Im Beisein von mehr als 100 Gästen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft haben das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) die Grundsteinlegung zur Karlsruher Forschungsfabrik gefeiert. Ab Ende 2020 wollen Forscher und Unternehmensvertreter die Arbeit in der Forschungsfabrik aufnehmen. Nach dem Spatenstich im Dezember 2018 hat ein für die Innovationskraft des Standorts Deutschland bedeutendes Vorhaben den zweiten Meilenstein genommen.
„Die Karlsruher Forschungsfabrik schafft die einzigartige Möglichkeit, das Zukunftsthema Intelligente Produktion an realen Prozessen praxisnah zu erforschen“, sagte der Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka. „Gemeinsam bringen die Partner KIT und Fraunhofer ihre umfassende Expertise auf den Gebieten Künstliche Intelligenz, Maschinenbau, Prozesstechnik, Sensorikentwicklung und Sensorikintegration ein, um Mehrwerte für starke, innovative Unternehmen zu schaffen.“
Professor Alexander Kurz, Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft für Personal, Recht und Verwertung, lobte den breiten, kooperativen Ansatz: „Mit dem gemeinsamen Vorhaben bündeln das KIT und die Fraunhofer-Gesellschaft ihre Forschung in Karlsruhe im Bereich zukünftiger, innovativer Produktionstechnologien und -methoden. Das Konzept der Einbeziehung sowohl der Wirtschaft als auch der Weiterentwicklung der Forschung bis hin zur akademischen Ausbildung wird mit dem gemeinsamen Ansatz bestens umgesetzt.“
Auf dem Weg zur agilen Produktion
Mit diesem anspruchsvollen Ziel vor Augen haben zwei starke Forschungsinstitutionen die Karlsruher Forschungsfabrik gemeinsam initiiert und werden sie auch gemeinsam betreiben: zum einen das KIT mit seinem wbk Institut für Produktionstechnik unter Leitung von Professor Jürgen Fleischer, zum anderen die Fraunhofer-Gesellschaft mit ihrem Institut für Chemische Technologie ICT – vertreten insbesondere durch dessen stellvertretenden Leiter und Inhaber der Professur für Leichtbautechnologie am Institut für Fahrzeugsystemtechnik des KIT Professor Frank Henning – und ihrem Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB unter Leitung von Professor Jürgen Beyerer, der zudem die Professur für Interaktive Echtzeitsys-teme am Institut für Anthropomatik und Robotik des KIT innehat.
Die drei genannten Wissenschaftler sowie Dr. Olaf Sauer vom Fraunhofer IOSB als Koordinator des Projekts auf Seiten der Fraunhofer-Gesellschaft erläuterten bei der Grundsteinlegung, wie die Forschungsfabrik mittels „KI-integrierter Produktion“ die gesteckten Ziele erreichen soll: „Modernste Digitalisierungsmethoden, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen ermöglichen es uns, neue Produktionstechnologien deutlich schneller zu planen, zu testen und vor allem frühzeitig in die Industrie zu überführen.“ In gemeinsamen Verbundprojekten mit Industrieunternehmen wie „Smile – Systemintegrativer Multi-Material-Leichtbau für die Elektromobilität“ oder „Mopahyb – Modulare Produktionsanlage für hochbelastbare Hybridbauteile“ haben KIT und Fraunhofer bereits eine Fülle einschlägiger Erfahrungen gesammelt.
Angestrebt wird eine agile Produktion, das heißt: Hochwertige Produkte laufen bereits vom Band, während das dazugehörige Fertigungsverfahren noch optimiert wird. Ziel agilen Produzierens ist es, die „Time-to-Market“ teilweise um mehrere Jahre zu verkürzen.
Kooperation mit Industriepartnern
Die in der Karlsruher Forschungsfabrik zu entwickelnde Methodik der schnellen Industrialisierung neuer Produktionstechnologien verspricht den zahlreichen innovativen Unternehmen in Baden-Württemberg entscheidende Vorteile im globalen Wettbewerb. Um Ergebnisse zielgerichtet und schnell zu transferieren, sollen interessierte Unternehmen deshalb von Anfang an eingebunden werden – durch enge Kooperationen, Verbundprojekte und Workshops. „Insbesondere“, so die Initiatoren und künftigen Betreiber Jürgen Fleischer, Frank Henning, Jürgen Beyerer und Olaf Sauer, „werden wir uns in den kommenden Jahren dem Leichtbau und neuen Fertigungsverfahren für die Mobilität der Zukunft widmen. Die Branche erlebt einen starken Wandel. Eine schnelle Markteinführung neuer Anlagen, Methoden und Prozesse wird für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes entscheidend sein.“
Eckdaten zur Karlsruher Forschungsfabrik
Für den Bau der am Campus Ost des KIT angesiedelten Forschungsfabrik ist ein Gesamtbudget von rund 15 Mio. Euro vorgesehen. Hierzu tragen die Kooperationspartner KIT und Fraunhofer jeweils die Hälfte bei. Gleiches gilt für Investitionen in die Erstausstattung der Fertigungshallen, Labore und Büros in Höhe von voraussichtlich 2,25 Mio. Euro. Nach der für Ende 2020 geplanten Eröffnung wird die Forschungsfabrik auf zwei Stockwerken und einer Fläche von 4500 m2 rund 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beherbergen. Für Industriepartner stehen 50 Arbeitsplätze zur Verfügung, außerdem Büroflächen in unmittelbarer Nähe.
Anwendungsfelder der Forschungsfabrik sind Elektromobilität und Leichtbau, aber auch andere innovative Felder, für die es mit Industrie 4.0- und KI-Methoden eine intelligente und wirtschaftliche Produktionstechnik zu etablieren gilt.