %. Allein die Sparte Polymere behauptete sich im ersten Halbjahr mit einem Zuwachs von 3 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Herstellung von Pharmazeutika erreichte dank einer coronabedingten Sonderkonjunktur ein Plus von 8,5 %.

Ausblick und Prognose

Auch für die zweite Jahreshälfte erwartet der VCI einen hohen Ertragsdruck für die Branche: „Bei den Lieferengpässen deutet sich eine leichte Entspannung an, die auch auf eine nachlassende Nachfrage zurückzuführen sein kann. Eine spürbare Entspannung bei den Energie- und Rohstoffkosten sehen wir aber nicht. Erdgas dürfte auch weiter deutlich teurer sein als in anderen Regionen der Welt. Vor diesem Hintergrund bekommt der Standort Deutschland zunehmend ein Wettbewerbsproblem – nicht nur in den energieintensiven Sektoren“, sagte Kullmann. Der Verband geht jetzt für das Gesamtjahr 2022 – bei preisintensiver, aber ausreichender Energie- und Rohstoffversorgung – von einem Rückgang der Produktion der Branche von 1,5 % aus. Für das reine Chemiegeschäft rechnet er sogar mit 4 % weniger Menge. Viel hänge aber von den industriepolitischen Weichenstellungen der kommenden Monate in Deutschland und Europa ab, betonte Kullmann.

Szenarien für die Gasversorgung

Im Austausch mit der Bundesregierung und der Bundesnetzagentur bereitet sich die Chemie- und Pharmabranche auf verschiedene Szenarien der Drosselung der russischen Gaslieferungen vor. Zu den Maßnahmen zur Vorbereitung auf eine Gasmangellege gehören u. a. Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen, Inbetriebnahme alternativer Befeuerungsanlagen, Bevorratung und Lageraufbau als Polster für Produktionsprobleme, Umstieg auf alternative Rohstoffe und angepasste Produktionsprozesse.

Wechsel in der Verpandspräsidentschaft

Der Vorstandsvorsitzende des Kunststoffkonzerns Covestro, Markus Steilemann, wird im Herbst Christian Kullmann als Chemieverbandspräsident ablösen. Steilemann gehört seit März 2020 als Vizepräsident dem VCI-Vorstand an und ist seit Sommer 2018 Vorstandschef von Covestro. Die Wahl soll auf der Mitgliederversammlung Ende September in Berlin stattfinden. Die VCI-Präsidentschaft dauert satzungsgemäß zwei Jahre.

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